Seewölfe Paket 23. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 23 - Roy Palmer


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den Kopf. „Leere Versprechungen. Du änderst dich nie, Señor. Das sagt mir meine Menschenkenntnis. Du bist so, wie du bist, und auch die härteste Strafe wandelt dich nicht.“

      Don Ramón war den Tränen nah. „Gib mir doch wenigstens eine Chance.“

      „Das hängt nicht von mir ab“, sagte der Gottesmann, dann wandte er sich ab und ging zu den anderen hinüber.

      Mittlerweile waren die Pulverfässer in den Felsen plaziert worden. Hasard wollte genügend Felsen absprengen, die den Pfad endgültig unpassierbar machten. Die zehn Pulverfässer waren gut verdammt und mit Lunten versehen. Hasard, Ribault, Carberry und Dan zogen sich mit einer langen Lunte aus den Felsen und zum Plateau zurück.

      „Sehr gut“, sagte Pater Aloysius grinsend. „Jetzt kann es losgehen, nicht wahr?“

      „Das ist wohl nach deinem Geschmack“, sagte Pater David.

      „Wir Tiroler haben eine enge Beziehung zum Pulver“, entgegnete Pater Aloysius, und in seinen Augen schienen Teufelchen zu tanzen. „Wir sind richtige Rebellen und wehren uns gegen jeden, der uns zu überrumpeln versucht. Uns unterwirft keiner, wir sind unabhängig.“

      „Was ist das bloß für ein Land, dieses Tirol?“ wollte Matt Davies wissen.

      „Es ist gebirgig“, erwiderte Pater Aloysius.

      „Und das Meer? Wo ist das Meer?“

      „Bei mir zu Hause gibt es kein Meer, nur Seen“, antwortete der Gottesmann.

      „So was“, murmelte Matt Davies enttäuscht. „Ein Land ohne Meer. Das ist ja nun wirklich das Allerletzte. Alles nur Landratten, kein einziger Seemann, was?“

      „Trotzdem ist Tirol das schönste Land der Welt“, sagte der Pater bissig.

      „Helvetien soll auch sehr schön sein, hab’ ich gehört“, sagte Dan lachend.

      „Wo liegt das denn?“ fragte Matt. „Nie gehört.“

      „Um so besser“, sagte Pater Aloysius. „Tirol ist viel besser und größer – und mit Helvetien auch überhaupt nicht zu vergleichen.“

      „Nun streitet euch nicht“, sagte Hasard. „Zündet lieber die Lunte an.“

      Ribault holte ein Stück Feuerstein hervor. Carberry gab ihm einen Flint, und Ribault schlug damit gegen den Feuerstahl. Die sprühenden Funken fielen auf die Lunte und entfachten sie.

      Don Ramón hockte auf einem Stein. Er wäre aufgesprungen und fortgelaufen, wenn er nicht gefesselt gewesen wäre. Seine Augen weiteten sich noch mehr, und in seinem teigigen Gesicht zuckte es unaufhörlich. Knisternd brannte die Lunte ab, eine zischende Spur lief über das Plateau und verschwand zwischen den Felsen.

      „Jetzt ist es soweit“, sagte Carberry grinsend und rieb sich die Pranken.

      Don Ramón begann zu wimmern. Als die erste Explosion grollend ertönte und die Felsen beben ließ, schrie er auf. Bei der zweiten Explosion kreischte er wie von Sinnen. Carberry stieß einen Fluch aus, trat zu ihm und steckte ihm wieder den Knebel in den Mund.

      Im Stakkato erfolgten auch die anderen Explosionen, und sie lösten über eine Länge von knapp dreißig Yards fast einen Bergrutsch aus. Es krachte, wackelte und dröhnte, eine gewaltige Staub- und Pulverqualmwolke stieg auf und wälzte sich über die Berge.

      Als sich die Wolken allmählich verflüchtigten, nahmen die Männer ihr Werk in Augenschein.

      „Es hat geklappt“, sagte Dan. „Der Pfad ist weg. Er existiert nicht mehr.“

      „Über eine Länge von gut achtzig Yards“, sagte der Seewolf.

      „Das wäre also erledigt“, sagte Pater David. Er richtete seinen Blick auf den Hang, der durch die Detonationen verwüstet worden war. Dieser Hang über dem Pfad war zu einem lebensgefährlichen steilen Geröllfeld geworden, dessen Betreten weitere Geröllawinen auslösen würde.

      „Das genügt“, sagte Hasard. „Der einzige Pfad zwischen Arica und Potosi ist unterbrochen und gesperrt. Niemand wird uns von Potosi aus verfolgen können.“

      „Und keiner weiß, daß wir nach dem Passieren der Cordillera de los Frailes auf dem Altiplano nach Nordwesten abbiegen und den Weg nach Arica verlassen“, sagte Pater Aloysius.

      „Wir dürfen also wirklich aufatmen“, murmelte Karl von Hutten.

      „Der Marsch wird fortgesetzt“, sagte Hasard.

      Die Maultiere wurden von ihren Fußfesseln befreit. Die Männer rafften ihre Habseligkeiten zusammen und beluden die Tiere, dann wurde auch das Feuer gelöscht, über dem sie ihr Frühstück zubereitet hatten. Es konnte weitergehen.

      Carberry zog dem Dicken wieder den Knebel aus dem Mund, warnte ihn aber: „Wenn du jammerst, stopf’ ich ihn dir wieder rein!“

      „Warum darf ich nicht reiten?“ keuchte Don Ramón.

      „Etwa auf einem Maultier?“ fragte Carberry. „Du bist wohl nicht bei Trost.“

      „Ich kann nicht mehr. Ich bin am Ende. Mein Herz …“

      Der Profos grinste und deutete auf Diego. „Also gut. Wie wäre es, wenn du auf unseren Freund klettern würdest?“

      Diego stieß ein zorniges Schnauben aus und schlug mit dem linken Vorderhuf auf das Gestein. Er sah den Dicken derart böse und verschlagen an, daß dieser wieder einen Schrei des Entsetzens ausstieß.

      Carberry war drauf und dran, ihm den Knebel in den Mund zu schieben, aber Don Ramón stieß hastig hervor: „Nein, nein! Ich wollte nur sagen – ich laufe lieber!“

      Damit setzte er sich zum Rand des Plateaus in Bewegung. Als er an den Steingräbern der beiden toten Aufseher vorbeiwatschelte, überlief ihn eine Gänsehaut. Was sich in der Nacht abgespielt hatte, hatte er von Pater David haarklein erfahren. Gräßlich, dachte er.

      „Der läuft erst mal“, sagte Carberry grimmig. „Vielleicht hält es ja eine Weile vor.“

      Der Zug setzte sich in Bewegung. Die Lawine des Todes blieb hinter ihnen zurück. Sie vergaßen rasch, was sich abgespielt hatte. Ihre Gedanken waren jetzt bei den Kameraden von der „Estrella de Málaga“ und der „San Lorenzo“.

      Wie war es ihnen in der Zwischenzeit ergangen? War alles nach Plan verlaufen oder hatte es Zwischenfälle gegeben? Bald würden Hasard und seine Männer es erfahren …

      ENDE

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       1.

      Margarita, die glutäugige, dunkelhaarige Schönheit, stand am späten Vormittag des 15. Dezember 1594 am Fenster ihrer kleinen Kammer und blickte auf die Plaza von Arica hinunter. Sie träumte, wie so oft, von ihrer Heimat Andalusien. Ja, dorthin würde sie zurückkehren, eines Tages. Sie hatte keine Illusionen mehr, denn das war in ihrem Gewerbe nicht möglich, doch sie war ziemlich sicher, daß sie sich ihren Herzenswunsch in nicht allzu ferner Zukunft erfüllen würde.

      Als wohlhabende Frau wollte sie nach Andalusien zurückkehren und sich dort eine Hacienda kaufen, mit viel Land, Olivenbäumen, Rebstöcken, Kühen, Ochsen und Schafen und einem prächtigen Haus darauf. Dazu brauchte sie Geld – viel Geld. Einen Teil hatte sie bereits angespart und gut versteckt, den Rest würde sie sich in den nächsten zwei, drei Jahren verdienen.

      Der Wirt der Schenke an der Plaza war ein Wucherer und Galgenstrick. Er kassierte für die Kämmerchen, in denen die Mädchen wohnten und ihre Freier empfingen, und er verlangte für jeden „abgefertigten“ Kunden auch noch einen Anteil. Aber Margarita war raffiniert. Viele Gelder unterschlug sie einfach, oder sie gab die Höhe der Tageseinkünfte niedriger an, als sie eigentlich waren. Sie wußte, wie man das anstellte, und es funktionierte seit Jahren.


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