Peter Grant - Ein Leben für Led Zeppelin. Mark Blake
Читать онлайн книгу.dem Beatles-Manager Brian Epstein verkaufte. Epsteins Firma N.E.M.S. wollte Ardens Klienten, die Rockgruppe Black Sabbath aus den Midlands, abwerben.
Arden avancierte auch zu einem Partner des Star Clubs, jener Location im Hamburger Rotlichtmilieu, in der die Beatles ihr Handwerk erlernten. Don erkannte jedenfalls eine Marktlücke und begann sie zu füllen – so wie das Grant später mit Led Zeppelin tun sollte. Er lotste Gene Vincent fort von anderen Veranstaltern und leitete schon bald auch Touren für andere amerikanische Acts wie Johnny Preston und Brenda Lee in die Wege. Bei ihnen handelte es sich nicht ausschließlich um Rock’n’Roll-Interpreten, aber das war egal: Hauptsache, sie waren Amerikaner.
Don und seine Frau, eine ehemalige Tänzerin mit dem Spitznamen „Paddles“, wohnten in Brixton im Süden Londons mit ihrem Sohn David und ihrer Tochter Sharon. In ihrem Haus in der Angell Road befand sich auch Ardens Büro, das seine Laufburschen beherbergte, wenn einer mal ein Bett für eine Nacht brauchte. Zu seinen Geschäftskontakten zählten die ehemaligen Wrestler und jetzigen Pop-Manager Les Bristow und Paul Lincoln. Henry Henroid, ebenfalls ein aus dem 2iʼs bekanntes Gesicht, sollte schon bald als Fahrer und Leibwächter von Gene Vincent auf der Gehaltsliste auftauchen.
Es ging bei diesem Business um Geld und sobald der Geldfluss erst einmal in Schwung gekommen war, wuchs auch Dons Entourage aus Filmkomparsen, Stunt-Doubles und Männern, die schlicht so aussahen, als könnten sie sich benehmen. „Sie waren alle in den Randbereichen des Showgeschäfts beheimatet und wurden angestellt, weil sie jemanden kannten, der auch wieder wen kannte“, sagt Sharon Osbourne.
Zu diesen Leuten zählten auch Stan Simmonds, der ebenfalls bei Cleopatra und Citizen James als Statist mitgewirkt hatte, sowie das zukünftige Black-Sabbath-Managerteam Patrick Meehan Sr. und Wilf Pine, die den Kray-Zwillingen und dem New Yorker Verbrecherboss Joe Pagano verkehrten.
Arden traf Peter Grant zum ersten Mal, als er eine Show auf einem amerikanischen Militärstützpunkt ansagte. Grant chauffierte damals den traditionellen Jazz-Act Dick Charlesworth and His City Gents. „Peter war einfach ein Junge in seinen Zwanzigern“, erinnerte sich Arden. „Aber er besaß einen VW-Bus.“
Ehe man sich versah, schloss sich Grant Ardens Gang an und verdiente fünfzig Pfund in der Woche. Von diesem Sold musste er aber selbst den Sprit berappen.
„Peter gehörte zu den Handlangern meines Dads“, sagte Sharon Osbourne „Ich erinnere mich an ihn, weil er uns zur Schule brachte und später wieder abholte.“
Allerdings machte sich Arden schon bald Peters Größe und Auftreten zunutze. Im Oktober 1962 holte Don Gene Vincent, den Soul-Star Sam Cooke und den „Tutti Frutti“-Sänger Little Richard nach Großbritannien. Henry Henroid betrieb mittlerweile den Star Club in Hamburg, weshalb Arden Grant damit beauftragte, sich als Fahrer und Bühnenmanager um Vincents Belange zu kümmern.
Die Liste von Grants Verpflichtungen wurde immer länger. Er war da, um zu tun, was auch immer Don Arden von ihm wünschte. Don hatte Chris Hutchins vom New Musical Express als seinen Pressesprecher angeheuert. Umso wütender war Arden, als der seine Entscheidung schließlich revidierte und in seinen alten Job zurückkehrte.
Little Richards Begleitband war die britische Gruppe Sounds Incorporated, die von Arden gemanagt wurde. Nach einer Show in London gesellte sich Hutchins auf einen Drink zu ihnen in ihr Hotel in Kensington. Um 2 Uhr morgens alarmierte der Portier Hutchins, dass er dringend ein Telefonat entgegennehmen müsste. So begab er sich an die Rezeption, wo er von Peter Grant empfangen und in ein Auto geschubst wurde. Grant fuhr den Journalisten nach Brixton, wo er von Arden stundenlang angeschrien, beschimpft und verhört wurde, weil der davon überzeugt war, Hutchins wolle ihm Sound Incorporated abspenstig machen, um sie selbst zu managen.
„Ich weiß nicht mehr genau, was er mir drohte“, schrieb Hutchins 2005 in seinen Memoiren Mr. Confidential. Aber ich kann mich noch an die feindselige Stimmung erinnern. Ich war mir jedenfalls nicht sicher, ob ich den Raum in einem Stück verlassen würde.“
Als schließlich die Dämmerung über dem Süden Londons hereinbrach, akzeptierte Arden Hutchins’ Unschuld und wies Grant an, ihn nachhause zu bringen. Die beiden Männer begaben sich daraufhin auf eine unangenehme Fahrt zu Hutchins’ Wohnung in Chelsea.
Abgesehen von der Geiselnahme an sich, empfand es Hutchins als besonders verstörend, dass er sich noch wenige Wochen zuvor im selben Raum ganz normal mit der Familie Arden unterhalten hatte. Über Nacht war er für nichts und wieder nichts vom Freund zum Feind mutiert.
Das spätabendliche Kreuzverhör war kein außergewöhnliches Szenario im Hause Arden. „Es spielte sich ständig irgendein Drama ab“, räumte Sharon Osbourne ein. „Irgendjemand hatte meinem Vater eins ausgewischt und schon drohte er damit, die Mistkerle umzulegen. Solange ich mich erinnern kann, hatten die Leute Angst vor ihm.“
Grant und Simmonds waren auch in jener Nacht zugegen, als Don einen Journalisten attackierte, nachdem der ihn vor seinem Sohn David beleidigt hatte. Rückblickend lassen sich Parallelen zu Grants Verhalten gegenüber einem Ordner ziehen, der seinen Sohn Warren in einem amerikanischen Backstage-Bereich niedergestoßen hatte. „Ich verhaute ihn ordentlich und sah, wie sich seine Füße vom Boden in die Luft hoben“, prahlte Arden. „Er landete schließlich auf meinem Wagen.“
„Ich hörte niemals auf, ein Performer zu sein“, erklärte Don. „Aber statt auf der Bühne zu stehen, performte ich nun im echten Leben.“
Erzählungen von Ardens Drohgebärden und Gewaltausbrüchen, ob nun real oder erdichtet, zirkulierten vielerorts: in der Redaktion des Melody Maker, unter den Musikverlegern in der Denmark Street sowie im De Hems, dem Ship und all den anderen Bars im West End, wo sich Schreiber, Musiker und ihre Betreuer über den Weg liefen. Die Anekdoten wurden bei jeder Neuauflage ein wenig weiter ausgeschmückt. „Die Musikindustrie besteht aus zwei Gruppen – den Drama-Queens und den Möchtegern-Gangstern“, erklärte Arden. „Und natürlich tratschen sie alle miteinander.“ So wie Arden die Dinge sah, paradierte er nach wie vor durch die Straßen von Manchester und schwenkte ein paar tote Ratten an ihren Schwänzen durch die Luft. Nur zog er diese Show nun eben im Londoner Musikbusiness ab. Es ging alles um die „Macht der Angst“ – ein Trick, den Grant später zu seinem Vorteil nützen würde.
1962 existierten die Berufsbezeichnungen „Roadie“ und „Tourmanager“ noch nicht. „Don oder Colin Berlin steckten mir eine Reiseroute zu“, erzählte Grant. „Ich holte dann den Act am Flughafen ab, buchte das Hotel, brachte sie dazu, ihren Kram aufzubauen, kutschierte sie zu ihren Gigs und achtete darauf, dass sie bezahlt wurden.“
Grant musste sich jedoch auch um die Probleme kümmern, wenn etwa ein Clubbetreiber die tatsächliche Anzahl der verkauften Eintrittskarten manipulierte, wenn ein Sänger zu besoffen war, um aufzutreten, oder ein liebestrunkener weiblicher Fan mit dem Hauptact geschlafen hatte und nicht wahrhaben wollte, dass der betreffende Star nicht beabsichtigte, sie zu ehelichen. Außerdem gab es skrupellose Veranstalter, die Gruppen zunächst an mehreren aufeinanderfolgenden Abenden buchten. Sie zahlten pünktlich und lullten deren Agenten mit einem falschen Gefühl der Sicherheit ein. Anschließend buchten sie denselben Act in einem riesigen Konzertsaal, verkauften mehr Eintrittskarten als je zuvor und versprachen die Gage per Scheck auszuzahlen. Der Scheck kam jedoch nie an und der Veranstalter tauchte ab. Diejenigen, die ihre Schuld leugneten, fanden in Don Arden einen zähen Kontrahenten. Wie Peter Rachman war auch Arden dafür bekannt, Geldeintreiber zu beschäftigen, die eine hundertprozentige Erfolgsquote aufwiesen.
Manchmal uferten Streitereien wegen Geldes und Rivalitäten zwischen Veranstaltern auch in Handgreiflichkeiten aus. Eines Abends trafen Grant und Mickie Most in einem Club in Hitchin ein, wo gerade eine Gang den Rausschmeißern mit Macheten drohte – ein Racheakt für irgendein Fehlverhalten des dortigen Veranstalters.
Mitunter waren die Auseinandersetzungen aber eher komischer als bedrohlicher Natur. Als sich Arden und Rik Gunnell verkrachten, entsandten die beiden Promoter jeweils einen Schlägertrupp in das Büro des anderen. Grant erinnerte sich, wie sich die beiden Gangs in der Curzon Street 35 begegneten: Ardens Männer kamen gerade die Treppe herunter, als Gunnells Vollstrecker hinaufstiegen. Als sie realisierten, dass sie alle schon im Voraus bezahlt worden waren, machten