Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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Tiere zerfleischten, zurücklassen. Er liebte sie, und er wußte, daß sie auf ihn wartete.

      Ein Hoffnungsschimmer durchzuckte Sobocan, als seine Fingerspitzen plötzlich über eine schroffe Steinkante glitten. Damit mußte er es versuchen. Die Kante war zwar nicht messerscharf, aber vielleicht würde es ihm gelingen, seine Fesseln damit durchzuscheuern.

      Sofort ging der junge Bursche an die mühsame und schmerzhafte Arbeit. Er achtete nicht darauf, daß ihm schon bald die Haut in Fetzen von den Handgelenken hing. Der Wille, am Leben zu bleiben, ließ ihn den Schmerz vergessen. Der Gedanke an die unaufhaltsam fortschreitende Zeit verlieh ihm neuen Antrieb. Wann würde der neue Tag anbrechen? Würde er es noch schaffen, seine Fesseln zu lösen? Verbissen arbeitete er weiter, bis er einen plötzlichen Ruck verspürte – dann konnte er seine Hände frei bewegen.

      Ein Gefühl der Dankbarkeit durchströmte Sobocan. Er hatte es geschafft, seine Hände waren frei. Sofort warf er seinen Körper herum, um auch die Fußfesseln zu bearbeiten. In den Druck seiner Beine konnte er mehr Kraft legen, so daß auch die dünnen Taue um die Fußgelenke in kurzer Zeit durchgescheuert waren.

      Sein Atem ging schwer, als er sich wieder völlig frei bewegen konnte. Sofort stand er vom Boden auf, seine Glieder waren kalt und steif geworden. Mit zusammengekniffenen Lippen rieb er sich die schmerzenden Handgelenke. Nur langsam spürte er, wie ein wenig Wärme in seinen drahtigen Körper zurückströmte.

      Die anfängliche Zuversicht Sobocans klang rasch wieder ab, denn auf dem Weg in die Freiheit gab es noch gefährliche Hindernisse zu überwinden.

      Wie wollte er je aus diesem dunklen Verließ herauskommen, ohne von den Derwischen bemerkt zu werden?

      Es gab nur einen einzigen Weg, und der führte durch die Tür, die aus dikken, grobbehauenen Planken bestand und verriegelt war. Niemals würde ihm gelingen, sie von innen zu öffnen.

      Da fielen ihm die Wachen ein.

      Mit ziemlicher Sicherheit ließ Ibrahim Salih das Gefängnis bewachen, obwohl die Voraussetzungen für eine Flucht äußerst gering waren. Sobocan hoffte es jedenfalls, denn ohne Hilfe von außen war er verloren, auch wenn es ihm gelungen war, die Fesseln abzustreifen.

      Sobocan beschloß, es mit einem simplen Trick zu versuchen. Würde er durch lautes Rufen oder Schreien die Aufmerksamkeit auf sich lenken, dann würde man sich wahrscheinlich nicht darum kümmern, sondern es als ein Zeichen seiner Todesangst werten. Außerdem bestand dabei die Gefahr, daß der Lärm von den anderen Derwischen gehört wurde.

      In fieberhafter Eile wog Sobocan seine Möglichkeiten und Chancen gegeneinander ab, während seine Hände über das kalte Gestein tasteten. Als es ihm schließlich gelungen war, einen etwa faustgroßen Steinbrocken aus dem zum Teil unbehauenen und geröllhaltigen Fels zu lösen, umklammerten seine Finger die primitive, aber notfalls recht wirksame Waffe.

      Sobocan tastete sich in die Nähe der Tür und pochte einige Male mit dem Stein dagegen.

      Er hielt den Atem an. Aber nichts rührte sich.

      Da klopfte er erneut gegen die Bohlen und wartete.

      Plötzlich drang ein lautes Gähnen zu ihm herein. Es folgte ein scharrendes Geräusch, dann tönte eine verschlafen klingende Stimme durch die Tür.

      „Was ist los? Warum klopfst du da drin?“ Die Stimme klang verärgert, als sie fortfuhr: „Das wird dir auch nicht mehr helfen, du Bastard. Hast dich wohl an die Tür geschleppt, um mir das bißchen Schlaf zu rauben, was? Wenn du keine Ruhe gibst, komm ich rein und gab dir was auf den Schädel.“

      Ein glucksendes Lachen folgte, dann kehrte wieder Stille ein.

      Sobocan atmete auf. Es hatte nur ein Mann gesprochen. Wahrscheinlich hatte man doch nur einen Wächter abkommandiert.

      Er schlug abermals mit dem Stein gegen die Bohlen.

      „Möge dich Allah verderben, du Hund!“ schnaufte es draußen. „Du gönnst wohl einem rechtschaffenen Mann nicht mal eine Mütze voll Schlaf? Nun gut, wenn du es nicht anders haben willst, dann werde ich dich eben zur Ruhe bringen, das wirst du gleich merken.“

      Sobocans Herz klopfte bis zum Hals, als der schwere Eisenriegel mit einem quietschenden Geräusch zurückgeschoben wurde.

      Die Tür schwang auf und ein kleines Tranlämpchen warf sein trübes Licht in das finstere Gemäuer.

      In der Türöffnung erschien eine vierschrötige Gestalt, deren Körper in ein langes, helles Derwischgewand gehüllt war. Nur der hohe Hut fehlte, was wohl daran lag, daß es sich damit nicht gerade bequem schlafen ließ. Die einzige Waffe, die der Mann bei sich trug, war ein Dolch, der im Gürtel steckte. Der Bursche mußte sich ziemlich sicher fühlen, weil er den Gefangenen in Fesseln wähnte.

      Sobocan hatte sich flach gegen die Mauer neben dem Eingang gedrückt. Die Hand, in der der schwere Steinbrocken lag, war bereit zum Zuschlagen.

      Als der Derwisch den Gefangenen nirgends sah, reagierte er verblüfft.

      „Wo bist du, du räudiger Hund?“ stieß er hervor, aber weiter gelangte er nicht.

      Sobocans Hand mit dem Stein sauste nach unten – und traf.

      Mit einem erstickten Laut sank der Derwisch in die Knie, aber er schien, wie Sobocan zu seinem Erstaunen feststellte, hart im Nehmen zu sein. Der Tonbehälter der Lampe war seinen Händen entglitten und am Boden zerbrochen. Für einen Augenblick bildete der brennende Talg eine Lache auf dem Steinboden und tauchte den Raum in flackerndes Licht.

      Nachdem der Derwisch seinen Sturz abgefangen hatte, zuckte seine rechte Hand zum Gürtel, um den Dolch hervorzuholen. Schon blitzte die scharfe Waffe in seiner Hand auf, und er warf sich mit einer Verwünschung auf den Lippen herum, um Sobocan zu töten.

      Doch diesem gelang es, den gefährlichen Hieb abzublocken. Mit eisernem Griff umklammerte er das Handgelenk des Angreifers und schmetterte die Hand mit dem Dolch gegen die Felswand. Der Derwisch stieß einen Schmerzenslaut aus, als sich seine Hand öffnete und die Waffe auf den Steinboden klirrte.

      Aber er hatte sich schnell wieder gefaßt. Sein Gesicht wirkte haßverzerrt, als er das rechte Bein anwinkelte, um Sobocan mit einem Tritt aus seiner Reichweite zu befördern. Doch der junge Bursche reagierte blitzschnell. Ein zweites Mal traf der Steinbrocken den Schädel des Derwischs, und diesmal erschlaffte die hochgewachsene Gestalt. Der schwere Körper rutschte an der feuchten Mauer hinunter und schlug hart auf den Stein.

      Er würde sich vorerst nicht mehr rühren.

      Sobocan griff rasch nach dem Dolch des Derwischs und schob ihn in den Gürtel seiner, Segeltuchhose. Auch den Steinbrocken, der sich als brauchbare Waffe erwiesen hatte, vergaß er nicht, als er durch die Türöffnung huschte. Er schloß die Tür und schob den großen Eisenriegel vor.

      Sein Atem ging keuchend, und dennoch durchströmte ihn ein Gefühl des Triumphs. Es war ihm gelungen, sich aus eigener Kraft aus dem dunklen Gewölbe zu befreien. Doch dieses wohltuende Gefühl verflüchtigte sich rasch wieder, als Sobocan erkannte, daß wohl noch ein weiter Weg vor ihm lag. Noch war er nicht lebend aus dieser Felsenmoschee heraus, und er würde äußerste Vorsicht an den Tag legen müssen, wenn er Salih und dessen Meute entrinnen wollte.

      Wie ein dunkler Schatten tastete sich Sobocan den schmalen Gang entlang. Alles war still, niemand schien etwas von dem nächtlichen Zweikampf bemerkt zu haben. Nachdem er ungehindert zwei Treppen hinaufgestiegen war, befand er sich plötzlich in der Nähe eines Torbogens, der den Blick auf den Innenhof der Moschee freigab.

      An einer Mauer steckten noch zwei Fackeln in ihren Metallringen. Sie brannten nur noch schwach, ihr trüber Schein tauchte den Hof in spärliches Licht. Die Glut des Feuers, das während des nächtlichen Zeremoniells gebrannt hatte, war bereits erloschen. Trotz der frischen Nachtluft, die Sobocan tief in seine Lungen sog, hing immer noch der Geruch von Weihrauch und Gewürzen über diesem gespenstischen Ort.

      Einige vorsichtige Blicke überzeugten Sobocan davon, daß sich niemand im Hof aufhielt. Er beschloß deshalb, seine Ortskenntnisse auszunutzen. Schließ-lich war er vor einigen


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