Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


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Sir“, sagte Hasard höhnisch. „Das Schiff kriegen Sie aber nur über zwei Dutzend tote Männer der ‚Isabella‘, ganz zu schweigen von den mindestens drei Dutzend auf Ihrer Seite, durchlauchter ehrenwerter Herr.“

      Oben riefen die Kapitäne empört durcheinander, der Stadtvogt schrie sich die Kehle heiser, der Friedensrichter brüllte herum, und dem eitlen Marquess stand die Wut so im Gesicht, daß er einem Ohnmachtsanfall verdächtig nahe war.

      „Soldaten verteilen!“ brüllte er mit überkippender Stimme. „Haltet die Kerle in Schach! Nehmt Aufstellung, bringt die Wagen herüber!“

      Hasard drehte sich zu seinen Männern um.

      „Weg von der Drehbasse, Stenmark!“ befahl er leise. „Keine Gewalt vorerst, sie werden nicht schießen, sie wollen uns nur einschüchtern, mehr steckt nicht dahinter.“

      „Wie soll das enden, Sir?“ fragte Stenmark erbittert.

      „Das werden wir gleich sehen, ich habe da eine Vermutung.“

      Als die beiden Fuhrwerke über den Kai rumpelten, besprachen sich der Vogt, ein paar Gesetzesobere und der Marquess miteinander, und alle nickten gewichtig mit den Köpfen.

      Dann trat der Vogt vor und warf sich in die Brust.

      „Es wird hiermit verfügt“, schrie er so laut, daß man es bis in den letzten Winkel des Schiffes hören konnte, „daß dieses Schiff unter verschärfte Bewachung gestellt wird! Aufgrund der besonderen Vollmachten des ehrenwerten Marquess of Battingham und damit im Namen Ihrer Majestät, der Königin von England, wird weiter verfügt, daß dieses auf den Namen ‚Isabella‘ benannte Schiff an die Kette gelegt wird. Das ist ein amtlicher Erlaß. Es wird weiter eine Ausgangssperre verhängt. Die Mannschaft einschließlich ihres Kapitäns darf das Schiff nicht mehr verlassen. Es ist ihm auch verboten, auszulaufen!“

      „Aber auf dem Wasser schwimmen, das darf es doch?“ fragte Matt Davies unschuldig. „Oder ist das auch verboten?“

      „Was? Zum Teufel, stören Sie hier keine Amtshandlung mit Ihren dummen Fragen! Und Ihnen, mein lieber Killigrew, möchte ich eins besonders klar sagen: Dieser Vorgang hat nicht etwa symbolische Bedeutung. Ihr Schiff wird wirklich an eine Kette gelegt, verbolzt und versiegelt. So lange, wie der Marquess es anordnet. Notfalls wird man Sie aushungern.“

      Hasard hatte keine Lust mehr, sich mit diesen Einfaltspinseln und Wichtigtuern herumzustreiten. Aber er wirkte nur scheinbar resigniert, in Wahrheit war er das nicht.

      Er sah spöttisch auf die Musketenläufe, die auf die Mannschaft gerichtet waren, dann sah er den Vogt an.

      „Die Angelegenheit geht früher oder später in die Hose, mein lieber Vogt“, sagte er fast gemütlich. „Vielleicht haben Sie sich ein wenig übernommen und werden sich dabei die Hosen bekleckern.“

      „Ich – ich bin eine Amtsperson“, murmelte der Vogt kläglich, „und ich muß Befehlen gehorchen.“

      „Auch Amtspersonen haben sich schon in die Hosen geschissen“, sagte Carberry, der es wieder einmal nicht lassen konnte. „Und dann waren sie voll und keiner hat sie gewaschen.“

      Der Vogt drehte sich kleinlaut um und verschwand. Aber nach einem Blick auf den zornigen, vor Wut fast berstenden Marquess brüllte er sogleich wieder Befehle.

      „Bringt die Ketten ans Schiff!“ befahl er.

      „Also hat dieser Halunke das schon vorher gewußt“, meinte Hasard. „Die Kette hat er gleich mitgebracht. Es ist nicht zu fassen.“

      „Ich verstehe nicht, wie du noch so ruhig bleiben kannst, Sir“, meinte der Profos mit halberstickter Stimme. „Wenn wir auf die Pier springen und es diesen Lümmeln mal so richtig besorgen, dann …“

      „Dann haben wir ein paar Tote an Bord, und bei den anderen fallen auch einige um. Was willst du eigentlich, Mister Carberry – bist du nervös, oder hast du keine Zeit mehr? Kannst du nicht abwarten? Es geschieht doch nichts weiter, als daß man unser Schiffchen an eine Kette legt. Das reibt unsere eigenen Leinen nicht durch und spart Geld.“

      Der Profos sah den Seewolf total verblüfft an.

      „Aber, Sir – äh – auf diese lausige Tour haben wir noch nie Geld gespart, so nötig haben wir es gar nicht.“

      „Haben wir genug Proviant, Mister Carberry?“

      „Reichlich, jede Menge, Sir.“

      Eds ratloses Gesicht belustigte den Seewolf immer mehr.

      „Und Wasser, Mister Carberry?“

      „Auch jede Menge.“

      „Wie steht es mit Rum?“

      „Alles da.“

      „Dann ist doch alles in Ordnung. Dann können wir hier doch tagelang Bordfeste feiern und uns vergnügen. Zwischendurch bringen wir die Kleinigkeiten in Ordnung, zimmern hier und da noch ein bißchen, holen unauffällig meine Söhne, und dann …“

      „Und dann?“ fragte Ed gespannt.

      „Ganz einfach“, sagte Hasard verschmitzt lachend, „eines Tages rostet die Kette durch, und wir schwimmen weg.“

      „Eines Tages, Sir?“ wiederholte der Profos fassungslos, „so eine Kette hält jahrelang, das weiß ich. Sieh dir das Ding mal an, da schleppen ja mehr als zwanzig Männer dran.“

      Hasard klopfte seinem immer noch fassungslos stierenden Profos freundschaftlich auf die Schulter und wandte sich interessiert den Dingen zu, die auf dem Kai vor sich gingen.

      Die einzigen, die nicht froren, waren die Knechte und Soldaten, die ein Monstrum von Kette aus den Fuhrwerken holten und es jetzt keuchend über die Katzenköpfe schleiften.

      Allen anderen klapperten die Zähne, liefen die Gesichter blau an, denn der Wind pfiff jetzt heulend heran und wurde immer eisiger.

      „Der Kutscher soll eine Kanne heißen Rum an Deck bringen“, sagte Hasard zu Bill, der gleich losflitzte.

      Etwas später hielten sie die heißen dampfenden Mucks in den Händen und tranken verdünnten Rum mit Rohzucker und Gewürznelken, während den bewachenden Seesoldaten die Zunge zum Hals heraushing.

      Die Kette wurde weitergeschleift und geschleppt, und dann folgte der Gipfel der Frechheit.

      „Sir“, sagte der Vogt fast unterwürfig, „könnten Sie nicht für eine kurze Zeit eine der Kammern zur Verfügung stellen, damit die Herrschaften sich wärmen können?“

      Diesmal war Hasard so verblüfft, daß er erst einmal tief Luft holen mußte. Das war doch nun wirklich der Gipfel.

      Ben Brighton stand zähneknirschend daneben.

      „Sollen wir für die ehrenwerten Herren auch ein warmes Essen bereiten lassen?“ erkundigte er sich ernst. „Vorab heiße Brühe vielleicht, anschließend dann heißen Rum mit Rohzucker.“

      „Das – das wäre fast zuviel verlangt, Sir“, meinte der Vogt.

      Carberry hörte ebenfalls belustigt zu.

      „Dieser Rohzucker ist faustgroß“, sagte er honigsüß, „wir könnten ihn dem ehrenwerten Marquess nach dem Essen vielleicht in den erlauchten Achtersteven blasen, was, wie? Du Rübenschwein!“ brüllte er dann plötzlich, daß sogar Hasard zusammenzuckte vor der lauten Wildheit. „Diesem feinen Affenarsch ist wohl das Licht in seiner erlauchten Birne ausgeblasen worden, was, wie? Und du schämst dich nicht und trittst hier als Bittsteller für die Kaltärsche auf, du Kanalrattenvogt, du?“

      Diesen Titel hatte der Stadtvogt von Plymouth zwar noch nicht vernommen, aber der Profos war im Erfinden solcher Titel äußerst großzügig und verlieh sie frei Schnauze.

      Der neuernannte „Kanalrattenvogt“ raste vor der aufgebrachten Wildheit des Narbenmannes mit einem Schrei des Entsetzens davon und blieb erst nach ein paar Yards stehen.

      Hasard schüttelte


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