Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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      Sobocan nickte. „Es sind Mewlewija-Derwische. Sie tanzen, heulen und veranstalten viel Geschrei, wenn sie zu Allah beten. Und manchmal stechen sie sich auch mit Dolchen und Säbeln ins Fleisch oder ritzen sich die Haut.“

      „Und für was soll das gut sein?“ fragte Philip junior neugierig. „Ich meine, das ist doch nicht gerade angenehm?“

      Sobocan zuckte mit den Schultern.

      „Viele Derwische tun das“, sagte er und stützte sich auf das Backbordschanzkleid, „wahrscheinlich, weil sie denken, daß es Allah so gefällt. Viele andere Gläubige haben kein Verständnis dafür. Deshalb leben die Derwische meistens allein als geheime Bruderschaften. Auch Ibrahim Salih und seine Leute hausen in einer alten Ruine, die sie in eine Moschee umgewandelt haben.“

      „Sind das jene Derwische mit den hohen Hüten?“ fragte nun wieder Hasard.

      „Ja, die sind es. Sie tragen lange, helle Gewänder, die von einem Gürtel zusammengehalten werden, und dazu die hohen, spitzen Hüte. Aber meist tragen sie diese Sachen nur, wenn sie tanzen oder beten.“

      „Sie sind wohl recht gefährlich, was?“ setzte der Junge seine Befragung fort.

      Sobocan nickte.

      „Ibrahim Salih und seine Meute ganz bestimmt“, sagte er. „Natürlich gibt es auch Derwische, die als Bettelmönche durch das Land ziehen und von den Almosen der Gläubigen leben. Salih und seiner Bande jedoch sollte man besser aus dem Weg gehen. Sie hassen besonders die Giaurs, die Ungläubigen.“

      Der Seewolf war inzwischen hinzugetreten, hatte aber von der Unterhaltung, die in türkischer Sprache geführt wurde, nichts verstanden. Er registrierte lediglich, daß seine Sprößlinge wohl noch nichts verlernt hatten.

      „Am Golf von Antalya sind wir jetzt vorbei“, sagte er zu Sobocan gewandt. „Gemäß deinen Angaben müßten wir nunmehr nach Backbord abfallen und direkt die Küste anlaufen.“

      „Genauso ist es, Señor“, sagte Sobocan. „Ich kenne eine stille Bucht. Wenn wir dort einlaufen, haben wir zwar bis zur Felsenmoschee einen weiteren Fußweg, aber Salihs Wächter, die an der Küste stationiert sind, können uns nicht sehen. Wenn wir direkt die Küste vor der alten Festung anlaufen, werden wir gesehen, sobald auch nur eine Mastspitze über der Kimm erscheint.“

      „Gut, Sobocan“, antwortete der Seewolf, „dann werden wir uns in die von dir genannte Bucht verholen und lieber einen längeren Fußmarsch in Kauf nehmen. Es ist besser für unser Vorhaben, wenn man uns nicht gleich sieht. Können wir es bis zur Zeit des Nachmittagsgebets schaffen?“

      „Es müßte klappen“, erwiderte Sobocan mit einem Blick auf den Stand der Sonne. Augenblicke später ging er zusammen mit dem Seewolf zum Ruderhaus, um Pete Ballie, den Rudergänger, zu der kleinen, verschwiegenen Bucht zu lotsen.

      Die „Isabella“ fiel hart nach Backbord ab und segelte mit schwachem Wind auf die türkische Südküste zu. Ungehindert gelang es ihr, die kleine Bucht, von der Sobocan gesprochen hatte, anzulaufen und dort vor Anker zu gehen.

      Dem Seewolf und seiner Crew bot sich ein respekteinflößender, aber auch malerischer Anblick. So weit das Auge reichte, ragten bizarre Felsblöcke in den Himmel. Es hatte den Anschein, als sei hier die Welt zu Ende.

      Doch die Seewölfe hielten sich nicht lange mit der Bewunderung der zerklüfteten Landschaft auf. Philip Hasard Killigrew las in den Augen seiner Männer vielmehr eine stumme, unausgesprochene Frage.

      Wer würde dabeisein, wenn es galt, diesen Derwischen die Beute, die sie für Barabin versteckt hatten, abzujagen? Jeder hoffte natürlich, mit an Land gehen zu können, obwohl sich auch alle im klaren darüber waren, daß man ein Schiff wie die „Isabella“ nicht allein in dieser einsamen Bucht zurücklassen konnte.

      Vor allem die Zwillinge arbeiteten sich so rasch wie nur möglich an ihren Vater heran.

      „Dad?“ fragte Philip junior mit einem treuherzigen Gesicht. Dann knickte er den rechten Arm ein und ballte die Hand zur Faust. Auf seinem braungebrannten Arm traten die kindlichen Muskeln hervor. „Nur damit du siehst, daß da auch schon was vorhanden ist, klar?“

      Der Seewolf grinste. Er kannte seine Pappenheimer und wußte nur zu genau, was diese Kraftdemonstration zu bedeuten hatte.

      „Phantastisch!“ stellte er fest. „Die Derwische werden wahrscheinlich sofort die Flucht ergreifen, wenn sie so viele Muskeln auf einmal sehen. Aber ihr beiden müßt bedenken, daß bei unserem Vorhaben nicht nur körperliche Kraft gefragt ist. Da wird es hart auf hart gehen, und gefährliche Situationen werden nicht ausbleiben. Auch ihr werdet natürlich gebraucht, aber nicht an Land, sondern an Bord der ‚Isabella‘. Es wird eure Aufgabe sein, Ben Brighton, der mich hier vertreten wird, zu unterstützen, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die ‚Isabella‘ angegriffen wird. Stellt euch vor, dieser Barabin taucht plötzlich mit seinem Seeräuberschiff hier auf. Der Kerl ist eine Hyäne! Da werden hier an Bord echte Männer gebraucht.“

      Zunächst wurden die Gesichter lang, doch dann schien die Vernunft zu siegen.

      „Klar“, sagte Hasard junior, „wenn wir die ‚Isabella‘ verlieren würden, müßten wir als Landratten unser Dasein fristen, und das wäre ganz bestimmt nichts für alte Seebären wie uns, was, Bruderherz?“

      „Nee, bestimmt nicht“, erwiderte Philip junior und schüttelte sich. „Da bleiben wir lieber an Bord und klopfen jedem auf die Pfoten, der sich an unserer alten Lady vergreifen will.“

      Der Seewolf schmunzelte, als er sich von seinen Sprößlingen abwandte. Aber er wußte auch, daß man sich bereits auf sie verlassen konnte.

      Und er hatte nicht einmal übertrieben. Es lag durchaus im Bereich des Möglichen, daß dieser Barabin in der Nähe aufkreuzte. Die „Isabella“ mußte deshalb einigermaßen gefechtsbereit bleiben. Es würde deshalb nur einem Teil der Crew möglich sein, an dem Landunternehmen teilzunehmen.

      „Wir werden mit zwei Booten an Land pullen“, sagte Hasard, der die erwartungsvollen Gesichter seiner Männer sehr wohl bemerkt hatte. „Sobocan wird uns begleiten, um uns den Weg zu der Felsenmoschee zu zeigen.“ Dann nannte er die Namen jener Männer, die mit ihm an Land gehen sollten.

      Es handelte sich um Edwin Carberry, Ferris Tucker, Batuti, Stenmark, Dan O’Flynn, Al Conroy, Luke Morgan und Matt Davies. Die übrigen Crew-Mitglieder wurden an Bord gebraucht, um die „Isabella“ notfalls gegen Angreifer verteidigen zu können.

      Nachdem Al Conroy, der Waffen- und Stückmeister, Pistolen, Musketen, Entermesser, Säbel und Flaschenbomben auf die Kuhl geschleppt hatte, legte der Seewolf die Strategie fest.

      Die Männer sollten zunächst gemeinsam losziehen, sich dann aber im letzten Augenblick teilen, um das Gebäude in die Zange zu nehmen. Der Seewolf hoffte, die Derwische während des Nachmittagsgebets überraschen zu können. Das würde es ihnen ermöglichen, ohne Blutvergießen an die Beute zu gelangen.

      Edwin Carberry rieb sich bereits erwartungsvoll die Pranken, als er den schwerbewaffneten Trupp vor sich sah.

      „Ha!“ rief er. „Da wollen wir mal mit den Derwischen den Boden aufwischen, was, wie? Wenn die Kerle das Zeug nicht freiwillig herausrükken, werde ich jedem einzelnen von ihnen höchstpersönlich die Haut in ganz schmale Streifen …“

      „Das wirst du schön bleiben lassen“, unterbrach ihn der alte O’Flynn, der zur Bordwache gehörte. „Denk daran, daß die Burschen lange Röcke anhaben. Da bist du noch ziemlich weit von den edlen Körperteilen entfernt, ha!“

      „Du alter Holzwurm kannst ja mit anpacken und die langen Röcke hochhalten“, knurrte der Profos, „dann bin ich gleich dran.“

      Als Augenblicke später die beiden Boote von der „Isabella“ abstießen, ahnten die Seewölfe nicht, daß ihre Ankunft im sogenannten „Rauhen Kilikien“ längst bemerkt worden war.

      „Lauter ungläubige Hunde“, stieß Abdullah hervor und reichte Suleyman, seinem Begleiter,


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