Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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Ihnen bei diesem Vorhaben behilflich zu sein. Auf diese Weise könnte ich einen kleinen Teil meiner Schuld bei Ihnen abtragen. Bevor Sie mich irgendwo an der Küste absetzen, könnte ich Sie zu der Felsenmoschee der Derwische bringen. Ich weiß, wo die Beute versteckt ist. Außerdem ist Barabin auf See, und mit den Derwischen dürften es Ihre Männer wohl aufnehmen, wenn die Kerle auch in der Überzahl sind.“

      „Du würdest uns tatsächlich dabei helfen?“ fragte der Seewolf.

      „Natürlich, Señor. Ich würde Barabin und diesem Ibrahim Salih die Niederlage gönnen. Die beiden haben schon genug Unheil angerichtet, an ihren Händen klebt sehr viel Blut. Außerdem, Señor …“

      „Außerdem?“ fragte der Seewolf.

      „Nun – ich – ich würde auch gern Slobodanka, das Mädchen, das ich liebe, noch einmal sprechen.“

      „Nun, wir werden sehen.“ Hasard lächelte. „Wir nehmen dein Angebot an. Aber zunächst mußt du wieder Kräfte sammeln, der Kutscher wird dich versorgen. Auch Slobodanka wirst du besser gefallen, wenn du wieder der alte bist“, setzte er hinzu.

      Während der Kutscher den jungen Türken in seine Obhut übernahm, diskutierten die übrigen Seewölfe eifrig ihr Vorhaben.

      „Endlich ist mal wieder etwas los“, erklärte Luke Morgan, ein drahtiger Bursche mit einer Messernarbe über der Stirn. „Der Tag hat ja langweilig genug begonnen.“

      Noch ahnten die Seewölfe nicht, daß sich ihrem Vorhaben gewaltige Hindernisse in den Weg stellen würden. Noch unterschätzten sie die tödlichen Gefahren, die von Barabin, dem Seeräuber, und den Derwischen ausgingen.

      4.

      Ibrahim Salih bebte vor Wut.

      „Bringt den Kerl her!“ schrie er. „Und wehe ihm, wenn er geschlafen hat!“ Seine dunklen, stechenden Augen funkelten vor Zorn, die Züge um seinen schmalen, zusammengekniffenen Mund waren noch härter geworden. Nichts an ihm erinnerte in diesem Augenblick an das Oberhaupt, den Scheich einer mystischen Bruderschaft, deren Bestreben die innere Begegnung mit Allah ist. Er glich eher einer gereizten Raubkatze, die jederzeit bereit war, die tödlichen Pranken in ihr Opfer zu schlagen.

      Während die Männer auseinanderstoben, um Belaj, den überrumpelten Wächter, zu holen, ging Ibrahim Salih mit langen Schritten im Innenhof der Felsenmoschee auf und ab. Mit ohnmächtiger Wut hatte er unten am Strand festgestellt, daß Sobocan ihn und seine Männer wie blutige Anfänger aufs Kreuz gelegt hatte. Der Hund hatte ganz einfach die Riemen sämtlicher Boote mitgehenlassen und ihnen somit die Möglichkeit genommen, ihn aufs Meer hinaus zu verfolgen.

      Längst hatte Ibrahim Salih erraten, was Sobocan beabsichtigte. War er erst außer Sichtweite, würde er seine Flucht in westlicher oder östlicher Richtung fortsetzen und später irgendwo an Land gehen. Und genau das mußte er vereiteln. Seine Leute waren bereits in beiden Richtungen unterwegs, um die Küste zu überwachen, und – bei Allah! – der Bursche würde ihm nicht entgehen. Er, Ibrahim Salih, würde sein gutes Verhältnis zu Barabin nicht durch diesen Verräter aufs Spiel setzen. Er mußte ihn ganz einfach zur Strecke bringen.

      Zunächst galt jedoch Salihs Zorn Belaj, der als Wachtposten vor das Verlies abkommandiert worden war. Der Kerl hatte sich übertölpeln lassen, denn das Gewölbe galt als ausbruchssicher. Bisher war es jedenfalls noch niemandem gelungen, aus eigener Kraft dort auszubrechen.

      Das Oberhaupt der Derwische stoppte seine Schritte, als zwei seiner Männer mit einer zerknirschten Gestalt in ihrer Mitte den Innenhof betraten.

      „Was war mit ihm?“ herrschte Ibrahim Salih seine Leute an. „Hat er immer noch geschlafen?“

      „Er befand sich im Verlies“, erwiderte Osman, einer der beiden Derwische, die Belaj herbeigeholt hatten. „Und der Riegel war vorgeschoben“, setzte er dann noch mit betretener Stimme hinzu.

      Salih fuhr herum, seine stechenden Augen hefteten sich mit einem wütenden Funkeln auf Belaj.

      „Man hat dich eingesperrt?“ brüllte er. „Eingesperrt wie einen Hund? Beim Teufel, sag mir sofort, wie das geschehen ist!“

      Belaj stand mit gesenktem Kopf da.

      „Ich – ich habe nicht geschlafen“, stotterte er, „aber der Hund hat eine List angewandt …“

      „Ach – eine List!“ unterbrach Ibrahim Salih, und sein Gesicht verzog sich zu einer wütenden Grimasse. „Er war eingeschlossen und dazu noch an Händen und Füßen gefesselt. Und du hattest die Aufgabe, die verriegelte Tür zu bewachen. Es muß schon mit sehr merkwürdigen Dingen zugehen, wenn es einem Gefangenen bei solchen Sicherheitsvorkehrungen gelingt, zu entfliehen!“

      „Aber – er muß es irgendwie geschafft haben, seine Fesseln loszuwerden“, verteidigte sich Belaj. „Die Stricke liegen jetzt noch im Verlies. Er muß sie an einer Steinkante durchgescheuert haben.“

      „Nun gut“, zischte Salih, „da hat er sie eben durchgescheuert. Aber die schwere Tür war immer noch verriegelt. Oder ist dieser Sobocan vielleicht ein Geist, der durch verschlossene Türen und dicke Mauern gehen kann? Los, sag schon was, du Unglückseliger!“

      Belaj zog unwillkürlich den Kopf etwas weiter zwischen die Schultern.

      „Er hat ständig gegen die Tür geklopft“, rechtfertigte er sich. „Da habe ich beschlossen, ihn zur Ruhe zu bringen. Ich dachte, er hätte sich bis an die Tür geschleppt, um Krach zu schlagen. Daß er sich von seinen Fessein befreit hatte, konnte ich nicht wissen. Ich habe jedenfalls die Tür geöffnet und in den Raum geleuchtet – da griff er mich sofort an. Ich konnte mich zwar noch kurz wehren, aber dann erwischte er mich mit einem großen Steinbrocken am Kopf …“

      „Den Rest kennen wir“, schloß Ibrahim Salih sein Verhör, „aber glaube ja nicht, du Dummkopf, daß das ungestraft bleibt. Warum hast du diese Ratte nicht einfach klopfen lassen? Dabei wäre er ganz bestimmt nicht entwischt. Aber wahrscheinlich hast du geschlafen, und das Klopfen hat dich in deiner unerlaubten Nachtruhe gestört. Ja, so wird es gewesen sein! Und damit du lernst, die Aufgaben, die man dir überträgt, gewissenhaft auszuführen, wirst du sofort bestraft werden.“

      Belaj blickte seinen Scheich entsetzt an, als der mit einem kalten Grinsen in seinem hageren Gesicht fortfuhr: „Da du ein Mitglied unserer Bruderschaft bist, werden wir natürlich Milde walten lassen und dich lediglich mit zwölf Peitschenhieben an deine Pflichten erinnern.“

      Belaj wurde bleich im Gesicht.

      „Bei Allah und seinem Propheten“, stammelte er, „diese Strafe ist zu hart. Ich kann doch nichts dafür, daß der Hund geflohen ist. Habt Erbarmen mit mir, bitte, ich – ich …“

      Winselnd ließ sich der Derwisch auf den Boden sinken und versuchte die Knie Salihs zu umfassen. Doch dieser stieß ihn brutal zurück.

      „Faß mich nicht an!“ schrie er. „Deine Hände sind beschmutzt. Möge dich Allah zuerst reinigen von deinen Verfehlungen. Holt die Peitsche!“

      Das Jammern Belajs stieß auf taube Ohren. Erbarmungslos wurden ihm die Kleider vom Leib gerissen, dann band man ihn mit den Handgelenken an zwei Eisenringen fest, die ins Mauerwerk eingelassen waren. Wenige Augenblicke später begann bereits Naci, der kleine, rundliche Bursche, kraftvoll die Peitsche zu schwingen. Und offensichtlich verstand er es, damit ebensogut umzugehen wie mit dem Koran.

      Die Schmerzensschreie Belajs hallten über den Innenhof der Moschee, und auf seinem nackten Rükken reihten sich die Striemen aneinander. Bereits nach dem achten Hieb sank er in sich zusammen, sein Schreien ging in ein leises Wimmern über.

      Trotzdem hatte niemand Mitleid mit ihm. Die Gesichter der Derwische, die einen Halbkreis gebildet hatten, glichen Masken aus kaltem Stein.

      Philip und Hasard, die Zwillingssöhne des Seewolfs, bereitete es riesigen Spaß, ihre türkischen Sprachkenntnisse wieder einmal auszuprobieren. Sie hatten nichts von dem verlernt, was sie bei den Gauklern, mit denen sie einst durch die Lande gezogen


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