Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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nickte er und sagte: „Nein, ich habe es mir überlegt. Ich führe euch. Es gibt einen Weg durch das Riff.“

      „Dann los!“ stieß Don Augusto hervor. „Alle Mann auf ihre Posten! Schiff klar zum Gefecht! Die Segel setzen, wir laufen die Insel an und sehen nach, was es mit den Schiffen auf sich hat!“

      Er dachte nicht daran, sich leise zu verhalten, und er ließ auch nicht die Laternen löschen. Man sollte wissen, daß er da war, er verließ sich auf die Stärke seines immer noch aus fünf gefechtsbereiten Schiffen bestehenden Verbandes.

      Nach den Anweisungen des Lotsen glitt die „Santa Veronica“ langsam durch die Passage, die nur ein Ortskundiger ohne Risiko befahren konnte. Den nachfolgenden Galeonen ließ Don Augusto Lichtsignale geben; sie schoben sich ebenfalls vorsichtig zwischen den Bänken hindurch und hielten sich im Kielwasser der „Santa Veronica“.

      Die „Santa Veronica“ schwamm frei. Don Augusto ließ mehr Tuch setzen. Er ließ den Kurs korrigieren und steuerte in südöstlicher Richtung mit raumem Wind die Mündung des Flusses an – da geschah es. Die Dinge entwickelten sich anders, als er geplant hatte.

      Große, unheimliche Schatten tauchten wie Schemenwesen auf – die Schiffe hatten die Flußmündung verlassen. Gato hatte wieder das Kommando auf der „San Carmelo“, Mardengo hatte die „Isabella“ übernommen. Die „San Carmelo“ und die beiden Einmaster steuerten auf die „Santa Veronica“ zu und nahmen sie in die Zange; auf der „San Carmelo“ waren die Stückpforten geöffnet und die Geschütze ausgerannt.

      Gato wußte, daß es wahrscheinlich das letzte Gefecht der „San Carmelo“ war, denn ihr Rumpf füllte sich immer mehr mit Wasser und die Krängung nahm zu. Doch selbst wenn sie sank, konnten er und seine Kerle sich mit Leichtigkeit schwimmend zur Insel retten. Mardengo konnte auf die „San Carmelo“ verzichten. Wenn sie unterging, hatte er immer noch die „Isabella“ und die Einmaster. Außerdem rechnete er damit, wenigstens eine spanische Galeone aufzubringen und zu entern – vielleicht sogar die „Santa Veronica“, die bedeutend größer und in einem besseren Zustand war als die „San Carmelo“.

      Wichtig war vorerst nur eins: Der Feind mußte überrascht, nachhaltig eingeschüchtert und vernichtend geschlagen werden. Gato befolgte Mardengos Anweisungen in allen Punkten. Ohne zu zögern, feuerte er den ersten Schuß aus einer der Culverinen ab. Ein greller Mündungsblitz zerriß die Dunkelheit, Rauch stieg auf, schwer rollte der Donner über die See. Die Siebzehnpfünderkugel krachte in die Bordwand der „Santa Veronica“, es prasselte und splitterte. Die Spanier schrien auf.

      Das Gefecht war eröffnet. Wieder dröhnten die Kanonen der „San Carmelo“ – weitere vier Geschütze der Backbordbatterie wurden gezündet. Wieder saßen sie im Ziel, und Don Augusto sah seine Seeleute und Soldaten auf dem Hauptdeck zusammenbrechen.

      „Feuer!“ schrie er. „Schießt diesen Hund zusammen!“

      „Aber Señor!“ rief der Ausguck. „Es ist die ‚San Carmelo‘, die uns angreift!“

      „Was?“ Don Lope war erschüttert. „Das kann doch nicht wahr sein.“

      Jetzt erkannte es auch Don Augusto im Zucken der Mündungsfeuer: Die „San Carmelo“ näherte sich seinem Flaggschiff von Backbord und war im Begriff, ihn zusammenzuschießen.

      „Don Helder!“ schrie Don Augusto. „Was, zum Teufel, ist da drüben los?“

      Doch Don Helder Avarez antwortete ihm nicht. Er konnte es nicht, er war tot – wie die anderen Männer der „San Carmelo“. Keiner hatte das Massaker überlebt. Mardengo hatte das Schiff nicht sehr weit südlich von Daytona überfallen, seine gefangenen Kumpane befreit und mit ihnen den Angriff gegen die Spanier gewagt, der mit seinem Sieg geendet hatte. Nach dem Verlust der „Grinthian“ hatte er wieder ein Schiff gebraucht, und die „San Carmelo“, auf der Schäden auszubessern gewesen waren, hatte sich ihm geradezu als Beute angeboten.

      Don Augusto Medina Lorca wußte von diesen Ereignissen nichts, aber er konnte sich in diesem Augenblick zusammenreimen, welches Schicksal Don Helder und seiner Mannschaft widerfahren war. Das triumphierende Gebrüll der Kerle an Bord der „San Carmelo“, ließ keinen Zweifel offen – man hatte es mit Piraten zu tun. Im Aufleuchten der Mündungsblitze waren auch ihre halbnackten Gestalten zu erkennen.

      „Das ist – Mardengos Bande!“ stieß Don Lope hervor und ließ einen würgenden Laut vernehmen. Größer hätte seine Überraschung nicht sein können, er hatte nicht mehr damit gerechnet, noch einmal mit Mardengo zusammenzutreffen.

      „Feuer!“ schrie Don Augusto noch einmal, und so spuckten nun auch die Rohre der „Santa Veronica“ Feuer und Eisen aus.

      Inzwischen hatten sich zwei der vier Galeonen des Verbandes zu ihrem Flaggschiff gesellt, und sofort griffen ihre Kapitäne in das Gefecht ein. Doch inzwischen war auch Mardengo zur Stelle.

      Er hatte den Heckanker der „Isabella“ lichten lassen, anschließend aber einige Schwierigkeiten mit dem Herummanövrieren und Wenden des großen Schiffes gehabt, denn seine Kerle mußten sich erst mit der Takelung und dem Ruder vertraut machen.

      Jetzt aber glitt die „Isabella“ mit der Strömung aus der Mündung und steuerte mitten zwischen die Gegner. Die Stückpforten waren geöffnet, die Zwanzigpfünder und die Culverinen der Backbordseite donnerten fast gleichzeitig in einer kompletten Breitseite. Mardengo setzte auch die Drehbassen ein, er hielt mit Gato zusammen auf die „Santa Veronica“.

      Don Augusto geriet schwer in Bedrängnis, doch er wehrte sich nach Kräften. Eine Galeone unterstützte ihn, die beiden anderen griffen die Einmaster an, die nun ebenfalls mit ihren Bug- und Heckgeschützen feuerten.

      Im Nu tobte ein erbittertes Gefecht, in dem beide Seiten keinen leichten Stand hatten. Vor Pirates’ Cove war der Teufel los. Keiner wußte, wie das Gefecht enden würde, eine Entscheidung war noch nicht abzusehen.

       9.

      Das fahle Licht des Mondes reichte aus, Hasard konnte die nähere Umgebung erkunden. Sie waren auf dem Kahlschlag angelangt, auf dem sich die Aussichtsplattform – Oka Mamas liebster Platz – und das Katapult befanden. Doch noch hielten sich Hasard und Ilaria im Dickicht verborgen. Sie durften keine Vorsichtsmaßnahme außer acht lassen. Nur einen Augenblick später stellte sich heraus, daß ihr Verhalten richtig war.

      Ilaria berührte Hasards Unterarm. Er lenkte seinen Blick in die Richtung, die sie ihm andeutete, und sah die Gestalt eines Mannes.

      „Ein Posten“, wisperte sie ihm ins Ohr. „Oka Mama hat ihn wahrscheinlich eben erst hergeschickt. Wenn es den Spaniern gelingt, die Insel zu runden, besteht die Gefahr, daß sie in die Skull-Bucht eindringen. Das muß ihr rechtzeitig gemeldet werden, damit sie den Feind mit den Pulvertöpfen befeuern kann.“

      „Ja“, raunte der Seewolf. „Seine größte Aufmerksamkeit gilt der See, aber er würde bemerken, wenn wir uns über die Lichtung anschleichen. Hör zu: Ich halte mich rechts und arbeite mich auf ihn zu. Du wendest dich nach links und lenkst ihn ab.“

      „Ich weiß schon was Feines“, flüsterte sie und kicherte.

      Hasard gab ihr sein Messer, dann trennten sie sich. Ilaria schlich hart am Rand der Lichtung durch das Unterholz, Hasard umrundete den Platz an der rechten Seite.

      Der Pirat, der unmittelbar am Hang, der in die See abfiel, unweit des Katapultes stand, hatte sich die Muskete am Riemen über die Schulter gehängt und die Arme vor der Brust verschränkt. Immer wieder glitt sein prüfender Blick über das Wasser. Noch waren keine Schiffe zu sehen, doch der Kanonendonner wälzte sich grollend über die See. Der Kampf war hart, aber der Pirat war zuversichtlich. Der Feind wußte nichts von der Existenz des Riffs. Er hatte sich einen schlechten Platz für seinen Kampf ausgesucht. Wenn es Mardengo gelang, die Spanier auf die Korallenbänke zu drängen, war ihm der Sieg sicher.

      Plötzlich raschelte es im Gebüsch. Der Pirat drehte den Kopf nach links und nahm die Muskete von der Schulter. Er legte an und spannte den Hahn.


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