Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


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brach zwischen zwei anderen Spanien durch zum Achterdeck.

      Jetzt hatten sie das Achterdeck zu viert besetzt.

      Hasard lauerte neben dem Niedergang zur Kammer des Capitans. Zehn, fünfzehn Sekunden verstrichen. Und dann schoß ein schmales, kleines Männchen mit einem blitzenden Degen wie ein Kobold aus dem Niedergang und stürzte sich verwegen in Richtung des Kuhldecks.

      Hasard fing das Männchen gerade noch mit einem Fußhaken ab. Das Männchen prallte auf die Decksplanken, schlitterte bis zur Vorkante des Achterdecks, schnellte hoch, wirbelte herum und griff wie eine züngelnde Natter an.

      Hasard blieb fast die Luft weg. Dieses Männchen führte eine Klinge, die selbst dem Fechtmeister aus Italien das Schwitzen beigebracht hätte.

      Der riesige Ferris Tucker, eingedenk der Lehre Hasards, sich vor so einem Piekser in acht zu nehmen, hielt sich den rasenden Zwerg mit ausgestreckter Handspake vom Leibe. Degen gegen Handspake, zwei ungleiche Waffen, zwei ungleiche Kämpfer. Der eine verfluchte die Waffe des anderen. Der Große brüllte auf den Kleinen hinunter, und der Kleine giftete zu dem Großen hoch. Dabei säbelte er Ferris Tucker einen fast armlangen Span aus der Spake, und der wurde nun erst richtig wütend.

      Hasard ging dazwischen, sonst hätte sich der Schiffszimmermann glattweg in den Degen gestürzt

      „Oiga!“ rief er das Männchen an. „Hallo!“

      Das Männchen ruckte herum, und schon klirrten die Klingen aufeinander, kreiselten, spielten, zuckten vor, finteten – tödliche Blitze, denen das Auge kaum zu folgen vermochte, und doch mußte das Auge des einen Fechters mit fast unheimlicher Präzision die Schwächen des Gegners erkannt haben.

      Denn Hasards Klinge glitt plötzlich über die Klinge des Männchen hinweg, vorbei am schützenden Korb hoch zu einer Terz, die seine Degenspitze genau vor die Kehle des Männchens brachte.

      Hasard stieß nicht zu. Das Männchen stand wie erstarrt, fast weiß im Gesicht.

      „Er soll die Waffe fallen lassen“, sagte Hasard.

      Ben Brighton schrie das Männchen an. Der Degen klirrte zu Boden.

      „Na also“, sagte Hasard und senkte den Degen. „Er soll seinen Leuten befehlen, den Kampf aufzugeben. Wenn nicht – na, du weißt schon, Ben.“

      Der Bootsmann schoß ein Stakkato spanischer Brocken auf das Männchen ab.

      Das Männchen reckte die Brust heraus und schüttelte den Kopf. Hasard begriff, ließ den Degen fallen, zog eine Pistole, sprang auf das Männchen zu, stieß es an den Niedergang zur Kuhl und hielt ihm den Pistolenlauf an die Schläfe.

      „Termino!“ brüllte er. „Schluß, ihr verdammten Idioten, oder ich schieße euren Capitan auf der Stelle nieder! Ben, sag das den Dons, aber schnell, wenn ich bitten darf!“

      Ben Brighton legte los.

      Die Kämpfenden ließen taumelnd voneinander ab und starrten zum Achterdeck hoch.

      „Nach Waffen durchsuchen und fesseln!“ befahl Hasard seinen Männern. Gleichzeitig zählte er sie und atmete auf. Keiner lag an Deck, und keiner war schwer angeschlagen. Dafür wälzten sich drei Spanier stöhnend auf den Planken, zwei lagen ganz still.

      Hasard zählte die Spanier. Mit dem Capitan waren es noch sechzehn. Zwei fehlten. Er blickte sich um.

      „Einer blieb an meinem Haken hängen“, sagte Matt Davies und betrachtete seine Ledermanschette. Sie war ziemlich blutig.

      „Einen hab ich außenbords gefeuert“, sagte Ferris Tucker.

      Spaken, Belegnägel, Messer fielen an Deck. Für Philipp II. von Spanien zu segeln und die Schätze ausgeplünderter Länder nach Sevilla, dem großen Umschlagplatz aller dieser Güter zu bringen, war die eine Sache – für ihn zu sterben, eine andere, die nicht unbedingt zwingend erschien. Man lebte nur einmal, und außerdem hatte der Capitan – jenes kleine Männchen dort am Niedergang zur Kuhl – kapituliert und die Waffen gestreckt. Zudem sah dieser große, schwarzhaarige Teufel mit seinem wilden Gesicht ganz so aus, als sei er jeden Moment bereit, dem Capitan ein Loch in den Kopf zu schießen.

      Murrend, aber widerstandslos ließen sie sich fesseln.

      „Wohin mit den Dons?“ rief Blacky zum Achterdeck hoch.

      „Ins Vordeck zunächst“, befahl Hasard, „und scharf aufpassen. Durchsucht das Vordeck nach Waffen.“

      „Aye, aye.“

      Hasard steckte die Pistole in den Gürtel und ließ das Männchen los.

      Der kleine Capitan starrte zu ihm hoch. Hasard trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Ja, klein war dieser Juan Descola, aber seine Züge verrieten Kälte und Grausamkeit. Ein wie gelackt aussehendes, gezwirbeltes Bärtchen klebte über seinem messerscharfen Mund, und zwischen Kinn und Unterlippe sproß ein Haarbüschel in der Form einer Olive. Dunkle, gemeine, eng zusammenstehende Augen musterten Hasard abschätzend.

      Es war ein böses Gesicht und Hasard so sympathisch wie ein angefaulter Zahn.

      Und plötzlich nahm der Seewolf noch etwas anderes wahr, das er beim Entern der Galeone zwar irgendwie registriert hatte, dessen er sich aber jetzt erst voll bewußt wurde.

      Etwas Unerklärliches lag über dem ganzen Schiff, ein merkwürdiger Geruch von Schweiß und Angst, von Schmutz und Abfall.

      Auch Ben Brighton schien es zu spüren. Und dann Ferris Tucker. Sie hoben ihre Nasen wie witternde Jagdhunde.

      Der Capitan verhielt sich schweigend, seine Mundwinkel waren verächtlich nach unten gebogen.

      „Hier stinkt’s“, stellte Ben Brighton sachlich fest, „hier stinkts’s nach allem möglichen, nur nicht nach Weihrauch.“

      „Frag ihn, was der Kasten geladen hat“, sagte Hasard.

      Ben Brighton fragte. Der Capitan spuckte ihm vor die Füße, aber der Spucklaut war das einzige, was er äußerte.

      „Ein sehr vornehmer Mensch“, sagte Hasard, „spuckt auf sein eigenes Deck, dieses Rübenschwein. Hat man so was schon gesehen?“

      „Ich hätte ihn vorhin nicht geschont“, sagte Ferris Tucker erbittert. „Dieser Kerl ist eine ganz miese Wanze.“

      Hasard bückte sich und nahm die beiden Degen auf. „Ich mag ihn auch nicht. Aber er hatte seinen Degen fallen lassen. Und einen Menschen, der sich ergibt, töte ich nicht. Das wäre nackter Mord.“

      Blacky meldete, daß sie die Dons im Vorschriff untergebracht hätten.

      Hasard nickte und deutete auf die Ladeluke in der Mitte der Kuhl. Sie war mit mehreren Ketten abgesichert, die wiederum von eisernen Schlössern zusammengehalten wurden.

      „Merkwürdig“, sagte er. „Warum Ketten? Und was sollen die Schlösser?“ Er wandte sich an Ferris Tucker. „Untersuch doch mal den sauberen Capitan. Vielleicht trägt er die Schlüssel zu den Schlössern bei sich. Das würde uns der Mühe entheben, die Dinger aufzusprengen.“

      Der Riese griff sich das Männchen, nicht gerade sanft, und untersuchte dessen Taschen. Nichts. Aber dann stutzte Ferris Tucker, riß das Spitzenhemd, das eine schöne Halskrause zierte, auseinander und schnappte sich triumphierend die Kette mit den Schlüsseln. Sie hatte um den Hals des Männchens gehangen. Das Männchen spuckte wieder und erhielt dafür von Ferris Tucker eine Maulschelle, die wie eine Muskete krachte und dem Giftzwerg fast den Kopf abriß.

      „Dir bring ich schon nach Manieren bei, mein Freundchen“, stieß er hervor. „Wenn du noch einmal spuckst, verarbeite ich dich zum Putzlappen und wisch mit dir das Deck sauber.“

      Ben Brighton übersetzte das mit Genuß und schien noch einiges hinzuzufügen, was dem Männchen offensichtlich die Lust nahm, weitere Spuckversuche zu unternehmen. Außerdem schüttelte ihn Ferris Tucker wie eine Puppe, und das entsprach in etwa einem Seegang bei Orkanstärke.

      Dann warf er ihn zur weiteren Aufbewahrung Matt


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