G.F. Barner Staffel 7 – Western. G.F. Barner

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G.F. Barner Staffel 7 – Western - G.F. Barner


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Kisten Sprengstoff.«

      »Allmächtiger, das ist eine verdammte Logik!« schnauft der alte Mann heftig. »Junge, wenn Dweller also allein hingefahren wäre, hätten sie ihn überfallen?«

      »Nein, wozu?« brummt Brendan. »Sie hätten ihn durchgelassen. Ich bin sicher, wenige hundert Schritte weiter hätte er Fisk und Mansfield umgebracht, Feuer an den Wagen gelegt wie dann auch wirklich im Hohlweg, und schließlich wäre der Wagen in die Luft geflogen. Vorher jedoch hätte Dweller das Geld weggeschafft. Von diesem Geld wußten nicht mal die Rebellen etwas. Dweller fuhr in der Kolonne, um bei dem von ihm geplanten Überfall in den Besitz des Truppensoldes zu kommen. Er brauchte Geld. Seit anderthalb Jahren wurden immer wieder Nachschubkolonnen der Armee von Banks überfallen. Dennoch verloren die Rebellen den Krieg. Das konnte sich Dweller an zwei Fingern ausrechnen. Er mußte verschwinden, ehe unsere Leute den Krieg gewinnen und Major Mitchell gefangennehmen konnten. Man hätte ihn, wenn Mitchell geredet hätte, gehängt. Das wußte Dweller, er brauchte Geld, und dies war seine Chance, genug zu bekommen, um sich absetzen zu können. Er fuhr den Wagen in die Kiesgrube. Damit war er aus der Sicht von Sergeant Bowley und aller anderen. Er nahm ein Pferd, legte das Feuer, das er niemals vorher direkt an den Kisten mit Sprengstoff entfacht hatte, nun an die richtigen Kisten und jagte mit den beiden Geldkisten zu Pferd davon. So muß es gewesen sein. Dweller kam als Kurieroffizier an Dutzende von Ausweisen heran. Er konnte jeden Ausweis auf irgendeinen Namen ausstellen und mit ihm irgendwohin verschwinden. Man suchte ihn ja nicht, er war tot. Heldenhaft bei der Rettung seiner Untergebenen gefallen, in die Luft gesprengt worden. Man schenkte ihm sogar das Majorspatent und einen Orden. Man feierte ihn als Helden, während er in einem Zug nach Norden saß und sein geraubtes Geld bei sich hatte. Für ihn starben vierzehn unserer Leute und neun Rebellen. Für ihn und den Haufen Geld, Dad. Überlege, ich war der Verräter nicht, also hat es einen anderen gegeben. Und der andere kann nur Dweller gewesen sein. Es gibt keine andere Möglichkeit, Vater. Er ist es gewesen, niemand sonst!«

      »Das – das ist ungeheuerlich!« stammelt der alte William Brendan entsetzt. »Hast du es ihnen gesagt, hast du es gemeldet? Junge, du kannst vielleicht deine Unschuld beweisen. Wir müssen das melden!«

      »Nein!« erwidert Brendan knapp und hart. »Du meinst doch nicht, daß sie dir glauben würden? Die Armee irrt sich nie, und wenn, dann gibt sie es erst zu, wenn zwei Menschenalter vorbei sind und keiner der Beteiligten mehr lebt. Die Beweise muß ich selbst suchen und beibringen, ich, niemand sonst.«

      »Du – du bist doch krank, Junge. Dein Rückgrat…«

      »Ich habe nicht mehr leben wollen damals«, sagt Brendan ernst. »Jetzt will ich es. Seit Monaten will ich leben und wieder gehen können, laufen, reiten. Doc Lewis ist ein prächtiger Mensch. Er hat gesagt, daß er mir glaubt. Von meinem Verdacht gegen Dweller weiß er nichts, niemand außer euch hat eine Ahnung, daß ich Dweller für den Verräter halte.«

      »Du – du hast Hoffnung, gesund zu werden?« stammelt seine Mutter. »Junge, nichts ist schlimmer, als eine Hoffnung zu haben und am Ende erkennen zu müssen, daß sie getrogen hat. Was meint der Doc Lewis?«

      »Seiner Meinung nach müßte ich steif sein, völlig gelähmt«, erwidert Brendan. »Das ist auch die Meinung der anderen Ärzte hier. Einer hat sogar vor meiner Tür zu den anderen nach einer Visite gesagt, es habe wohl so kommen müssen. Dies sei meine Strafe für den erbärmlichen Verrat, gelähmt bis an das Lebensende. Seit zwei Monaten merke ich, daß ich meine Beine wieder leicht bewegen kann. Ungefähr seit jener Zeit kann ich auch meine Hände wieder gebrauchen. Doc Lewis sagt, er begriffe es nicht, meine Rückenwirbel müßten nur angebrochen gewesen sein Ich will gesund werden, aber das werde ich hier nie. Holt mich hier raus, so schnell ihr könnt und Doc Lewis seine Zustimmung gibt. Bringt mich nach Hause an unseren See. Dort werde ich gesunden!«

      Ich will gesund werden, ich muß es, denkt Cal Brendan. Und wenn ich tausend Schmerzen ertragen muß, ich werde wieder gehen und reiten. Und bin ich ganz gesund, dann suche ich diesen Second-Lieutenant Taylor auf. Ich will auch mit Little Jackson reden. Er hätte mich töten können, der Freund den Freund. Aber er schoß mich nur an. Für den Sturz des Pferdes konnte er nichts. Einer der Rekruten unter mir schoß vor Schreck und traf meinen Gaul. Ich will gesund werden. Und wenn es Monate dauert. Ich will.

      Cal Brendan liegt ganz still und grübelt schon wieder. Er weiß, daß er es schaffen und wieder ganz gesund werden kann, wenn er nur den Willen hat. Dann wird er sich bei den wenigen Freunden erkundigen, die ihm noch geblieben sind, ob ein Militärpaß im Of-

      fice der Armeeverwaltung verschwunden ist. Dweller muß Papiere gehabt haben, gefälschte. Heute schon weiß Brendan, daß Dweller dreimal bei Beförderungen übergangen wurde, daß ihm nach dem Urteil seiner Vorgesetzten die Befähigung fehlte, eine Truppe, eine Kampfeinheit zu führen.

      James Mitchell fällt ihm ein. Mitchell ist tot, aber er hatte einen Sohn und eine Tochter. Sie müssen wissen, was ihr Vater während des Krieges getan hat. Brendan erinnert sich dunkel an Mitchells Sohn und die Tochter, ein blondes, schlankes Mädchen. Virginia Mitchell.

      Ich werde sie alle fragen, denkt Brendan. Ich muß nur erst gesund werden. Dann werde ich herumhorchen. Ich finde etwas, und wenn ich jahrelang suchen muß. Vielleicht weiß auch Captain Cordon Bennet mehr, als er zugeben will. Er war schließlich die rechte Hand Mitchells. Gesund werden – und reiten, Fragen stellen. Aber wann ist er gesund – wann?

      *

      Er hält an und faßt nach seinem Rücken. Ein leichtes Ziehen ist dort zu spüren, aber mehr nicht.

      »Ja«, sagt Brendan und blickt sich um. »Ich habe es geschafft. Ich bin seit einem halben Jahr wieder zu Hause und weiß nun viel mehr. Es ist wahr, was ich mir während der verdammten Zeit im Bett zurechtgelegt hatte: Im Verwaltungsoffice ist tatsächlich um jene Zeit ein Armeepaß als verlorengegangen gemeldet worden. Ein paar Wochen vor Dwellers angeblichem Tod verschwunden, wie? Meine Geschichte stimmt, nur wird man sie nicht glauben, weil ich keine Beweise habe. Ich muß also Dweller suchen.«

      Er reitet an und weiß, daß er seit einer Viertelstunde auf dem Gebiet der Mitchell-Plantage ist. Dort hinten liegt unter Bäumen das verwüstete und erst zum Teil aufgebaute große Haus der Mitchells. Und dann kommt der Bach, der weiter im Süden in jenen See fließt, an dem die von den Nachbarn gemiedenen Brendans wohnen. Zu Hause sein und doch von allen gemieden zu werden, das ist Brendans Schicksal geworden.

      Ein Steg ist am Bach, und auf dem Steg ein Mädchen mit hellem blondem Haar.

      »Hallo«, sagt das Mädchen, als Brendan hält. Es sieht zu ihm hoch und fragt lächelnd. »Cal Brendan?«

      »Ja«, antwortet er heiser, überrascht, daß sie lächelt und ihm nicht wie andere den Rücken zuwendet. »Miß Mitchell?«

      Sie nickt nur, deutet auf den Steg und fordert ihn auf, abzusteigen. Als er neben ihr steht, blickt sie ins Wasser.

      »Ich hörte, daß Sie reiten können«, sagt sie leise. »Und ich wußte, daß Sie kommen würden, Cal Brendan. Sie wollen mich etwas fragen, ja? Sicher wissen Sie, daß mein Bruder gefallen ist. Meine Angehörigen sind alle tot, und ich versuche nun, unseren Besitz wieder aufzubauen. Ich bin erst vor vier Wochen zurückgekommen, so lange war ich bei meinen Verwandten im Norden. Vielleicht hätte ich zu Ihnen kommen sollen, Cal Brendan, denn ich weiß etwas, was andere in diesem Land nicht glauben.«

      »Was wissen Sie?« fragt er heiser. »Miß Mitchell, ich wäre eher gekommen, aber ich konnte noch nicht weit reiten. Was ist es, Miß Mitchell?«

      »Mein Vater«, murmelt sie, »sprach nie über seine Tätigkeit mit mir. Ich war bei ihm, bis alles zu Ende ging. Er kannte Sie flüchtig, aber als er hörte, was man Ihnen vorwarf, sagte er etwas zu mir. Wenige Tage später nahm er Abschied und ritt davon. Er kam nicht wieder.«

      »Was sagte Ihr Vater, Miß Mitchell?«

      »Nicht viel«, erwidert sie gepreßt. »Er war kein Mann, der über seine Arbeit ein Wort verlor. Aber an jenem Tag, als er hörte, daß man Sie der Zusammenarbeit mit Rebellen beschuldigte, meinte er, die Yankees wären alle verrückt geworden. Er sagte, ich müßte mich doch an Sie erinnern, und er brummte finster, die


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