England's Dreaming [Deutschsprachige Ausgabe]. Jon Savage

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England's Dreaming [Deutschsprachige Ausgabe] - Jon  Savage


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       Jon Savage

       England’s Dreaming

       Anarchie, Sex Pistols, Punk Rock

      Mit einem Vorwort zur englischen Neuausgabe

      Aus dem Englischen von Conny Lösch.

       Die Übersetzung des 5. Teils besorgte Dorothee Knab.

       Die Diskographie wurde für die englische Neuausgabe überarbeitet und erweitert und für die deutsche Ausgabe von Frauke Stuhl in Form gebracht

      FUEGO

       Über dieses Buch

      In seinem Film »The great Rock’n’Roll Swindle« klärt der Manager der Sex Pistols Malcom McLaren in zehn Lektionen darüber auf, wie eine Pop-Gruppe gegründet und vermarktet wird, wie sich die großen Plattenfirmen am besten über den Tisch ziehen lassen und wie man die Touristenattraktion Nummer 1 auf der Welt wird. Wie in jedem modernen Mythos vermischt sich Wahrheit mit Legende und bietet jede Menge Raum für Selbststilisierungen. Jon Savage hat sich mitten in diese unglaubliche Geschichte hineinbegeben. Entstanden ist ein in England und Amerika hoch gelobtes Buch über Punk Musik, über The Clash, Ramones und andere Gruppen, die neben den Sex Pistols ihr Unwesen trieben. Wie Savage die Geschichte des Punk vor dem sozialen und politischen Hintergrund der siebziger Jahre beleuchtet und als Phänomen einer verarmten und verlorenen Jugend interpretiert, die auf die Glücks-versprechungen der Gesellschaft pfeift und ihr Haß und Verachtung entgegenschleudert, ist brillant.

      Es ist aber auch die Geschichte der vier Jungs aus einer ziemlich verrotteten Gegend in Löndon, die Geschichte von John Lydon alias Johnny Rotten, Sid Vicious, Steve Jones und Paul Cook, »extrem häßliche« Dilettanten, »die keinen blassen Schimmer« hatten, »Ausgestoßene«, die niemand wollte. Mit »God save the Queen« stürmten sie die Charts, während der Rundfunk sich weigerte, das Stück zu spielen. Durch ihr rotzig-pubertäres Auftreten wurden sie zum »Liebling« des nach Skandalen hechelnden Boulevard und zu den Prügelknaben der Nation. Jon Savage erzählt episch, ausschweifend und läßt immer wieder die Protagonisten selbst zu Wort kommen. Eine packende Studie, in der auch die 10. Lektion geklärt wird: »Who killed Bambi?«

       Pressestimmen

      »England’s Dreaming hat Gemeinsamkeiten mit der Bibel … obwohl man einschränken muss, dass Jon Savages Opus besser recherchiert ist als die Bibel und die besseren Pointen hat. (…) Was damals nach dem Startschuss so geschah mit der Anarchie, den Sex Pistols und dem Punk Rock, ist bekannt und wurde seitdem oft erzählt, aber selten so minutiös wie von Jon Savage. (…) Bemerkenswert ist die Dichte an Informationen, Anekdoten, wichtigen und unwichtigen Details; Savage steckt in vier Seiten, woraus andere einen 400 Seiten langen Roman, einen Film und zwei Videospiele machen würden.« (Juliane Liebert, Süddeutsche Zeitung)

      »Dieses Meisterwerk über die Popkultur der 1970-er Jahre ist eine ausgezeichnete Beschreibung der relevanten Schnittstelle zwischen Mode und Musik, die man im deutschen Kulturraum ja nie so im Auge hatte.« (Wolfgang Bortlik, Strapazin)

      »Die bislang detaillierteste und faktenreichste Dokumentation zur Geschichte des Punkrock. […] England’s Dreaming ist eine Faktenfundgrube. Hier gibt’s den echten Stoff, der Nirvana erst möglich gemacht hat.« (Musikexpress)

      »Brillante Aufarbeitung der englischen Punk-Bewegung.« (Rolling Stone)

      »Eine Sozialgeschichte des Punk als Avantgardebewegung.« (Deutschlandfunk)

      Für meinen Großvater, Malcolm James Grant (1.1.1904 -12.2.1977)

       Vorwort zur englischen Neuausgabe

      Die Gegenüberstellung ist einfach, aber komplex genug, um etwas zu verdeutlichen: Der stolze Kriegsgewinner Winston Churchill, der in seinem Armeemantel so massig wie die Klippen von Dover wirkt, wurde mit einer von der Stirn bis in den Nacken reichenden Irokesenfrisur, bestehend aus feinstem englischen Rasen vom Parliament Square, gekrönt. Das ist kein geschmackvoller Haarschnitt, sondern Punk: ein blaßgrüner Farbtupfer auf dem Kanonenmetall der Skulptur. Die von unbekannten Künstlern während der anti-kapitalistischen Proteste am 1. Mai 2000 in der Londoner Innenstadt umgestaltete Skulptur wurde zum Pressebild des Tages. Für die einen ein Symbol der Gewalt und Denkmalschändung, für die anderen ein Beispiel kreativen Protestes, die Verfremdung einer nationalen Ikone.

      Die Mai-Unruhen lösten bei 4000 teilnehmenden Demonstranten und 5500 Polizeikräften eine hitzige Debatte aus, in der der verpunkte Churchill für alle Parteien ein beliebtes Argument darstellte. Im Guardian behauptete ein Leserbriefschreiber sogar, dass Churchill Hitler schon nach zwei, statt erst nach sechs Jahren einen Arschtritt verpasst hätte, wenn er tatsächlich einen Irokesen-Haarschnitt getragen hätte. Emma Soames schrieb einen sehr emotionalen Artikel über die »Fotos meines Großvaters, die ihn so verunstaltet und entwürdigt zeigten, dass ich meinen Augen kaum traute.« Sogar auf den Leserbriefseiten des New Musical Express wurde ausführlich über Leben und Wirken des Mannes diskutiert. Und der Mirror fiel in den Chor mit der schlichten Frage ein: »Wo wären diese Rowdies heute, hätten die Nazis gewonnen?«

      Für die Kinder der 50er und 60er Jahre ist Churchill der ultimative Groß-/Vater. Seine Beisetzung im Januar 1965 war ein nationales Ereignis von der Größenordnung der Beerdigung Prinzessin Dianas. Churchill galt sechzig Jahre lang als nationaler Held, unantastbarer noch als die Königliche Familie. Er hat Tausende, vielleicht Millionen ergebener Bewunderer, denn, wie Michael Korda in Harpers vom Mai 2000 schrieb, »von ihm kann mit Fug und Recht – vielleicht mehr als von jeder anderen Person des zwanzigsten Jahrhunderts – behauptet werden, dass er die westliche Welt gerettet hat ... Ohne ihn würden wir wahrscheinlich in einer von Hitlers Erben und Ideen beherrschten Welt leben. Dank ihm tun wir es nicht.«

      Vielen Demonstranten galt Churchill als die Verkörperung der herrschenden Klasse. Die Schändung der Statue mag dazu geführt haben, dass das internationale, und mehr noch das globale Anliegen der Demonstration in den Hintergrund rückte, aber sie diente auch dazu, das Gespenst des Punk als Dämon der Bourgeoisie, als Vorbote der anarchistischen Apokalypse wieder aufleben zu lassen.

      Ein viertel Jahrhundert ist seit Punk vergangen und England träumt noch immer. Der New-Labour-Konsens ist brüchig, angsterfüllt und wird von imaginären wie realen Dämonen bedrängt. Es ist durchaus fair, die Regierung mit dem Land selbst in Verbindung zu bringen, nicht nur wegen des überwältigenden Wahlsiegs im Mai 1997, sondern auch, weil die nationale Identität seither explizit ein Projekt von New Labour ist: die »Rückeroberung der Flagge« für das moderne Großbritannien, die es dem unheilvollen thatcheristischen Nationalismus zu entreißen galt. Man muss nur das Auftauchen des Union Jack in der Polit-und Pop-Ikonographie betrachten, um zu sehen, dass die nationale Identität in den 90er Jahren ein heißes Thema war. Sie schmückte 1992 Neil Kinnocks Parteiplattform, Noel Gallaghers Gitarre und den Bettbezug von Liam und Patsy auf dem »London Swings Again«-Cover der Märzausgabe 1997 von Vanity Fair.

      Der Union Jack ist das Symbol der Einheit zwischen England, Schottland, Wales und Nord-Irland. Aber es ist alles andere als eine gleichberechtigte Partnerschaft. England, besonders der Südosten, beherrscht die Ökonomie, das Klassensystem und die internationale Wahrnehmung der Inseln. Britpop, in dem der Union Jack immer wieder auftaucht, ist ein typischer Fall, denn er spiegelt nicht die multikulturelle Realität Großbritanniens wieder, sondern brachte fast nur weiße Rockgruppen aus dem Südosten hervor. Dennoch ist die bedingungslose englische Überlegenheit mit der erfolgreichen Installierung verfassungsmäßiger Versammlungen in Schottland und Wales und der zunehmenden Zentralisierung Europas wie nie zuvor grundsätzlicher Kritik ausgesetzt. Diese Situation zwingt England, einige seiner liebsten Bräuche und Gepflogenheiten neu zu überdenken. Hugo Young behauptet zu Recht (im Guardian, März 2000), dass »Großbritannien nicht überleben kann, wenn England weiterhin als zentralisierter und herrschender Staat im Staat fungiert. «Ressentiments werden diesen Staat auseinanderreißen. Mit der Inselmentalität werden


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