Seewölfe Paket 16. Roy Palmer

Читать онлайн книгу.

Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer


Скачать книгу
so ehrenwerten Lumpen lasse ich mir nicht die sauberen Planken versauen.“

      Matt Davies, Batuti, Smoky und Gary Andrews sahen interessiert zu, wie die Männer die schwere Kette keuchend schleppten. Ein paar der Seewölfe, die sich über die Gelassenheit ihres Kapitäns wunderten und darüber, daß er das alles so einfach hinnahm, waren nach unten gegangen und hielten sich in der Messe, der Kombüse oder den anderen Räumen auf, denn niemand konnte sich so richtig sattsehen an der neuen „Isabella“ mit ihren zahlreichen Einrichtungen.

      Oben gingen die Arbeiten weiter. Die Kette wurde um den Eichenpoller gelegt und verbolzt.

      „Wo ist der Schmied?“ brüllten die Soldaten.

      Der Schmied war nicht zu finden, wahrscheinlich hatte er sich bei der Kälte wieder auf den Heimweg gemacht oder sich in einem der Schuppen verkrochen.

      Ein Schmied war allerdings da, nämlich der ehemalige Waffenschmied der Feste Arwenack, Big Old Shane, der die Arme über der mächtigen Brust gekreuzt hatte und dem Treiben mit stoischer Gelassenheit zusah.

      „Ihr habt doch sicher Holzkohle für Schmiedefeuer an Bord“, fuhr ihn einer der Soldaten barsch an. „Los, Kerl, setzt dich in Trab. Und wenn ihr einen Amboß habt, kannst du den auch gleich mitbringen.“

      „Einen Hammer auch?“ fragte der graubärtige Riese gähnend.

      „Alles, was man braucht, um eine Kette zusammenzuschmieden. Aber schnell, Väterchen, das kannst du selbst tun, du siehst kräftig genug aus.“

      Das „Väterchen“ ging dem bärtigen Riesen runter wie traniges Öl von vergammelten Walen.

      „Man sagt mir jedenfalls nach, daß ich kräftig sei“, erklärte Shane gelassen. „Ich zeig’s dir gern mal!“

      „Na, dann fang mal an, Väterchen!“

      „Väterchen“ Shane holte nur einmal kurz aus. Aber hinter seinem Schlag saß immer noch die alte Kraft von früher. Und „Väterchen“ hatte nicht nur Waffen geschmiedet, der war auch für die Gäule und deren Hufeisen zuständig gewesen, und man sagte ihm nach, daß er einen störrischen Gaul mit einigem Kraftaufwand umgeworfen hätte.

      Der Soldat wog viel weniger als ein Gaul, dafür flog er aber auch um so weiter, als die Riesenfaust ihn traf.

      „Väterchen“ Shane verschränkte wieder lässig die Arme über seinem riesigen Brustkasten und sah dem Kerl nach, der sich wie ein Artist pausenlos überschlug, über die Katzenköpfe fegte und schließlich unter dem Fuhrwerk liegenblieb.

      „Jaja“, sagte Old O’Flynn grinsend. „da weht eine Bö, und schon fliegt so ein Rotzlöffelchen einfach davon. Diese jungen Windelpisser glauben anscheinend, wir gehören zum alten Eisen, was?“

      „Ja, das scheinen sie zu glauben“, sagte Shane sinnend. „Aber altes Eisen muß nicht unbedingt brüchig sein, das verändert manchmal nur die Farbe, aber im Kern bleibt es hart. Hat das einer von den anderen Kerlen gesehen?“

      „Bestimmt nicht“, versicherte Donegal. „Die sind doch alle so sehr beschäftigt.“

      Anscheinend hatte wirklich niemand diesen Zwischenfall bemerkt, denn die feinen Herren hatten sich frierend in ihre Kutschen zurückgezogen und genossen von dort aus schnatternd ihren Triumph, dem Seewolf Killigrew eins ausgewischt zu haben.

      Dort spann auch der Marquess seinen Faden vom Staatsfeind weiter, als den er den Seewolf verdächtigte, und erkundigte sich, ob man den Kapitän nicht aufgrund dieser Tatsache in den Kerker stecken könne.

      Wieder hatten die Stadtoberen alle Mühe, ihm diesen Spleen auszureden, denn mittlerweile war ja landesweit bekannt, daß Killigrew und seine Männer eben keine Staatsfeinde waren.

      An diesem Tag in der Kutsche zog auch ein etwas unruhiges Flackern in das Herz des Marquess ein, und er fragte sich insgeheim beklommen, ob es da später nicht doch noch Schwierigkeiten geben mochte.

      Ach was, er war der Sohn eines Duke, es konnte gar nichts passieren, denn hinter ihm stand ein mächtiger Name, und wer würde schon wagen, einen Marquess anzuklagen?

      Daraufhin beruhigte er sich wieder.

      Eine halbe Stunde später erschien verärgert der Schmied, der für einen äußerst kargen Lohn die Kettenglieder zusammenschmieden mußte und deshalb seine wärmende Hütte verlassen hatte.

      Er tat seine Arbeit nur widerwillig und mißmutig und beschwerte sich lautstark bei dem Corporal, dem schließlich der Gaul durchging.

      „Was meckerst du hier dauernd?“ fluchte der erbost.

      „Eure Kerle pennen!“ schrie der Schmied. „Unsereins muß arbeiten. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“

      „Wer pennt? Wo pennt einer?“

      „Da, unter dem Wagen!“ brüllte der Schmied zurück.

      Die Seewölfe grinsten belustigt. Es ging eigentlich ganz heiter zu, fanden sie, trotz der Schikanen. Fast konnte man es als einen lustigen Tag bezeichnen, denn die Laune des Seewolfs war nicht schlecht, und das übertrug sich auf die anderen. Und natürlich hatte jeder den Vorfall mit „Väterchen“ mitgekriegt.

      Der Corporal sah erbost unter den Wagen und drückte das Kreuz durch. Da lag doch tatsächlich einer seiner Soldaten und machte klar bei allen Klüsen!

      Er zog den total benommenen und noch halb bewußtlosen Kerl unter dem Fuhrwerk hervor und rieb ihm den vermeintlichen Schlaf aus den Augen, indem er ihn mit Backpfeifen an Backbord und Steuerbord traktierte, ihn anbrüllte und mit Fußtritten wieder an die Arbeit scheuchte.

      „Der Arme hat noch einen ganz glasigen Blick drauf“, sagte Stenmark mitfühlend, „der weiß gar nicht, wo er zur Zeit ist.“

      Auch als die glasigen Augen einmal in „Väterchens“ Richtung schweiften, lag kein Erkennen in dem trüben Blick, „Väterchens“ Schläge lösten – so hatte jedenfalls der Kutscher versichert – bei den Betroffenen einen sogenannten temporären Gedächtnisschwund aus, einen zeitweiligen also.

      Vielleicht fiel dem Kerl übermorgen wieder ein, daß er einen in Ehren ergrauten Schmied doch etwas zu ruppig angefahren hatte.

      Das Ungetüm von Kette wurde nun durch die Lippklampe am Bug geführt und um den Festmacher gelegt.

      Jetzt war die „Isabella“ durch die Kette mit dem Land verbunden, zwar nicht unlösbar, aber eben auch nicht rein symbolisch, denn kaum war diese Arbeit getan, erschienen der Vogt, der Friedensrichter und der Marquess, und der Vogt fühlte sich verpflichtet, noch eine kleine Ansprache zu halten, als er ein Siegel um die Kette wand und sie zusätzlich mit einem schmiedeeisernen Schloß sicherte.

      „Das ist ein königliches Siegel“, sagte er steif. „Wer es erbricht oder beschädigt oder sonstwie entfernt, macht sich strafbar und wird ohne Gerichtsurteil öffentlich gehängt. Ich betone das ausdrücklich.“

      „Er betont das ausdrücklich“, sagte Dan O’Flynn ernst.

      „Ja, er betont das sehr ausdrücklich“, sagte Sam Roskill.

      „Der Spott wird Ihnen noch vergehen. Das Siegel wird jeden Tag genau kontrolliert. Das wäre alles. Haben Sie sich noch zu äußern?“ fragte der Vogt den Seewolf dann.

      „Weshalb sollte ich?“ fragte Hasard zurück. „Es ist doch alles klar. Oder nicht?“

      Der Vogt wandte sich wieder an den Marquess.

      „Sollen wir auch Wachen auf dem Schiff aufstellen lassen?“

      „Das würde ich nicht empfehlen“, sagte Hasard mit einer Stimme, die an klirrendes Eis erinnerte. „Dann nämlich kann ich die Verantwortung für diese Soldaten nicht übernehmen.“

      Der Marquess wandte sich schlukkend ab.

      „Sorgen Sie dafür, daß dieser rotgesichtige Corporal abgelöst wird. Der ist mir zu lasch“, bellte er, „und auch zu einfältig! Nehmen Sie statt dessen den Hauptmann


Скачать книгу