Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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bis an jene niedrige Mauer, die sich vom Innenhof aus zu einem Seitenflügel der Ruine hinüberzog. Über sie war Sobocan bereits geklettert, als er aus seinem Gefängnis geflohen war.

      Sobocan legte einen Finger auf die Lippen.

      „Von jetzt an dürfen wir nur noch flüstern“, sagte er. „Es ist anzunehmen, daß sich einige Wachen im Innenhof befinden. Aus diesem Grund hat man auch die Fackeln brennen lassen.“

      „Also werden wir uns zunächst auf die Kerle im Hof konzentrieren“, sagte Dan O’Flynn, und in seinen Augen blitzte es unternehmungslustig. „Wenn sich allerdings noch Wächter vor dem Verlies befinden, müssen wir vorsichtig sein, damit sie uns nicht zu früh bemerken.“

      Flach drückten die drei Männer ihre Körper gegen die Mauer. Aus dem Innenhof konnte man bereits gedämpfte Stimmen hören. Die Burschen schienen sich am warmen Feuer niedergelassen zu haben.

      „Batuti wird einen Blick über Mauer werfen“, flüsterte der schwarze Mann aus Gambia. „Kopf ist schwarz wie Nacht. Niemand wird Batuti sehen.“

      Die beiden anderen nickten.

      Sofort bildeten sie mit ihren Händen eine Art Steigbügel und ermöglichten es damit Batuti, ohne zeitraubende Klimmzüge einen Blick über die Mauer zu werfen.

      Am oberen Rand angelangt, schob der schwarze Herkules vorsichtig den Kopf über den Sims. Ein kurzer Augenblick genügte ihm, um die Lage zu orten. Rasch ließ er sich wieder hinunter.

      „Was ist?“ zischte Dan O’Flynn.

      „Es sind zwei Männer“, berichtete Batuti mit leiser Stimme. „Sie haben langes Rock an und spitzes Hut auf dem Kopf. Sie sitzen an Feuer und sprechen. Und beide haben uns Rükken zugewandt.“

      „Das hört sich gut an“, raunte Dan O’Flynn. „Batuti, wir beide werden sie übernehmen. Sobocan wird uns mit seiner Pistole Rückendeckung geben. Er ist der einzige, der noch eine Schußwaffe hat. Wir beide sind auf unsere Messer angewiesen, auf die wir im Notfall zurückgreifen müssen. Sollte etwas schiefgehen, kann Sobocan eingreifen. Wenn es klappt, soll er uns folgen, denn er wird das Verlies rascher finden als wir.“

      „Alles klar, Batuti ist bereit!“ flüsterte der schwarze Riese. Das Weiß seiner Augen hob sich als einziges aus seinem dunklen Gesicht ab.

      „Ich werde euch über die Mauer helfen“, sagte Sobocan, „dann steige ich selber hoch. Im Hof befinden sich einige Büsche und Sträucher. Nutzt ihre Deckung aus!“

      Gleich darauf kletterten Batuti und Dan O’Flynn flink wie Katzen über den Mauersims. Rasch ließen sie sich auf der anderen Seite hinuntergleiten und verschwanden augenblicklich im Schutz einiger Büsche, die jetzt in den Wintermonaten fast völlig blattlos geworden waren.

      Drüben am Feuer blieb alles still. Die Flammen waren kleiner geworden, aber die Fackeln, die in den eisernen Halteringen steckten, tauchten die nähere Umgebung in unruhiges Licht.

      Die beiden Männer redeten und gestikulierten. Die Seewölfe verstanden kein Wort, ganz abgesehen davon, daß sie am Inhalt des Gespräches kaum interessiert waren.

      Stumm nickte Dan Batuti zu und sofort setzten sich beide in Bewegung. Vorsichtig wie Schlangen, kein Geräusch hinterlassend, huschten sie auf die beiden Derwische zu. Ihre Augen waren voll auf die beiden Gestalten ausgerichtet.

      Sie waren höchstens noch drei Yards von der Feuerstelle entfernt – da knackte es laut unter Dans Füßen. Er mußte im Halbdunkel auf einen dürren Ast getreten sein.

      Wie auf Kommando fuhren die beiden Derwische herum. Das dumpfe Dröhnen von Schüssen, das vor einiger Zeit schwach aus der Ferne zu hören gewesen war, hatte sie nicht erschreckt. Sie wußten, was es zu bedeuten hatte. Jetzt aber stand in ihren Augen das blanke Entsetzen.

      Aber nur noch einem von ihnen gelang es, einen überraschten Laut auszustoßen. Mit gewaltigen Sätzen waren Batuti und Dan heran, dann schlugen ihre Fäuste erbarmungslos zu.

      Dunkelheit und Stille überlagerten die Bucht, in der die „Isabella VIII.“ ankerte. Die gewaltigen Felswände, die stellenweise steil aus dem Wasser ragten, warfen ihre Schatten über die Bucht und ließen die Wasseroberfläche schwarz erscheinen.

      Die Galeone der Seewölfe bewegte sich leise knarrend und ächzend hin und her. Da man sämtliche Lichter, einschließlich der Hecklaterne, gelöscht hatte, waren nur ihre mächtigen Umrisse zu erkennen. Die „Isabella“ glich in dieser Nacht einem Geisterschiff, das geheimnisvolle Kräfte in jene abgelegene, verschwiegene Bucht getrieben hatten.

      Doch der äußere Schein trog. An Bord des Schiffes herrschte Unruhe. Die meisten Männer, die nicht mit Philip Hasard Killigrew an Land gegangen waren, hielten sich an Deck auf. Lediglich die Zwillinge waren von Ben Brighton, dem Ersten Offizier und Stellvertreter des Seewolfs, in ihre Kojen beordert worden.

      „Irgend etwas ist schiefgegangen“, sagte Ben Brighton. Die Hände des sonst so ruhigen und besonnenen Mannes umkrampften mit leichter Nervosität den Ledergürtel, der sich um seine Hüften spannte. „Das vereinbarte Zeichen ist ausgeblieben, außerdem sind bereits am Nachmittag Schüsse gefallen.“

      Old Donegal Daniel O’Flynn, sein Gesprächspartner, räusperte sich. Sein verwittertes Gesicht wirkte nachdenklich.

      „Nun“, meinte er, „daß es nicht ganz ohne Kampf abgehen wird, war ja eigentlich zu erwarten. Aber daß das vereinbarte Zeichen ausgeblieben ist, bereitet mir langsam Kopfschmerzen. Ganz davon abgesehen, daß unsere Leute längst zurück sein müßten.“

      „Das ist es ja“, sagte Ben Brighton. „Es war schließlich nicht geplant, daß sie in dieser mysteriösen Festung übernachten sollten. Wenn sie jetzt trotzdem nichts von sich hören oder sehen lassen, dann kann das eigentlich nur bedeuten, daß ihnen etwas zugestoßen ist.“

      Old O’Flynn nickte mit grimmigem Gesicht.

      „Verdammt!“ stieß er hervor. „Mich kneift’s in meinem Holzbein, wenn ich auch nur daran denke. Vielleicht ist die ‚Isabella‘ doch gesehen worden, und Hasard ist mit seinen Leuten geradewegs in einen Hinterhalt getappt.“

      „Wir können das nicht ausschließen“, erwiderte Ben Brighton. „Sollte dies tatsächlich der Fall sein, dann ist auch die ‚Isabella‘ in Gefahr. Wir sind gefechtsklar, haben alle Lichter gelöscht und Bill in den Großmars geschickt. Aber das hilft Hasard nicht. Ich bin der Meinung, daß wir wenigstens im ersten Morgengrauen einige Männer losschicken sollten, gewissermaßen als Spähtrupp. Jetzt in der Nacht hätten sie wahrscheinlich keine Chance, die Felsenmoschee zu finden.“

      „Der Gedanke ist nicht schlecht“, sagte der alte O’Flynn. „Sobald der Tag anbricht, sollten wir einen Trupp zusammenstellen. Notfalls werden wir hier auch mit wenigen Männern jedem auf die Finger klopfen, der an unsere Lady heranwill.“

      „Nun gut, Old Donegal!“ Ben Brighton wandte sich dem Steuerbordniedergang zur Kuhl zu. „Ich werde die Männer bestimmen, die im ersten Morgengrauen aufbrechen. Es wird gut sein, wenn sie sich vorher noch ein wenig aufs Ohr legen, denn …“

      Weiter gelangte der dunkelblonde, untersetzte Mann nicht. Die helle Stimme Bills, der im Ausguck saß, zerschnitt plötzlich die Stille der Nacht.

      „Deck! Drei Boote an Steuerbord. Sie sind fast heran! Verdammt, warum ist es heute auch nur so dunkel!“

      Bill, der Moses, schien sich Vorwürfe zu bereiten, weil er die Boote nicht früher gesehen hatte. Aber auch ein anderer hätte sie wahrscheinlich nicht früher wahrgenommen. Urplötzlich waren sie in seinem Gesichtsfeld aufgetaucht, als habe sie die Hölle ausgespuckt. Sie mußten sich im Schatten der riesigen Felsen bis in die unmittelbare Nähe der „Isabella“ herangearbeitet haben.

      Auch Ben Brighton, der gerade zur Kuhl abentern wollte, sah jetzt die Boote. Und er reagierte schnell.

      „Smoky und Old Donegal an die Drehbässen!“ rief er. „Bob und Big Old Shane, ihr kümmert euch um einige Flaschenbomben. Der Rest an die Musketen!“

      „Aye,


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