Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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Gaul habe ich bei Plymson abgeliefert. Aber es ist doch eine verdammte Saukälte, wenn man durch den Bach paddelt. Haben die Kerle wirklich nichts gemerkt?“

      Carberry schüttelte den Kopf.

      „Ganz sicher nicht. Der Corporal ist doch ausgesprochen dämlich, und seine Soldaten drücken sich hinter den Schuppen rum, weil sie wie nackte Gänse frieren.“

      Während der Kutscher weiterhin heißen Rum ausschenkte, erschien der Seewolf in der großzügig ausgestatteten Messe. Auch er war froh, daß alles so glimpflich abgelaufen war, doch auf seinem Gesicht lag ein Schatten, der ihn ernster und älter erscheinen ließ.

      Bisher hatten sie die Schikanen und Intrigen des Marquess Henry ja ganz gut überstanden, der unbedingt die „Isabella“ für sein Geschwader requirieren wollte. Aber dieser Requirierungsanspruch war ein Witz, denn dem jungen Schnösel war die moderne Bauweise des Schiffes in den Kopf gestiegen, und im Geiste sah er sich bereits auf dem Achterdeck der „Isabella“ als Geschwaderführer stehen.

      Da Hasard diese Flausen strikt und eiskalt abgelehnt hatte, begann der einflußreiche Marquess, Sohn des Duke of Battingham, sie zu schikanieren und zu schurigeln, wo er nur konnte.

      Trotz aller Maßnahmen hatte er nicht verhindern können, daß der Bau seiner Vollendung entgegenging und jetzt so gut wie fertig war.

      Die Masten waren aufgeriggt, das laufende und stehende Gut eingeschoren, und es gab nur noch ein paar belanglose Kleinigkeiten zu tun, die man auch auf See erledigen konnte.

      Die Galeone des Schiffbaumeisters Hesekiel Ramsgate war bereit, ihre Jungfernfahrt anzutreten.

      Ein paar Tage hatte dieser adlige Schnösel sie nun in Ruhe gelassen, aber es war durchgesickert, daß er auf Verstärkung wartete, denn mit seinen spanischen Beutegaleönchen traute er sich nicht, offen gegen die Seewölfe vorzugehen. Außerdem lag da immer noch ganz in der Nähe das Schwarze Schiff des Wikingers Thorfin Njal, mit dem der eitle Marquess nicht viel anzufangen wußte, er war sich über das Verhältnis zwischen den beiden Mannschaften nicht im klaren und wollte aus diesem Grund auch nichts riskieren.

      „Wir könnten zur ersten Fahrt auslaufen“, sagte Hasard, „doch wie werden sich die Kerle auf der Pier verhalten? Ich weiß nicht, welche Order sie haben. Lösen wir die Leinen, eröffnen sie vielleicht auf uns das Feuer.“

      „Offiziell ist über uns nur eine Ausgangssperre verhängt worden“, meinte Hasards Stellvertreter Ben Brighton. „Davon, daß wir nicht in See gehen dürfen, hat niemand etwas gesagt.“

      „Eben“, meinte auch Ferris Tucker, „das ist eine reine Spitzfindigkeit. An Land dürfen wir nicht, also gehen wir in See.“

      Doc Freemont, der sich noch als Gast auf der „Isabella“ befand, schüttelte den Kopf.

      „Ich weiß nicht, was Sie damit heraufbeschwören würden, Hasard“, sagte er leise, „aber es dürfte weiteren Ärger in Plymouth geben. Schließlich haben Sie die ganze Stadt gegen sich mit ihrem gesamten Verwaltungsapparat, und das wird immer weitere Kreise ziehen wie ein Stein, der ins Wasser fällt.“

      „Sollen wir einfach resignieren und darauf warten, was dieser halbreife Lümmel entscheidet?“

      „Fragen wir doch mal den Corporal, welche Order er in dem Fall hat“, schlug der Arzt vor.

      Mit diesem Gedanken mochte sich auch keiner so recht anfreunden, aber schließlich einigte man sich doch darauf, den stiernackigen und etwas dümmlichen Kerl zu befragen, der immer noch schnatternd an dem Ausrüstungskai stand.

      „Ist es richtig, daß die Ausgangssperre immer noch besteht?“ erkundigte sich der Seewolf.

      Der Corporal warf sich in die Brust und wurde dienstlich.

      „Das ist richtig!“ brüllte er. „Niemand hat, laut Anordnung des Marquess of …“

      „Geschenkt“, sagte Hasard kalt, „den Spruch kennen wir bereits. Aber wir sind seeklar und wollen auslaufen. Hinsichtlich des ehrenwerten Marquess und so weiter bestehen wohl keine Bedenken …“

      Diesmal unterbrach ihn der Corporal, wobei er sofort entschieden den Kopf schüttelte.

      „Das Schiff darf auch nicht auslaufen. Order vom Marquess Henry of Battingham …“

      „Ogottogott“, sagte der Profos ergeben, „an dem Titel kaut er jedesmal eine volle Woche herum. Verdammt noch mal, Kerl! Was passiert, wenn wir jetzt ablegen? Kannst du das nicht ein bißchen kürzer ausdrücken!“

      Hasard wollte seinen biestigen Profos erst zurechtweisen, doch er verstand, daß auch Ed langsam die Galle hochstieg. Sie alle mußten sich hier wie dumme Jungen behandeln lassen.

      „Ich habe Order, das Feuer zu eröffnen, wenn die Leinen gelöst werden“, knurrte der Corporal. „Anordnung des ehrenwerten Marquess …“

      Noch während der Kerl den Titel herunterleierte, waren Hasard und Ed schon wieder unten, und der Corporal quasselte in den Wind.

      „Was sind ein Dutzend Seesoldaten gegen uns?“ fragte Carberry. „Denen hauen wir doch in kurzer Zeit die Klüsen so dicht, daß sie das Schiff nicht mal mehr aus der Nähe sehen.“

      „Gewalt gegen Gewalt“, meinte der Seewolf, „das können wir uns vorerst in Plymouth nicht leisten, zumal wir uns hier schon des öfteren nicht gerade herzlich verabschiedet haben. Nein, wir warten noch ab, vielleicht bietet sich eine andere Lösung an.“

      „Und wie wär’s mit Abstimmen, Sir?“ schlug der Decksälteste Smoky vor.

      „Das würde nichts an der Gewalt ändern, Smoky. Es eskaliert nur immer weiter, wie der Doc ganz richtig bemerkte.“

      „Lange sehe ich da jedenfalls nicht mehr zu!“ rief der hitzköpfige Luke Morgan mit knallrotem Schädel. „Dann lasse ich mir diesen lausigen Marquess vom Kutscher in Öl und Zwiebeln braten und freß ihn mitsamt seiner hochtrabenden Uniform.“

      Sie sprachen weitere Möglichkeiten durch, aber eine gewaltlose Lösung ließ sich nicht finden. Der Marquess hatte es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, gerade dieses Schiff seinem Geschwader einzuverleiben. Die Tatsache blieb bestehen, daß er aufgrund seiner Vollmachten den längeren Arm hatte. Und hinter seinen Anordnungen standen die Stadtväter, die Büttel und Schergen, der Vogt, der Friedensrichter und all die anderen.

      Aber gegen Mittag gab es dann Neuigkeiten, und die klangen nicht gerade ermutigend.

      2.

      Der Wikinger Thorfin Njal hatte sich an den Ausrüstungskai pullen lassen und stampfte nun geradewegs auf die „Isabella“ zu, um Hasard eine Neuigkeit zu überbringen.

      Wie nicht anders zu erwarten war, wurde er von einem der Soldaten, die überall herumlungerten, auch prompt aufgehalten.

      Thorfin kam daher, graubärtig, rötlich, in Felle gehüllt. Ein wahrer Recke aus grauer Vorzeit. Um die Handgelenke trug er breite Armbänder aus Gold, ebensolche Spangen um seine gewaltigen Oberarme.

      Das Heulen des Windes, eiskalt und scharf jetzt, war für ihn anscheinend schon das zarte Säuseln des beginnenden Frühlings, obwohl der noch ein paar Monate ausstand.

      „Halt! Wo wollen Sie hin?“ rief der Soldat scharf und stellte sich dem Wikinger in den Weg.

      Das hätte er nicht tun sollen, denn Thorfin hatte seine eigenen nordischdickschädeligen Ansichten darüber, was er tun dürfe und was nicht. Und bei allen nordischen Eichen: Was wollte dieser Mickerzwerg mit seinem Blasrohr in den klammen Händen überhaupt?

      Das drei Zentner schwere Monstrum von Nordmann überrannte den Soldaten einfach, mangelte ihn unter wie ein großes Schiff ein kleines und ließ ihn lädiert auf der Kai zurück.

      Die anderen sahen fassungslos zu. Trotz der Musketen in ihren Händen stand in den Gesichtern fast nacktes Entsetzen. Der einzige, der einen schwachen Versuch unternahm, dem Riesen abermals die Frage nach dem


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