Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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nein“, sagte der Kutscher grinsend, „du und Donegal – ihr seid schlau? Wo sitzt denn die Schläue in euren Köpfen? Vielleicht über den Augen? Oder im Hinterkopf? Wo habt ihr denn noch ein freies Kämmerchen?“

      Der Profos runzelte die Stirn. „Dir wird das Lästern gleich vergehen, alter Freund. Und wenn du auf unsere Frage keine richtige Antwort weißt, dann zieh ich dir persönlich die Haut in Streifen von deinem karierten Affenarsch. So, und nun sag uns mal, ob Haie schlafen, und wie sie das tun!“

      Triumphierend blickte Ed Carberry den Kutscher an, in der Überzeugung, daß auch er keine Antwort darauf wüßte. Aber er sollte sich getäuscht haben. Der Kutscher hatte damals an der Mangrovenküste der Baja de Marajo, an der südamerikanischen Ostküste, schon eine einleuchtende Erklärung über den „magischen Fisch“ gefunden, der Batuti einen gewaltigen Schlag versetzt hatte. Niemand außer dem Kutscher und dem Seewolf hatte damals gewußt, daß es sich um einen Zitteraal gehandelt hatte.

      „Natürlich schlafen Haie“, sagte der Kutscher mit aller Selbstverständlichkeit. „Haie haben keine Schwimmblase, deshalb sind sie schwerer als Wasser und sinken ab, wenn sie sich nicht bewegen. Darum schlafen sie, wie viele andere Fische auch, indem sie im Wasser stehenbleiben und dabei langsam die Flossen bewegen. Jedes Geschöpf braucht doch schließlich Ruhe und Schlaf, das merkt ihr doch an euch, ihr Neunmalklugen.“

      „Hm, natürlich merken wir das“, meinte Edwin Carberry. „Aber wir sinken dabei nicht unter unsere Kojen, du Stint, und die Flossen bewegen wir beim Schlafen auch nicht. Nur damit das klar ist!“

      Der Kutscher wandte sich wieder seinem riesigen Topf zu, während der Profos, befriedigt von der einfachen Antwort, seinen Weg zur Back fortsetzte.

      Old O’Flynn schenkte den Zwillingen noch ein gönnerhaftes Grinsen.

      „Na also, ihr beiden“, erklärte er. „Ich hab’s euch doch gleich gesagt. Jetzt habt ihr es auch noch mal vom Kutscher gehört.“

      Er stampfte mit dem Holzbein auf die Decksplanken und marschierte über die Kuhl, die sprachlosen Zwillinge allein am Schanzkleid zurücklassend.

      „Das – das ist doch die Höhe!“ stellte Philip junior fest. „Er will es uns gleich gesagt haben, dabei hat er es so wenig gewußt wie wir!“

      Er wurde durch Bill, den Moses, unterbrochen, dessen Stimme aus dem Großmars herabtönte.

      „Ein Boot! Backbord voraus!“

      Wenig später wiederholte er seine Meldung und setzte hinzu: „Ein einzelner Mann befindet sich an Bord.“

      „Ein Mann, mutterseelenallein hier auf dem Meer“, wunderte sich der Seewolf, „was soll nun das wieder bedeuten?“

      Auch Ben Brighton, sein Stellvertreter und Erster Offizier hatte ein fragendes Gesicht.

      „Na, sehr weit sind wir nicht von der Küste entfernt“, sagte er dann.

      „Trotzdem“, gab Hasard zurück. „Ein einzelner Mann fährt nicht allein mit einem winzigen Boot so weit heraus, um Fische zu fangen.“ Er hatte bereits das Spektiv an die Augen gesetzt.

      Als die „Isabella“ ein Stück näher an das Boot herangesegelt war, sagte er: „Der Bursche sieht ziemlich zerlumpt und auch erschöpft aus. Er schafft es kaum noch, die Riemen zu bewegen. Vielleicht ist er irgendwo geflohen.“

      Ben Brighton zuckte mit den Schultern.

      „Es könnte sich um eine Falle handeln“, brummte er dann. „Es wäre nicht das erste Mal, daß man versucht, sich mit faulen Tricks an uns heranzupirschen.“

      „Da hast du schon recht, Ben“, gab Hasard zurück. „Doch in diesem Fall glaube ich weniger daran. Es ist weder die Küste noch ein fremdes Schiff in Sicht. Wer sollte uns also gesehen haben? Wenn man davon ausgeht, daß der Mann von der Küste bis hierher getrieben wurde, dann muß er seit Stunden unterwegs sein. Am besten, wir holen ihn an Bord, dann werden wir schon erfahren, was ihn zu dieser Bootspartie veranlaßt hat. Er allein kann uns sicherlich nicht gefährlich werden.“

      Ben Brighton nickte.

      Da der Mann im Boot einen völlig erschöpften Eindruck erweckte, ließ Hasard sofort die Segel aufgeien und ein Beiboot abfieren, um ihn an Bord der „Isabella“ zu holen.

      Längst hatte Sobocan von seinem Boot aus die ranke Galeone entdeckt, die hinter der Kimm aufgetaucht war und dann direkt auf ihn zuhielt. Er wußte, daß er einer Begegnung nicht entgehen konnte, gleich, um welche Art von Schiff es sich da handelte.

      Natürlich hatte er sich Von einer tonnenschweren Last befreit gefühlt, als er erkannt hatte, daß es sich bei diesem Schiff nicht um die „El Jawhara“ handelte, die unter dem Kommando Barabins irgendwo vor den Küsten der Türkei unterwegs war.

      Sobocan hatte das Boot zunächst in südliche Richtung gepullt, um die Derwische im ungewissen darüber zu lassen, ob er seine Flucht, sobald er außer Sichtweite war, in westlicher oder östlicher Richtung fortsetzen würde. Es gab nur diese beiden Möglichkeiten, wenn er nicht das ganze Mittelmeer überqueren wollte.

      Zunächst hatte ihn nur ein Wunsch beherrscht und wie ein Besessener in die Riemen greifen lassen, der Wunsch nämlich, die Felsenmoschee der Derwische möglichst rasch und möglichst weit hinter sich zu lassen. Aber er hatte seine Kraftreserven wohl doch etwas überschätzt.

      Die Auspeitschung an Bord der „El Jawhara“, die Gefangenschaft und danach die Flucht aus der alten Seldschuken-Festung hatten ihn viel Kraft gekostet. Schon seit einiger Zeit waren seine Arme vom vielen Pullen kraftloser geworden. Die Muskeln schmerzten und die blutigen Striemen auf seinem Rücken brannten höllisch. Er schaffte kaum noch, die Riemen in gleichmäßigem Rhythmus zu bewegen. Außerdem hatte er seit vielen Stunden nichts gegessen und auch keinen Tropfen Wasser mehr getrunken.

      Sobocan fühlte sich erschöpft und zerschlagen. Mit müden Bewegungen zog er die Riemen ein und legte sie über die Duchten. Dann starrte er mit brennenden Augen dem schlanken Rahsegler entgegen, der mit geblähten Segeln heranrauschte.

      Seine Gefühle waren gemischt, denn er wußte nicht, wen er vor sich hatte. Er würde dem Kapitän dieses Schiffes Rede und Antwort stehen müssen – sofern man ihm überhaupt Beachtung schenkte. Daß er außer dem Dolch im Gürtel unbewaffnet war, hatte in seiner Situation keine Bedeutung, und so blieb ihm nur die Hoffnung, nicht noch übleren Schnapphähnen in die Hände zu fallen, als das im Falle Barabins und seiner Kerle der Fall gewesen wäre.

      Bald beobachtete Sobocan, wie auf der Galeone die Segel aufgegeit wurden und das Schiff an Fahrt verlor. Danach wurde ein Boot ins Wasser gelassen. Drei Männer enterten über die Jakobsleiter herab und bestiegen das Boot. Zwei davon legten sich sofort kräftig in die Riemen.

      Das Boot hielt direkt auf ihn zu, und Sobocan begann mit kraftlosen Armen zu winken. Dann griff er erneut zu den Riemen und begann zu pullen. Er wollte sich nicht untätig aus dem Meer fischen lassen, sondern ebenfalls seinen Teil dazu beitragen, auch wenn es ihn den letzten Rest seiner Kraft kosten würde.

      Nach kurzer Zeit ging das Beiboot der Galeone längsseits und Sobocan blickte den Fremden mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. Die drei Männer musterten ihn jedoch keineswegs feindselig, sondern bedachten ihn mit einem wohlwollenden Grinsen.

      Es handelte sich um einen bulligen Typ, dessen Gesicht mit vielen Narben übersät war und dessen Kinn einem Amboß glich. Er war der Bootsführer. Die beiden anderen, die das Boot gepullt hatten, glichen sich wie Tag und Nacht. Der eine war groß, schlank, blond und hatte helle Augen. Der andere war schwarz von Kopf bis Fuß – ein wahrer Herkules von einem Neger. Er hatte ein knochiges Gesicht, kurzes Kraushaar und eine kleine, gerade Nase.

      Noch wußte Sobocan zu diesem Zeitpunkt nicht, daß es sich um Ed Carberry, den Profos der „Isabella“, um Stenmark, den Schweden, und um Batuti, einen Neger aus dem Stamme der Mandingo, handelte.

      Aber Namen waren ihm im Moment erst in zweiter Linie wichtig. Ihn interessierte vielmehr, an welche Leute er geraten war, und noch nachträglich lief ihm ein Schauer über


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