Seewölfe Paket 17. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 17 - Roy Palmer


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      Batuti und die Zwillinge ließen Plymmie nicht aus den Augen. Es ging wieder sehr schnell voran. Dumpf trommelten die Hufe der Pferde auf dem Boden, ihre Reiter beugten sich tiefer über ihre flatternden Mähnen.

      Hasard dachte an den Stadthauptmann Paleske, der ihm kurz vor dem Aufbruch noch einmal angeboten hatte, ihm eine Gruppe von bewaffneten Männern mitzugeben. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, die Unterstützung anzunehmen? Paleske und seine Männer kannten sich in dieser Gegend aus, sie wären jetzt wirklich eine Hilfe gewesen.

      Andererseits aber wäre das große Aufgebot schon von weitem aufgefallen, sobald es sich dem Versteck der beiden Kerle näherte, und eben das wollte Hasard um jeden Preis vermeiden.

      Er durfte nichts tun, was Dan und Piets Leben zusätzlich in Gefahr brachte. Er mußte höllisch aufpassen, daß er keinen Fehler beging. Sollten sie den Schlupfwinkel wirklich finden, mußten sie sich unter Einhaltung aller Vorsichtsmaßregeln anschleichen und in einem Handstreich die Gefangenen zu befreien versuchen.

      Ein dunkler Waldstreifen tauchte vor ihnen auf. Plymmie hielt genau darauf zu und lief noch schneller als vorher. Hasard und seine Gruppe hatten fast Mühe, ihr zu folgen.

      Als die Entfernung zum Waldrand nur noch drei- bis vierhundert Yards betrug, gab der Seewolf das Zeichen zum Halten. Sie zügelten die Pferde, die wieder schnaubend verhielten. Hasard holte sein Spektiv hervor, zog es auseinander und hob es ans Auge. In der Optik zeichneten sich die Bäume des Waldes in ihrem tiefen, ernst wirkenden Grün ab. Hasard schwenkte das Rohr etwas weiter nach links und fing die Umrisse von Gebäuden ein. Unwillkürlich straffte sich seine Gestalt.

      »Da ist eine Hütte«, sagte er. »Hinter ihr kann ich ein höheres Gebäude erkennen, ebenfalls aus Steinen errichtet. Es könnte sich um das Anwesen eines Köhlers handeln.«

      »Ja«, bestätigte Nils, der ebenfalls zum Kieker gegriffen hatte. »Und der Teufel soll mich holen, wenn wir hier nicht am richtigen Platz sind.«

      Plymmie hatte die Hütte erreicht und lief einmal um sie herum. Sie hütete sich aber, auf eigene Faust etwas zu unternehmen, etwa, ins Innere einzudringen. Bevor sie von den Zwillingen keine näheren Anweisungen empfing, hielt sie sich zurück. Sie war ein kluges Tier, mit einer ausgezeichneten Spürnase und großem Scharfsinn. Sie würde – das wurde Hasard in diesem Moment erst richtig bewußt – noch erstaunlichere Leistungen zeigen, wenn sie ein paar Jahre älter war.

      Die Hündin verschwand im Wald. Wer immer sich in der Hütte aufhielt, er mußte das Auftauchen des Tieres für einen Zufall halten. Streunende Hunde oder junge Wölfe, die auf der Suche nach Beute durch die Gegend streiften, gab es in dieser Gegend sicherlich genug. Da Plymmie gleich wieder fortgelaufen war, bestand für den oder die Bewohner der Hütte – Erich von Saxingen oder Bruno von Kreye oder beide zusammen – nicht der geringste Anlaß zu Argwohn.

      »Plymmie wird im Wald auf uns warten«, sagte Hasard junior. »Sie hat begriffen, auf was es uns ankommt.«

      »Ja«, sagte sein Bruder. »Vorläufig läßt sie sich nicht wieder blicken.«

      Ihr Vater nickte, schob das Spektiv zusammen und verstaute es wieder in seiner Tasche. »Gut. Wir schlagen einen weiten Bogen nach Osten.« Er wies nach links. »Seht ihr die Senke dort drüben? Sie wird uns als Deckung dienen. Wir folgen ihrem Verlauf, schwenken dann nach Süden ein und schließlich nach Westen, arbeiten uns durch den Wald und schleichen uns an die Hütte heran.«

      »Sollten wir nicht lieber von zwei Seiten angreifen?« fragte Matt.

      »Das tun wir«, erwiderte der Seewolf. »Wenn wir den Wald verlassen, nehmen wir die Hütte in die Zange. Das scheint mir die beste Taktik zu sein. Es hat keinen Zweck, wenn zwei von uns hierbleiben und auf ein vereinbartes Zeichen hin vordringen. Das Gelände ist an dieser Seite offen, es bietet keine Deckungsmöglichkeiten.«

      »Das sehe ich ein«, sagte Matt. »Es geht mir ja auch nur darum, daß die beiden Hundesöhne nicht entwischen. Wir wollen gründlich mit ihnen abrechnen.« Demonstrativ hielt er seinen scharfgeschliffenen Eisenhaken hoch, der in der Morgensonne blinkte.

      Hasard gab ein Zeichen, und sie brachen wieder auf. Die Senke erwies sich tatsächlich als tief genug, um sie dem Blick etwaiger Beobachter zu entziehen. Hasard war ziemlich sicher, daß von Saxingen und von Kreye sie noch nicht entdeckt hatten – falls sie tatsächlich in der Hütte waren. Aber wo sonst sollten sie sich aufhalten?

      Plymmie hatte durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, daß das Ziel erreicht war. Dan und Piet mußten in der Hütte sein, ihre Gegner hatten sie nach dem Überfall im Erlengehölz hierher verschleppt. Von Saxingen war von Rügenwaldermünde zurückgekehrt, er mußte Bruno von Kreye Bericht erstatten über das, was er erreicht, oder nicht erreicht hatte. Gemeinsam mußten sie darauf aufpassen, daß die Geiseln sich nicht aus eigener Kraft befreiten und ihnen entwischten.

      Aus all diesen Erwägungen ergab sich der Schluß, daß der Gegner noch auf dem Anwesen anzutreffen sein mußte. Selbst wenn von Saxingen etwas von der Gefahr spürte, die ihm drohte, hatte er innerhalb einer Stunde bestimmt nicht ein neues Versteck gefunden, in das er mit seinem Begleiter und den beiden Gefangenen überwechseln konnte. Das war unwahrscheinlich.

      Hasard führte seinen kleinen Trupp durch die Senke nach Süden, dann, wie beabsichtigt, nach Westen. Das Halbdunkel des Waldes schluckte die Konturen der sechs Reiter. Das Risiko, entdeckt zu werden, war so ziemlich ausgeschlossen.

      Sie legten ungefähr zweihundert Yards im Wald zurück, dann saßen sie auf ein Zeichen des Seewolfs hin ab. Sie umwickelten die Hufe der Pferde mit Lappen, die sie vorsorglich mitgebracht hatten. Dann schritten sie weiter und führten die Tiere am Zügel hinter sich her, um so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen.

      Es war später Vormittag geworden. Hasard schätzte, daß es in gut einer Stunde Mittag sein würde. Es wurde etwas wärmer, Sonnenstrahlen durchbrachen die Wolkendecke über Pommern. Der April setzte sein freundliches Gesicht auf.

      Aber nichts konnte die Gemüter der vier Männer und der beiden Jungen erheitern. Sie dachten an Gisela von Lankwitz' grausamen Tod. Alles in ihnen schrie nach Rache, nach Bestrafung. Jetzt, da sie wußten, wer der Attentäter gewesen war, waren der Zorn und der Haß noch größer als zuvor.

      Systematisch schoben sie sich auf das Köhleranwesen zu. Plymmie fanden sie auf einer winzigen Lichtung wieder, wo sie geduldig auf sie gewartet hatte. Bei dem Anblick der Gruppe hob sie den Kopf, hechelte und schlug freudig erregt mit dem Schwanz auf den Boden.

      Philip junior trat zu ihr und streichelte sie.

      »Brave Plymmie«, flüsterte er. »Bist wirklich ein schlaues Tierchen. Was meinst du wohl, ob wir Dan und Piet jetzt endlich finden?«

      Sie wandte den Kopf und blickte in Richtung der Hütte. Fast schien es, als wollte sie ihre Leute dadurch zum Handeln drängen.

      Hasard bedeutete seinen Männern, die Pferde an Baumstämmen festzubinden. Matt verteilte die Musketen und die Tromblons, und mit entschlossenen Mienen schritten alle sechs durch das Unterholz auf die Steinhütte mit dem Anbau und dem Köhlerofen zu.

      Plymmie folgte ihnen.

      Als nur noch wenige Schritte zwischen ihnen und dem Anwesen lagen, ließen sie sich zu Boden sinken und legten den Rest der Strecke kriechend zurück, wobei sie die Flinten vor sich her schoben. Hasard teilte rasch die zwei Gruppen ein. Er wollte mit Nils und Philip junior von der Hofseite aus zur vorderen Seite der Hütte schleichen. Batuti, Matt und Hasard junior sollten sich die andere Seite vornehmen.

      So schoben sie sich durch das letzte Dickicht, erreichten die rückwärtige Seite des Anwesens und trennten sich. Plymmie blieb bei Hasard, Nils und Philip junior. Sie legte sich auf den Bauch und kroch hinter ihnen her.

      Hasard gelangte mit seinen Begleitern zu dem Baum, hinter dem sich Erich von Saxingen vor nicht mehr als einer Stunde verschanzt hatte. Die beiden Schüsse, die gefallen waren, hatten der Seewolf und sein Trupp nicht vernehmen können, sie waren noch zu weit entfernt gewesen. Wären sie von ihnen gehört worden, hätten sie sich jetzt bereits in etwa ausmalen können, was geschehen


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