In die unbegrenzte Weite. Karoline von Günderrode

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In die unbegrenzte Weite - Karoline von Günderrode


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      Der Dinge Blühen und Vergehn.

       Die Bande der Liebe

      Ach! mein Geliebter ist tod! er wandelt im Lande der Schatten

      Sterne leuchten ihm nicht, ihm erglänzet kein Tag

      Und ihm schweigt die Geschichte; das Schicksal der Zeiten

      Gehet den mächtigen Gang, doch ihn erwecket es nicht;

      Alles starb ihm mit ihm, mir ist er doch nicht gestorben

      Denn ein ewiges Band eint mir noch immer den Freund.

      Liebe heißet dies Band, das an den Tag mir geknüpft

      Ja ich kenne ein Land, wo Todte zu Lebenden reden,

      Wo sie, dem Orkus entflohn, wieder sich freuen des Lichts,

      Wo von Erinn’rung erweckt, sie auferstehn von den Todten

      Wo ein irdisches Licht glühet im Leichengewand.

      Seliges Land der Träume! wo, mit Lebendigen, Todte

      Wandeln, im Dämmerschein, freuen des Daseyns sich noch.

      Dort, in dem glücklichen Land, begegnet mir wieder der Theure,

      Freuet, der Liebe, sich meiner Umarmungen noch;

      Und ich hauche die Kraft der Jugend dann in den Schatten,

      Daß ein lebendig Roth wieder die Wange ihm färbt,

      Daß die erstarreten Pulse vom warmen Hauche sich regen,

      Und der Liebe Gefühl wieder den Busen ihm hebt.

      Darum fraget nicht, Gespielen! was ich so bebe?

      Warum das rosigte Roth löscht ein ertödtendes Blaß?

      Theil ich mein Leben doch mit unterirdischen Schatten,

      Meiner Jugend Kraft schlürfen sie gierig mir aus.

       Des Wandrers Niederfahrt

       Wandrer

      Dies ist, hat mich der Meister nicht betrogen

      Des Westes Meer in dem der Nachtwind braußt.

      Dies ist der Untergang von Gold umzogen,

      Und dies die Grotte, wo mein Führer haußt. –

      Bist du es nicht, den Tag und Nacht geboren

      Des Scheitel freundlich Abendröthe küßt!

      In dem sein Leben Hälios verlohren

      Und dessen Gürtel schon die Nacht umfließt.

      Herold der Nacht! bist du’s der zu ihr führet

      Der Sohn den sie dem Sonnengott gebieret?

       Führer

      Ja, du bist an dessen Grotte,

      Der dem starken Sonnengotte

      In die Zügel fiel.

      Der die Rosse westwärts lenket,

      Daß sich hin der Wagen senket,

      An des Tages Ziel.

      Und es sendet mir noch Blicke

      Liebevoll der Gott zurücke

      Scheidend küßt er mich;

      Und ich seh es, weine Thränen

      Und ein süßes stilles Sehnen

      Färbet bleicher mich;

      Bleicher, bis mich hat umschlungen,

      Sie, aus der ich halb entsprungen,

      Die verhüllte Nacht.

      In ihre Tiefen führt mich ein Verlangen

      Mein Auge schauet noch der Sonne Pracht

      Doch tief im Thale hat sie mich umpfangen

      Den Dämmerschein verschlingt schon Mitternacht.

       Wandrer

      O führe mich! du kennest wohl die Pfade

      Das alte Reich der dunklen Mitternacht;

      Hinab will ich ans finstere Gestade

      Wo nie der Morgen, nie der Mittag lacht.

      Entsagen will ich jenem Tagesschimmer

      Der ungern uns der Erde sich vermählt,

      Geblendet hat mich, trüg’risch, nur der Flimmer,

      Der Ird’sches nie zur Heimath sich erwählt.

      Vergebens wollt’ den Flüchtigen ich fassen,

      Er kann doch nie vom steten Wandel lassen.

      Drum führe mich zum Kreis der stillen Mächte,

      In deren tiefem Schoos das Chaos schlief,

      Eh, aus dem Dunkel ew’ger Mitternächte,

      Der Lichtgeist es herauf zum Leben rief.

      Dort, wo der Erde Schoos noch unbezwungen

      In dunkle Schleier züchtig sich verhüllt,

      Wo er, vom frechen Lichte nicht durchdrungen,

      Noch nicht erzeugt dies schwankende Gebild

      Der Dinge Ordnung, dies Geschlecht der Erde!

      Dem Schmerz und Irrsal ewig bleibt Gefährte.

       Führer

      Willst du die Götter befragen,

      Die des Erdballs Stützen tragen,

      Lieben der Erde Geschlecht,

      Die in seliger Eintracht wohnen,

      Ungeblendet von irdischen Sonnen,

      Ewig streng und gerecht;

      So komm, eh ich mein Leben ganz verhauchet,

      Eh mich die Nacht in ihre Schatten tauchet.

      Horch! es heulen laut die Winde,

      Und es engt sich das Gewinde

      Meines Wegs durch Klüfte hin.

      Die verschloß’nen Ströme brausen,

      Und ich seh mit kaltem Grausen

      Daß ich ohne Führer bin.

      Ich sah ihn blässer, immer blässer werden,

      Und es begrub die Nacht mir den Gefährten.

      In Wasserfluthen hör ich Feuer zischen

      Seh wie sich brausend Elemente mischen;

      Wie, was die Ordnung trennet, sich vereint.

      Ich seh, wie Ost und West sich hier umpfangen,

      Der laue Süd spielt um Boreas Wangen,

      Das Feindliche umarmet seinen Feind

      Und reißt ihn fort in seinen starken Armen:

      Das Kalte muß in Feuersgluth erwarmen.

      Tiefer führen noch die Pfade


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