Seewölfe Paket 21. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 21 - Roy Palmer


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      „Hinten“, sagte Don Antonio gequält. „So beeilen Sie sich doch, Mann.“

      „Links oder rechts?“

      „Links.“

      „Er riecht auch unangenehm“, sagte der erste Sanitätsgast.

      „Wie ich richtig vermutet habe“, sagte Almenara mit feinem Lächeln. „Also säubert ihr ihn, bevor wir ihn der erforderlichen Operation unterziehen.“

      „Operation?“ wiederholte Don Antonio ersetzt. „Aber das … So schlimm kann es doch gar nicht sein.“

      „Ihrem Geschrei nach zu urteilen, Señor, könnten durchaus noch andere, wichtige und empfindliche Körperpartien verletzt sein“, sagte Almenara. „Verzeihen Sie, aber Sie können das nicht beurteilen. Überlassen Sie das ruhig mir. Es ist meine Pflicht und Aufgabe, Sie gründlich zu untersuchen.“

      „Aber ich flehe Sie an, beeilen Sie sich!“

      „Waschen“, befahl Almenara. „Schnell und gründlich. Holt heißes Wasser aus der Kombüse, rasch!“

      Während des Beschusses der Insel waren die Kombüsenfeuer gelöscht worden, aber inzwischen hatte der Koch sie auf Befehl des Profos’ hin wieder angeheizt, weil Don Garcia Cubera angeordnet hatte, daß der Mannschaft und den Soldaten eine Extraration Branntwein mit heißem Wasser verabreicht werden sollte.

      So ergab es sich, daß auch Don Antonio in den Genuß eines heißen Bades kam – aber so ganz anders, als es beim erstenmal auf der „San José“ der Fall gewesen war.

      Schreiend ließ er die Prozedur über sich ergehen, aber er war völlig am Ende und wünschte sich in diesem Augenblick wirklich, so schnell wie möglich zu sterben.

       4.

      Auf dem Achterdeck der „San José“ fand unterdessen eine Kommandantenbesprechung statt. Don Garcia Cubera hatte alle Schiffsführer zu sich gerufen, auch die Schaluppenführer und die Hauptleute der Seesoldaten. Die Männer umringten ihren Capitán und blickten mit großem Interesse auf die Skizze, die Cubera in der Zwischenzeit hatte anfertigen lassen.

      Es war der Zweite Offizier der „San José“ gewesen, der sie gezeichnet hatte. Er bewies stets ein großes Geschick in diesen Dingen, und er war es auch, der die für das Logbuch erforderlichen Skizzen entwarf, auf die Cubera den größten Wert legte.

      Die Karte stellte eine perspektivische Draufsicht der Insel dar, mit Buchten und Erhebungen – ein kleines Meisterwerk, auf das der Zweite mit Recht stolz sein durfte, zumal er sie in der Hektik der auf den kurzen Kampf folgenden Phase des Rückzugs in größter Eile gezeichnet hatte.

      Im Norden erhob sich, einem verschrumpelten Kegel gleich, der Felsendom mit der Einfahrt zur großen, geräumigen Bucht. Die Erinnerung an das furchtbare Ende der „San Gabriel“ wurde in den Männern sofort wieder wach, als sie drauf blickten.

      Einer von ihnen räusperte sich, es war der Erste Offizier. Sein Zeigefinger richtete sich auf die Berge im Westen.

      „Die höchste Erhebung, nicht wahr?“ sagte er. „Dort scheinen sich die meisten von ihnen eingenistet zu haben.“

      „Um wie viele Engländer handelt es sich Ihrer Ansicht nach?“ fragte Cubera.

      „Das ist schwer zu sagen.“

      „Zweihundert bis dreihundert Mann“, sagte einer der Schaluppenführer.

      „Weniger“, sagte Cubera. „Ich bin ziemlich sicher, daß es unter hundert Mann sind, die uns da in Atem halten und uns schwer zusetzen.“

      „Ungeheuerlich“, sagte einer der Karavellenkapitäne. „Ich kann es kaum fassen, daß wir mit ihnen nicht fertig werden. Sie haben nicht einmal Schiffe – und doch haben sie bereits zwei unserer Schiffe versenkt.“

      Cubera schürzte leicht die Unterlippe. „Es hat wenig Sinn, das jetzt noch groß zu erörtern. Ich bitte Sie vielmehr darum, jetzt all das auf der Skizze einzuzeichnen oder durch Punkte und Kreuze zu markieren, was sie bei dem Feuerüberfall der englischen Freibeuter entdeckt haben – also mit anderen Worten die Geschützstellungen.“

      „Ja, Señor“, murmelten die Männer. Dann griffen sie nach der Karte und reichten sie von einem zum anderen weiter.

      Auch der Kapitän der explodierten Karavelle, jetzt ein Capitán ohne Schiff, war mit zur Stelle. Er betrachtete die Karte besonders genau und tippte schließlich ebenfalls mit grimmiger Miene auf die Bergregion im Westen der Insel, wie es der Erste der „San José“ getan hatte.

      „Es stimmt“, sagte er. „Hier ist die Abwehr besonders massiv. Wir, meine Männer und ich, haben es ja am eigenen Leib zu spüren bekommen, denn wir befanden uns an dieser Uferseite, als sie unser Schiff in Brand setzten. Aber das werden sie noch bereuen, ich schwöre es.“

      „Da scheinen mehr Kanonen zu sein als an anderen Stellen der Insel“, bestätigte nun auch einer der Schaluppenführer, und die anderen pflichteten ihm durch Kopfnicken bei. „Da ist der Widerstand so stark, daß man sich unweigerlich versengt, wenn man auf kurze Entfernung herangeht.“

      „Also“, sagte Cubera. „Darüber sind wir alle uns einig. Ich ziehe aus Ihrer Aussage, Señores, den Schluß, daß wir dort, vor allem am Nordwestpunkt, keinesfalls landen dürfen.“

      „Sie wollen landen?“ fragte der Erste Offizier halb erstaunt, halb betroffen.

      „Ja, das ist mein nächstes Vorhaben“, entgegnete Cubera. „Ein Landeunternehmen im Feuerschutz unserer vier verbliebenen Schiffe. Darüber, Señores, will ich mit Ihnen sprechen. Deswegen habe ich Sie an Bord der ‚San José‘ gerufen.“

      „Sie denken also nicht daran, aufzugeben?“ fragte der Kapitän der explodierten Karavelle.

      „Ich denke nicht daran. Sie vielleicht?“

      „Nein, Señor, das habe ich ja bereits hervorgehoben.“

      Cubera blickte in die Gesichter der anderen Kommandanten und der Offiziere. „Ich will nichts beschönigen und habe auch nicht die Absicht, unsere eigenen Verluste herunterzuspielen. Diejenigen unter Ihnen, die mich schon länger kennen und unter meinem Kommando gefahren sind, werden es bestätigen: Es liegt nicht in meiner Art und paßt nicht zu meinem Charakter. Von ursprünglich zehn Kriegsschiffen, Señores, sind nur noch vier übriggeblieben. Man muß sich das einmal vorstellen! Ich betone ausdrücklich: Der Gegner darf von nun an keinesfalls unterschätzt werden. Ich selbst habe mir die Eroberung der Insel wohl leichter vorgestellt, als sie in Wirklichkeit ist.“

      „Das glaube ich nicht, Señor Comandante“, sagte der Kapitän der zweiten Galeone. „Keiner von uns hat sich denken können, daß noch Menschen auf der Insel sind, die uns derart die Zähne zeigen.“

      „Was folgern Sie daraus?“

      „Daß die Engländer verdammte Hundesöhne sind!“ stieß der Mann erbost hervor. „Und daß es unsere verfluchte Pflicht ist, sie zu erledigen!“

      „Sie haben mir mit Ihren Worten aus dem Herzen gesprochen“, sagte Cubera. „Unsere Verluste sind ein Beweis für die Härte des Gegners, für seine Kampfstärke und Gefährlichkeit, die es jedoch auszuschalten gilt, um weiteren Schaden für Spanien und seine Besitzungen in der Neuen Welt abzuwehren – schweren Schaden, der sich ins Unermeßliche steigern könnte, wenn die Engländer beispielsweise in der Karibik weitere Expansionsversuche unternehmen. Das Ganze könnte die Ausmaße eines Krieges annehmen.“

      „Und wir dürfen die Armada nicht vergessen“, sagte ein Schaluppenführer. Er verstummte aber sogleich wieder, denn die anderen sahen ihn ärgerlich und zurechtweisend an. Keiner wollte an die Niederlage von 1588 erinnert werden.

      „Wir müssen vor allem daran denken, daß die Nation auf uns blickt“, fuhr Cubera fort. „Von dem Erfolg unseres Unternehmens hängt einiges ab. Scheitern wir, so legen die Engländer


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