Seewölfe Paket 16. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.uns mit Musketen zu beharken.“
„Wenn sie das wagen“, erklärte Thorfin gemütlich, „dann brenne ich diesen Torfkähnen eins auf den Pelz, und wir hauen endgültig ab nach Norden. Ich habe denen schließlich nichts getan, und ein Angegriffener hat das Recht, sich zu verteidigen. Was heißt hier Recht? Er hat die verdammte Pflicht, sich zu wehren.“
„Aber es ist immerhin ein königliches Geschwader“, gab der Boston-Mann zu bedenken.
„Für mich gibt’s keinen König“, erklärte der Riese stur. „Ich bin mein eigener König, und mir hat niemand was zu befehlen. Wenn wir auch nur einen Böller abkriegen, dann antworten wir mit einer ganzen Breitseite, und ich lasse diesen aufgeblasenen Frosch in die Luft fliegen, dieses brustsaugende Muttersöhnchen, dieses windelweiche.“
Er drehte sich und sah den Bootsmann an.
„Juan!“ brüllte er mit seiner Donnerstimme. „Du segelst immer genau nach meinem Daumen. Auf alles andere brauchst du nicht zu achten. Wenn der nach Backbord zeigt, dann legst du das Ruder nach Backbord, oder umgekehrt.“
„Alles klar“, sagte der Bootsmann grinsend, denn sie alle empfanden eine direkt niederträchtige Schadenfreude und wollten es dem brustsaugenden Muttersöhnchen einmal zeigen, wie Thorfin sagte.
Die kleinste Galeone war schnell und wendig, obwohl sie etwas plump wirkte. Aber sie holte langsam auf. Dem Wikinger entging auch das nicht, und er hielt den Daumen nach Steuerbord, weil das Schiffchen da aufzusegeln begann.
„Eiliger Drache über den Wassern“ ging aus dem Kurs und gierte weiter dem Land zu. Das aufsegelnde Schiff war gezwungen, ebenfalls auszuweichen, wenn es in den riesigen Segler nicht hineinlaufen wollte. An dem würde es sich alle Planken knacken, das war sicher. Der Schwarze Segler hingegen war aus einer Art Eisenholz gebaut, hart und unverwüstlich, und er vertrug eine ganze Menge. Bei einer Kollision wurde nur ein ganz unbeträchtlicher Schaden entstehen.
Achteraus nahmen die Kerle ein Segel weg, es blieb ihnen nichts anderes übrig. Thorfin drehte sich um und linste grinsend durch den Kieker, damit ihm ja auch nichts entging.
„Was schreit der Kerl da achteraus?“ fragte er.
„Wir seien verfluchte Ratten und Nachttopfsegler!“ rief Juan.
„Da hat er recht“, sagte Thorfin trocken. „Genauso sieht es auch aus.“
Sein riesiger Daumen bewegte sich zur anderen Seite, und so gierten sie den vor Wut berstenden Engländern immer wieder vor dem Bug hin und her, bis das Gebrüll achteraus lauter und wilder wurde.
Thorfin hörte andächtig zu, wie sie ihn verfluchten, beschimpften und dauernd brüllten, daß nicht mal ein Torfschipper seinen Kahn so lausig segeln würde.
Hin und wieder ertönte Thorfins wildes Gelächter und das der anderen Wikinger, die sich an dem Schauspiel ergötzten. Dann richtete er den Blick wieder auf die „Isabella“ und sah ihr bewundernd nach. Keiner der Engländer würde sie einholen, sie schafften nicht einmal die halbe Geschwindigkeit, aber Thorfin wollte ihnen noch ein wenig im Weg sein und so lange herumkrebsen, bis sie sich grün und blau über ihn ärgerten.
Einer nach dem anderen hatte sich jetzt freigesegelt und nahm die sinnlose Verfolgung auf. Und weil der Wikinger schlecht und falsch besegelt war, rückte die Meute langsam, aber unaufhaltsam näher heran.
Immer wieder gierte das Schiff hin und her. Thorfin lachte sich über die Ausweichmanöver der anderen krank, stand schließlich auf und stellte sich ganz achtern aufs Deck. Von dort sah er grimmig dem im Kielwasser herumgurkenden Geschwader zu.
„Könnt ihr nicht aufpassen, ihr Idioten!“ schrie er mit Donnerstimme. „Ihr beschädigt mir ja mein schönes Schiff.“
Auf der einen Galeone waren die Leute direkt verblüfft. Die meisten der Männer hatten den Wikinger noch nie gesehen, und als sie jetzt den behelmten Schädel und den wilden, rötlichgrauen Bart sahen und diese gewaltige Stimme vernahmen, da zuckten sie unwillkürlich zurück.
„He, du Helmträger!“ brüllte einer. „Du fährst wohl das erste Mal zur See, was? Trimm mal deine Segel richtig und bring uns mit deinen gewagten Manövern nicht in Gefahr. Wenn du schon so langsam segelst, dann laß uns in dem engen Fahrwasser wenigstens vorbei!“
Thorfin stützte seine mächtigen Arme auf.
„Ich kann segeln, wie ich will, verdammt! Und bei diesem Wetter, da segelt man eben mit Bramsegeln, ihr Tranköppe!“
„Ihr seid ja alle besoffen!“ rief ein anderer.
„Gut, gut, wie ihr wollt!“ schrie der Wikinger zurück. „Dann weichen wir eben aus!“
Als der Daumen sich ganz nach auswärts spreizte, da legte der Bootsmann Hartruder, und „Eiliger Drache“ schwang herum. Er schwang nur viel zu hart herum, und weil niemand die Segel nachtrimmte – sie standen alle da und glotzten die Galeonen an – krängte das Schiff leicht über.
Die Gesichter von Thorfins Männern schienen entsetzt und verwundert, aber das war nur gespieltes Entsetzen.
Auf den Galeonen der Engländer hingegen war das Entsetzen absolut echt. Schreie von mehreren Männern erklangen gleichzeitig. Entsetzte Gesichter blickten zum Achterkastell des Schwarzen Schiffes, und üble Flüche erklangen.
Jean Ribault schüttelte nur den Kopf, als er das Unheil herannahen sah. Nichts und niemand bewahrte die achteraus segelnde Galeone noch vor dem Rammstoß.
„Verflucht, lauf doch nicht in mein Schiff hinein!“ rief der Wikinger in höchster Not. Danach verzog er sich hinter das Schanzkleid und wollte sich krank lachen.
Gleich darauf krachte es hart. Der Bugspriet der Galeone bohrte sich scheinbar wie ein gewaltiger Degen in die Bordwand des Schwarzen Seglers, als wollte er darin verschwinden und ein riesiges Loch hinterlassen.
Doch kaum berührte der Bugspriet das schwere und eisenharte Holz, da knirschte es und er verschob sich, wie von gewaltiger Hand achtlos zur Seite gedrückt. Die Bugsprietzurring flog auseinander, die Blinde knickte weg, und das alles hob sich mitsamt der Beting und dem großen Fangnetz bis zur Back hinauf. Zurück blieb ein wüster Trümmerhaufen. Und zu hören war das Schreien der Soldaten und Seeleute, die den Wikinger in allen Tonarten beschimpften und verfluchten.
Der Nordmann jammerte jedoch nicht minder, obwohl sein Schiff nicht die geringste Beschädigung aufwies. Er stand da oben wie ein racheschnaubender Gott und beleidigte nun seinerseits die Soldaten und Seeleute auf die allerübelste Weise und unterstellte ihnen, sie hätten das absichtlich getan, und man würde es ja am besten daran sehen, daß sie es von der anderen Seite ebenfalls versuchten, denn da würde es gleich wieder krachen.
Da krachte es auch gleich noch einmal, obwohl alle Hands eifrig zupackten, um ihr Schiff freizusegeln.
Diesmal war es die kleine Galeone, die durch das erneute Ausweichmanöver an das Heck des Schwarzen Seglers geriet.
Thorfin schrie erneut wie ein Wilder, riß seinen Helm vom Schädel, schmetterte ihn voller Zorn auf die Planken und hob ihn dann wieder auf, um ihn sich überzustülpen.
„Das werdet ihr mir büßen!“ brüllte er. „Das ist Absicht, dafür gibt es keine Entschuldigung, ihr Halunken! Ich werde euch um ein neues Schiff verklagen.“
Jetzt drohten auch noch die beiden gerammten Galeonen, aneinanderzugeraten, doch das konnte gerade noch verhindert werden.
Achteraus des Schwarzen Seglers sah es wie auf einem Hühnerhof aus. Da scharrte und krebste alles durcheinander, da war ein Geschrei, daß man sein eigenes Wort nicht mehr verstand, und da flogen auch schon die ersten Trümmer in die See, die sich vom Bugspriet lösten.
Fäuste wurden geschwungen und gedroht, man würde den Kerlen gleich eins verpassen, und sie sollten endlich einmal ihre Segel richtig setzen, um überhaupt manövrieren zu können.
Thorfin scherte das alles nicht. Er hatte aus dem stolzen Geschwader des Marquess innerhalb kurzer Zeit einen regelrechten Saustall