Seewölfe Paket 13. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.spritzten die Männer auseinander, und das keine Sekunde zu spät. Die großen, tonnenschweren Felsbrocken schlugen mit ungeheurer Wucht dort auf, wo sie gerade noch gestanden hatten. Die Erde erbebte durch den harten Aufprall, unmittelbar danach flogen den Seewölfen ganze Wolken von Steinen und Geröll um die Ohren. Nur mühsam gelang es ihnen, sich unter einige Felsvorsprünge zu ducken.
Lediglich das laute Fluchen des Profoses übertönte das Inferno.
„Was sind wir doch für Arschgeigen!“ polterte er. „Tappen wie eine Schar unschuldiger Jungfrauen in einen Hinterhalt. Aber wartet nur, wenn mir auch nur eine einzige dieser dreimal verdammten Bilgenläuse zwischen die Finger gerät, dann …“
Weiter gelangte Edwin Carberry mit seinen unfrommen Vorsätzen nicht, denn plötzlich begann es aus den umliegenden Felswänden Feuer und Eisen zu spucken. Pistolen- und Musketenschüsse krachten, überall tauchten plötzlich Gestalten auf, die in lange, helle Gewänder gekleidet waren.
Als dann noch ein schriller, langgezogener Kampfruf die Luft zerschnitt, hielt auch die Seewölfe nichts mehr zurück.
„Bleibt in Deckung und feuert zurück!“ brüllte der Seewolf, und augenblicklich begannen ihre Schußwaffen in Aktion zu treten.
Nachdem die Männer ihre Musketen leergeschossen hatten, griffen sie zu den Pistolen. Mindestens zwei von ihnen hatten bereits einen Treffer erzielt. Hasard war es gelungen, einen Derwisch aus der Felswand zu holen, der gerade einen weiteren Felsbrocken loshebeln wollte. Stenmark, der Schwede, hatte seine Pistole genau in diesem Moment abgedrückt, in dem einer der Derwische hinter einem Felsblock hervorgehuscht war, um sich näher an die Seewölfe heranzupirschen.
Auch Sobocan setzte die Pistole ein, die ihm der Seewolf gegeben hatte. Er wußte nur zu gut, was es für ihn bedeuten würde, wenn er Ibrahim Salih und seiner Meute noch einmal in die Hände fiel. Ohne zu zögern, zog er den Hahn durch, und eine weitere Gestalt riß mit einem schrillen Schrei die Arme nach oben und stürzte dann, sich überschlagend, den Steilhang in Richtung Talkessel hinunter.
Die übrigen Derwische hielten sich jedoch, so gut es ging, in Deckung. Irgend jemand schrie immer wieder Befehle in einer fremden Sprache, die jedes Mal mit lautem Wutgeschrei beantwortet wurden. Dabei schossen die Burschen aus allen Rohren. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die letzte Schußwaffe leergefeuert war. Kaum jemand blieb die Zeit zum Nachladen.
Auch die Seewölfe hielten ihre Pistolen und Musketen, so gut es ging, einsatzbereit, um die Derwische in Deckung zu zwingen. Wäre das nicht mehr möglich, würde augenblicklich die Übermacht der Fanatiker über sie hereinbrechen.
Natürlich war sich Hasard längst darüber klar, daß ihre Ankunft von den Derwischen bemerkt worden war.
Auch der Gebetsruf des Muezzins war nur ein Trick gewesen, der die Seewölfe in Sicherheit wiegen sollte. In Wirklichkeit hatten Ibrahim Salih und seine Anhänger längst ihre Posten bezogen, als die Männer von der „Isabella“ am Rande des Talkessels aufgetaucht waren.
Der Kampf ging weiter.
Seitwärts von einem Felsblock, hinter dem erst vor einigen Sekunden ein bärtiger Bursche in Deckung gegangen war, blitzte es auf, und Edwin Carberry spürte, wie ihm die Kugel den Hemdsärmel am linken Oberarm in Fetzen riß.
„Du heimtückischer Läuseknakker!“ schimpfte er lauthals, aber er schoß nicht spontan zurück, sondern wartete, bis sich der Kerl ein Stück aus seiner Deckung hervorwagte. Erst dann krachte die Pistole in seiner Hand, und ein Aufschrei bewies ihm, daß er getroffen hatte.
Auch Hasard spürte den Luftzug einer Pistolenkugel, die haarscharf an seinem Kopf vorbeistrich. Er antwortete mit dem Radschloß-Drehling.
Dennoch krachten die Schüsse spärlicher als noch vor wenigen Minuten, und wer es ermöglichen konnte, beschäftigte sich mit dem Nachladen seiner Pistole oder Muskete.
Aber genau das schienen die Derwische vereiteln zu wollen. Ein lauter Schrei ließ plötzlich eine ganze Schar von gespenstisch aussehenden Gestalten hinter Felsen und Büschen auftauchen. Blanke Krummsäbel blitzten im grellen Licht der Sonne, ein ohrenbetäubendes Wutgeheul sollte den Gegner offenbar einschüchtern.
Der Seewolf wußte, daß sich ein Nahkampf gegen die Übermacht der Derwische nicht mehr länger vermeiden ließ.
„Arwenack!“ brüllte er mit lauter Stimme und zog seinen Degen aus dem Gürtel.
Ein vielstimmiges: „Ar-we-nack! Ar-we-nack!“ bildete das Echo seines Kampfrufes. Von da an dauerte es nur noch Sekunden, bis die beiden Fronten hart aufeinanderprallten.
Während der Seewolf seinen Degen schwang und Ferris Tucker, der rothaarige Riese, seine mächtige Zimmermannsaxt kreisen ließ, warfen sich auch die übrigen Männer, einschließlich Sobocans, mit Säbeln und Entermessern bewaffnet den Derwischen entgegen.
Ein wilder Kampf begann. Das Metall der Waffen klirrte mit häßlichem Geräusch gegeneinander. Nicht nur die Seewölfe verstanden es, mit ihren Waffen umzugehen, auch die Derwische, die sich mit einem fanatischen Eifer in den Kampf stürzten, beherrschten meisterhaft ihre gefährlichen Krummsäbel. So sahen sich Philip Hasard Killigrew und seine Männer im Nu von einer beträchtlichen Anzahl von Gegnern umringt.
An Edwin Carberry, dem Profos der „Isabella“, hing eine ganze Traube von Derwischen. Sie hatten ihn bereits so weit zurückgedrängt, daß sein breiter Rücken eine Felswand berührte. Das war ihm nur recht.
Der Profos stützte sich ab, winkelte das rechte Bein an und stieß mit der Wucht einer Schleudervorrichtung zu. Im nächsten Augenblick wirbelte eine ganze Schar von Leibern durch die Gegend. Einige prallten mit den Köpfen gegen die umherliegenden Felsen, andere wurden über den oberen Rand des Steilhangs hinausgeschleudert und rutschten laut schreiend und fluchend den geröllhaltigen Abhang hinunter.
„Kommt nur wieder her, ihr Rübenschweine!“ brüllte Edwin Carberry, während er zwei weitere Kerle mit den Köpfen zusammenkrachen ließ, daß es eine Art hatte. „Wen soll ich noch am Achtersteven kitzeln? Tanzt nur an, ihr verlausten Ziegenböcke! Ihr braucht euch nur zu bücken. Alles weitere besorgt der alte Carberry.“
Im nächsten Moment parierte er geschickt einen Säbelhieb mit seinem Degen, und bevor der Angreifer erneut zuschlagen konnte, wurde ihm der Krummsäbel aus der Hand geschmettert. Danach drehten ihn zwei mächtige Pranken um die eigene Achse und sein edelster Körperteil schloß auf eine höchst direkte Weise Bekanntschaft mit der Stiefelspitze Carberrys.
Der Derwisch flog mit weit ausgebreiteten Armen durch die Gegend und landete direkt auf dem Rücken eines Glaubensbruders, der sich gerade nach seinem Dolch bücken wollte, den ihm ein Schlag Dan O’Flynns aus der Hand gefegt hatte.
Auch die anderen Seewölfe hatten mit einer Übermacht an Derwischen zu kämpfen. Bei Hasard hatten sich bereits einige blutige Köpfe geholt, und dank der gefürchteten Zimmermannsaxt Ferris Tuckers blühte bereits auf so manchem Schädel eine prächtige Beule.
Dem Eisenhaken, der die rechte Hand Matt Davies’ ersetzte, begannen Salihs Männer bereits aus dem Weg zu gehen, aber nur, um zwischen die mächtigen Fäuste Batutis zu geraten, der gleich seinen Kameraden dafür sorgte, daß die Zahl der passiven Derwische jene der aktiven längst übertraf.
Auch jetzt rollte Batuti wieder wild mit den Augen, während er einen Angreifer an seinem langen Gewand packte. Bevor der Kerl begriff, was ihm geschah, traf ihn die Faust des Gambia-Negers wie ein Vorschlaghammer und schleuderte ihn direkt vor die Füße Edwin Carberrys.
„Paß doch auf, Batuti!“ röhrte der Profos. „Und schmeiß mir nicht ständig Dreck vor die Füße!“ Gleich darauf wurde dem Derwisch klar, wie sehr er die Hilfe Allahs in diesem Augenblick nötig gehabt hätte.
Auch Luke Morgan und Al Conroy kämpften verbissen und zeigten den fanatischen Sektierern, daß man sich – auch wenn man bei Allah gut angeschrieben war – an „ungläubigen Hunden“ durchaus die Zähne ausbeißen konnte.
„Den hatte ich doch schon einmal!“ rief Luke Morgan zu