Jüdische Altertümer. Flavius Josephus

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Jüdische Altertümer - Flavius Josephus


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KAPITEL

      Moyses verkündigt den Hebräern, Gott werde sie in seinem Zorn

      vierzig Jahre in der Wüste lassen.

      1. Moyses ging hierauf vertrauensvoll zum Volke und verkündete ihm, Gott sei über ihr schmachvolles Benehmen erzürnt und werde sie dafür strafen, jedoch nicht so schwer, als sie für ihre Sünden verdienten, sondern wie wohlwollende Väter ihre Kinder zu strafen pflegten. Denn als er in das Heiligtum eingetreten sei und weinend Gott gebeten habe, das Verderben vom Volke abzuwenden, habe Gott ihn daran erinnert, wie undankbar sie sich für seine vielen Wohltaten benommen hätten, und dass sie jetzt wieder, durch die Ängstlichkeit und Feigheit der Kundschafter irregeführt, deren Worten mehr Glauben beigemessen hätten als seinen Verheißungen. Doch wolle er sie deswegen nicht alle dem Untergang weihen, auch nicht ihr Geschlecht gänzlich vertilgen, das er allen übrigen Sterblichen vorgezogen habe; aber er werde sie nicht in den Besitz des Landes der Chananäer gelangen und sie dessen Reichtum und Überfluss nicht genießen lassen, vielmehr sollten sie zur Strafe für ihre Sünden vierzig Jahre lang ohne festen Wohnsitz in der Wüste umherirren. Dagegen wolle er das Land ihren Kindern übergeben und diese zu Herren über alle die reichen Güter machen, deren Besitz ihre Väter durch Leichtsinn verscherzt hätten.

      2. Als Moyses dies auf Befehl Gottes verkündigt hatte, beklagte das Volk sein Unglück sehr und bat den Moyses, er möge bei Gott Fürbitte für sie einlegen, dass er sie von dem unsteten Leben in der Wüste erlöse und ihnen feste Wohnsitze anweise. Moyses aber entgegnete ihnen, Gott werde sich also nicht versuchen lassen, denn er entrüste sich nicht grundlos oder nach Menschenart, sondern er habe das Urteil in seinem weisen Ratschluss gefällt. Man möge sich aber nicht darüber wundern und es für unglaublich halten, dass dieser eine Mann (Moyses) so viele tausend erregte Menschen besänftigen und sie zur Ruhe und Vernunft bringen konnte. Denn Gott selbst stand ihm bei und verlieh ihm die Gabe, durch Reden auf die Menge einzuwirken und sie zu bekehren. Auch hatte ja das Volk schon so oft in seinem Ungehorsam die Erfahrung gemacht, wie wenig ihm seine Widerspenstigkeit von Nutzen war, durch die es sein Unglück selbst verschuldete.

      VIERTES BUCH

      DIESES BUCH UMFASST EINEN ZEITRAUM

      VON 38 JAHREN

      ERSTES KAPITEL

      Die Hebräer greifen wider Moyses’ Willen die Chananäer an

      und werden geschlagen.

      1. Für die Hebräer war das Leben in der Wüste so hart und mühselig, dass sie es trotz des Verbotes Gottes wagen wollten, mit den Chananäern zu kämpfen. Denn den Ermahnungen des Moyses, sieh ruhig zu verhalten, wollten sie nicht gehorchen, sondern sie glaubten auch ohne seine Zustimmung ihre Feinde überwinden zu können. Daher fingen sie an ihn zu beschuldigen und zu verdächtigen, er wolle sie um jeden Preis in ihrer Not hinhalten, damit sie immer auf seine Hilfe angewiesen seien. Und sie schickten sich zum Kriege mit den Chananäern an, indem sie sich einredeten, Gott gewähre ihnen nicht sosehr um Moyses’ willen seine Hilfe, als vielmehr mit Rücksicht auf ihre Vorfahren, die er seiner besonderen Fürsorge gewürdigt habe, und er werde, wie er ihnen um deren Tugend willen früher zur Freiheit verholfen habe, so auch jetzt ihnen beistehen, wenn sie sich wacker hielten. Ja, sie meinten sogar, sie seien allein mächtig genug, um jene Völkerschaften niederzuwerfen, auch wenn Moyses Gott von ihnen abwendig machen wolle. Überhaupt könne es ihnen nur dienlich sein, wenn sie sich auf sich selbst verließen. Und wenn sie sich auch Glück dazu wünschen müssten, dass sie der ägyptischen Sklaverei entronnen seien, so brauchten sie deshalb doch nicht die Herrschsucht des Moyses zu ertragen oder nur nach seinem Willen zu leben, als wenn Gott aus besonderem Wohlwollen ihm allein seine Absichten in Betreff unseres Schicksals kundgetan hätte und als ob wir nicht alle vom Stamme Abrams wären, Gott vielmehr ihn allein gelehrt hätte, alles Zukünftige im Voraus zu erkennen. Darum handelten sie nur verständig, wenn sie die Überhebung des Moyses verachteten und im Vertrauen auf Gott das Land, das er ihnen verheißen, in Besitz zu nehmen trachteten, und wenn sie nicht weiter sich um Moyses kümmerten, der unter dem Vorwande des Befehles Gottes sie daran hindern wolle. Daher rüsteten sie sich, um ihrer gegenwärtigen Not, die ihnen wegen der Wüste nur noch drückender vorkam, ein Ende zu machen, zum Angriff auf die Chananäer, indem sie sich unter Gottes Führung und Schutz stellten, ohne auf die Zustimmung und den Beistand ihres Gesetzgebers zu warten.

      2. Nachdem sie diesen Beschluss, wie sie meinten, zu ihrem Besten gefasst hatten, zogen sie gegen die Feinde. Diese aber gerieten weder über den ungestümen Angriff noch über die große Zahl der Hebräer in Schrecken, sondern empfingen sie tapfer,


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