Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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reichte.

      Dennoch quälte sich Shawano, als er sich dem Gesetz beugte und befahl, sich zu trennen – um nun das Schiff zu bemannen, das sie von dem Ort des Grauens, aber auch des Sieges, forttragen sollte in ein Land, wo keine Sümpfe und keine Spanier waren.

      Und dafür brauchte er die überlebenden und jetzt gefangenen Spanier, die wußten, wie man mit dem neuen Schiff an der Pier, der „San Donato“, umzugehen hatte. Auch diese Überlegung war in seinem Plan enthalten gewesen, der den letzten Teil ihrer Flucht bedeutete. Erst wenn sie sich aus der Bucht gelöst hatten, um das Fieber und die weißen Unterdrücker hinter sich zu lassen und dem neuen Land entgegenzusteuern, erst dann würde das Leben des Stammes gesichert sein.

      Die Timucuas stiegen auf, das Schiff der Weißen – Männer, Frauen, Kinder und jene, die noch nicht zu den Alten zählten, aber sich auf der Grenze befanden – wie er selbst.

      Jene, die ganz alt oder schwerkrank waren, verfolgten das Tun mit leuchtenden Augen. Sie hatten gelernt, dem Unabdingbaren ins Auge zu schauen. Sie lagen vor den Hütten, um Zeuge zu sein, wie das Leben des Stammes einen neuen Anfang nahm. Es würde den Abschied verklären, den Abschied, der so endgültig war wie der Tod. Sie jammerten nicht. Sie waren stolz, ihr letztes Schicksal auf sich zu nehmen, weil sie dazu beitrugen, das Leben des Stammes zu erhalten.

      Shawano ging als letzter an Bord der „San Donato“, weil ihn die Lebenden brauchten und noch kein neuer Häuptling gewählt war. Aber er hatte zu den Menschen seines Stammes auch gesagt, daß man nicht aufgeben dürfe und durchhalten müsse. Jetzt durfte er nicht zurückbleiben und den Stamm einem ungewissen Schicksal überlassen. Er war der Häuptling, und er blieb es, bis sie neue Ufer erreicht hatten.

      Als er an Bord ging, weinte sein Herz. Aber sein dunkles Gesicht mit den unzähligen Runen war eine steinerne Maske. Er ließ bei den Alten eine uralte Mutter zurück, die eigene Mutter. Sie hatte nur ein bißchen gelacht, als er noch einmal zu ihr zurückgekehrt war. Es war genau das Lachen gewesen, das klirrende Lachen, wie es die Timucuas auch bei ihm gehört hatten, wenn er ihnen zeigen wollte, daß sein Stolz und sein Trotz ungebrochen seien.

      Gerade und aufrecht stieg Shawano auf das Achterdeck der spanischen Galeone, die „San Donato“ hieß. Was jetzt seinen Anfang nehmen sollte, war einzigartig im Dasein der Timucuas, wahrscheinlich im Dasein aller Indianer überhaupt: sie wollten sich auf die hohe See hinauswagen und die Küsten hinter sich lassen.

      Richtig, sie waren keine Seefahrer, und wenn sie sich aufs Wasser gewagt hatten, um zu fischen, dann waren sie immer in Sichtweite der Küste geblieben. Aber noch nie waren sie einem unendlichen Horizont entgegengesegelt, einem Horizont, der, wohin sie auch blickten, nicht aufhörte. Er bildete die Grenze zwischen dem Himmel und der See – eine nicht faßbare Grenze, der man meinte, sich zu nähern, die aber dennoch immer weiter entrückte.

      Es war ein unerhörtes Wagnis, auf das sich die Timucuas einließen, und Shawano wußte das. Von nun an, mit dem Hinaussteuern auf die See, war sein Plan nicht mehr berechenbar. Man übergab sich den Elementen auf Gedeih oder Verderb. Vielleicht waren sie den Timucuas wohlgesonnen, aber sie hatten oft genug vom Land aus erlebt, wie furchtbar die See werden konnte, wenn der Sturm sie aufwühlte und zum gigantischen Kochen zu bringen schien. Das alles lag in der Hand der Götter.

      Allerdings war das Wagnis, das sie jetzt eingingen, nicht ganz hoffnungslos. Da wirkte sich das als Segen aus, was sie als Fluch empfunden hatten. Das hing mit der Fronarbeit auf der Werft zusammen. Die Krieger, die dort hatten arbeiten müssen, waren mehrere Male tätige Zeugen dessen gewesen, was dort entstand. Und sie hatten dabei gelernt. Vieles davon hatten sie abends im Dorf den anderen erzählt.

      Die „San Donato“ war nicht das einzige Schiff, das durch ihrer Hände Arbeit von der Kiellegung bis zum Setzen der Masten und der Verspannung des Riggs entstanden war. Sie hatten an allen diesen Arbeiten teilgenommen – unter Zwang. Aber sie waren dabei auch neugierig gewesen und hatten aufgepaßt. Was bei dem ersten Schiff, an dem sie hatten mitbauen müssen, für sie wie ein Wunder gewesen war, hatten sie bei den weiteren Bauten mehr und mehr mit dem Verstand erfaßt.

      Zuerst hatten sie sich dumm angestellt, weil sie nicht wußten, wie aus den unendlich vielen Teilen ein geschlossenes großes Ganzes, das Schiff, entstehen sollte, geplant für den Zweck, vom Winde vorangetrieben zu werden. Dabei hatte die verhaßte Peitsche ihren Lernprozeß beschleunigt. Je schneller sie begriffen und fähig waren, zu sägen, zu hobeln, zu nutzen oder auszustemmen und die Teile ineinanderzufügen, desto weniger brauchten die Peiniger die Peitsche einzusetzen, von der sie alle ihre Narben davongetragen hatten.

      Ja, irgendwann hatten die spanischen Zimmerleute bestimmte Arbeiten ihnen überlassen, als erkennbar gewesen war, daß sie geschickte Hände hatten, aber auch den Verstand und die Einsicht in die komplizierten Vorgänge der Fertigung.

      Mit gutem Recht konnte Shawano sagen, daß sie etwas vom Schiffsbau verstanden, denn das, was man selbst erbaut, das kennt man. Das Schiff war nichts Fremdes mehr für sie. Jetzt sollte es für eine ungewisse Zeit ihre Hütte sein, aber eine schwimmende, sich fortbewegende Hütte.

      Nur – wie dieses Fortbewegen zu steuern war, davon verstanden die Timucuas nichts, noch nicht. Jetzt hing alles davon ab, ob die fünf Gefangenen bereit waren, ihnen zu helfen. Sie waren aus einem fernen Land über das große Wasser an die Küste der Timucuas gesegelt, also mußte ihnen der Umgang mit dem Schiff – sie nannten es Segeln – vertraut sein.

      Shawanos Blick richtete sich auf die fünf Spanier, die mit gefesselten Händen auf dem Achterdeck standen, umringt von einigen Kriegern, die sich aus der Waffenkammer der Siedlung mit kurzen und langen Feuerrohren, mit Degen und Säbeln, Messern und Äxten versorgt hatten. Natürlich hatte Shawano auch Proviant und Trinkwasser an Bord schaffen lassen.

      „Wollt ihr uns helfen?“ fragte Shawano ruhig. Er hatte genug Spanisch gelernt, um sich verständigen zu können. „Wir wollen diese Küste verlassen und ein neues Land für uns suchen – ein Land, wo keine Sümpfe sind und wir in Frieden leben können, in Frieden und in Freiheit.“

      Sie hatten auf die Planken gestarrt und hoben jetzt die Köpfe. Deutliche Überraschung lag auf ihren Gesichtern, aber auch Mißtrauen.

      Einer von ihnen, ein schlanker und kräftiger Mann mit einem energischen Gesicht – er hieß Marcos –, sagte: „Und wenn wir euch nicht helfen?“

      In Shawanos Stimme klang verhaltener Zorn auf. „Euer Kommandant hatte geplant, die Kranken meines Stammes in den Stunden des neuen Tages zu ermorden. Er behauptete, sie hätten die Absicht, auch die Weißen anzustecken und zu vernichten. Dabei weiß jeder Timucua, daß das Fieber aus den Sümpfen kommt, aber nicht von dem einen auf den anderen übertragen wird. Es war ein wahnsinniger Plan, denn das Fieber hätte auch ohne die Ermordeten weiter gewütet. Man kann ihm nur entgehen, wenn man die Sümpfe verläßt. Gut, wenn ihr uns nicht helfen wollt, dann bleibt hier. Das Fieber wird auch euch packen und töten. Ihr habt die Wahl.“

      „Bleiben wir eure Gefangenen?“ fragte Marcos.

      „Wir sind keine Spanier!“ sagte Shawano scharf. „Und wir haben nicht die Absicht, jemanden zu unterdrücken, auszupeitschen, zu quälen oder zu mißbrauchen.“

      Marcos preßte für einen Moment die Lippen zusammen, und sein Gesicht rötete sich.

      Dann sagte er: „Ich habe verstanden. Gut, ich bin bereit, euch zu helfen. Ihr sollt erfahren, daß es auch andere Spanier gibt, obwohl ihr hättet merken müssen, daß wir nie gegen euch waren.“

      Shawano lächelte flüchtig. „Wir wußten es, und darum seid ihr auch noch am Leben. Ich befahl, euch zu schonen, gebe aber zu, daß dies auch in der Absicht geschah, eure Erfahrungen für uns zu nutzen. Denn wir verstehen nichts vom Segeln. Wir sind auf eure Hilfe angewiesen. Trotzdem würden wir es allein versuchen, wenn ihr euch weigern solltet. Wie entscheiden sich deine vier Kameraden?“

      Sie hießen Rafael, José, Domingo und Mariano und erklärten wie Marcos, den Timucuas helfen zu wollen. Innerlich atmete Shawano auf. Er war sich nicht sicher gewesen, ob die Spanier auf seinen Wunsch eingehen würden. Jetzt würde man einander vertrauen müssen. Dennoch war sich Shawano darüber im klaren,


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