Seewölfe - Piraten der Weltmeere 217. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 217 - Roy Palmer


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Herr hat uns bisher auf unserem Weg ins Glück und in die Freiheit begleitet“, sagte MacLeod. „Er wird auch weiterhin bei uns sein und uns beschützen.“ Wieder hob er die Hand, diesmal wie in einer mahnenden Gebärde. „Wir haben dieses Schiff, das der Heiland uns schenkte, ‚Confidence‘ getauft, ‚Zuversicht‘. Wenn wir den Glauben und die Hoffnung aufgeben, können wir auch uns selbst den Mächten der Finsternis überantworten, dann hat alles keinen Sinn mehr.“

      „Du bist ein kluger Mann und ein guter Seefahrer“, sagte sein Freund. „Aber du bist auch ein schottischer Dickschädel, Andrew MacLeod.“ Er wies zur Kuhl hinunter. „Diesmal werden unsere Kameraden sich gegen deinen Ratschlag auflehnen – und vergiß nicht, daß wir dich zwar als unseren Anführer angenommen haben, daß wir aber von Anfang an beschlossen haben, Toleranz und demokratisches Recht an Bord dieses Schiffes walten zu lassen.“

      „Habe ich mich daran etwa nicht gehalten?“ fragte MacLeod mit erhobener Stimme.

      „Das habe ich nicht gesagt“, entgegnete Forbes ebenso laut. „Aber es gibt auf der ‚Confidence‘ keinen Kapitän, keinen Bootsmann, keinen Profos, keine Offiziere und kein gemeines Schiffsvolk – nur Gleichgestellte, denke daran! Die Mehrheit wird also entscheiden, was jetzt zu tun ist!“

      Auf der Kuhl hatten sich die Männer erstaunt umgedreht. Mit teils gespannten, teils ärgerlichen Mienen verfolgten sie das Wortgefecht zwischen MacLeod und Forbes, das sich jetzt entwickelte. Zum erstenmal gab es Unstimmigkeiten an Bord, und fast hatte es den Anschein, als sei tatsächlich die Insel, die nun wie zum Greifen nah vor der Karavelle lag, schuld daran.

      MacLeod wollte Forbes gerade eine geharnischte Antwort geben, da öffnete sich das Schott, das ins Achterkastell führte, und zwei schlanke Gestalten erschienen. Die steife Brise, die aus Nordnordwest wehte, griff sofort nach ihren langen Haaren und zerzauste sie. Sie stießen kleine, entsetzte Rufe aus und griffen mit ihren Händen in den Stoff ihrer Röcke, die vom Wind aufgebauscht wurden.

      „Vorsicht, Miß Phyllis!“ rief einer der Männer auf der Kuhl.

      Phyllis, das Mädchen mit den blonden Haaren, war auf dem schwankenden Deck ins Stolpern geraten. Sie versuchte zwar noch, ihr Gleichgewicht durch heftiges Rudern mit den Armen zu halten, aber dann stürzte sie doch – ehe ihre Schwester Rebecca oder einer der Männer ihr zu Hilfe eilen konnte.

      Sie plumpste auf ihr Hinterteil und gab einen Wehlaut von sich. Rebecca, die Brünette, die anderthalb Jahre älter war als sie, war mit einem Satz neben ihr und griff nach ihren Armen, um sie wieder von den Planken hochzuziehen. Daß bei diesem Manöver Phyllis’ Rocksaum doch bis zu den Oberschenkeln hochrutschte, ließ sich nicht verhindern.

      „Mein Gott“, sagte Rebecca. „Was du auch immer anstellst! Kannst du denn nicht aufpassen?“

      „Rebecca“, sagte Phyllis weinerlich. „Mir ist schon wieder ganz flau im Magen. Was ist denn nur los?“

      Rebecca half ihr auf und drehte sich im nächsten Moment zu den Männern um. „Mister Berwyn, Mister Gallagher, Mister Colmody“, sagte sie. „Phyllis wird mit ihrer Seekrankheit einfach nicht fertig, und deshalb wollten wir fragen, was jetzt geschieht. Gehen wir an Land oder nicht? Phyllis würde es sicherlich guttun.“

      „Nein!“ schrie plötzlich MacLeod, der die Szene mit wachsendem Zorn verfolgt hatte. Er verkrampfte seine Finger um die Handleiste der Balustrade und beugte sich weit vor. „Nein und abermals nein! Wir ankern nicht vor diesem Eiland des Teufels! Und ihr beiden verschwindet sofort wieder in eurer Kammer! Ich habe euch befohlen, euch nicht an Oberdeck sehen zu lassen, sofern ich es nicht ausdrücklich genehmige, und ich verlange, daß ihr euch daran haltet!“

      „Aber Vater“, sagte Phyllis. „Mir ist so furchtbar schlecht, und dort unten hat man das Gefühl, ersticken zu müssen.“

      „Widersprich mir nicht!“ herrschte er sie an.

      Kenneth Berwyn, ein untersetzter Mann gutmütigen Aussehens, trat zwei Schritte vor und stemmte die Fäuste in die Seiten. „MacLeod!“ rief er. „Du kannst deine Töchter herumkommandieren, uns aber nicht. Wir wollen uns auf der Insel die Beine vertreten und nach einer Quelle suchen. Ist das vielleicht eine Sünde?“

      „Nein“, sagte Stede Gallagher, der jüngste Mann an Bord. „Und die Mehrheit soll entscheiden, was geschieht.“

      „Hand hoch, wer auf die Insel will!“ schrie Tom Colmody, der Schiffszimmermann und Segelmacher der kleinen Crew.

      Alle Arme hoben sich jetzt, auch der von Hamilton Forbes. Nur Andrew MacLeod und seine Töchter, die mit recht eingeschüchterten Mienen dastanden und sich an der Nagelbank beim Großmast festhielten, gaben kein Handzeichen, daß sie einverstanden waren.

      „Du bist überstimmt, MacLeod!“ rief Berwyn. „Wir suchen jetzt eine Bucht, in der wir ankern können!“

      „Ihr Narren“, sagte MacLeod. „Ihr werdet noch sehen, was ihr davon habt. Ihr werdet diesen Beschluß noch schwer bereuen, aber wenn ihr dann jammert und stöhnt, erhöre ich euch nicht.“

      Er hob seinen Blick und sah den mächtigen Inselfelsen wie einen Todfeind an.

      Die „Isabella VIII.“ hatte es schwer, sich gegen den Wind aus Nordnordwesten zu behaupten. Der Seewolf hatte nach der Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung Kurs auf Sankt Helena nehmen wollen, doch beim beständigen Kreuzen gegen die steife Brise wurde die Galeone immer weiter von ihrer ursprünglichen Richtung abgebracht. Da Hasard nicht zu nah an die afrikanische Westküste geraten wollte, hatte er am Morgen dieses Tages beschlossen, zunächst einmal nach Westen abzulaufen und später, wenn der Wind günstiger wurde, auf Nordkurs zu gehen.

      Bill, der Moses, hatte für die Zeit der Abendwache von vier bis acht Uhr wieder seinen gewohnten Platz im Großmars eingenommen, und im Einsetzen der Abenddämmerung meldete er sich jetzt mit einem Ruf: „Deck! Inseln Steuerbord voraus!“

      Der Seewolf, der sich in diesem Moment gerade auf der Kuhl befand, hob den Kopf und blickte zu den Männern der Wache, die sich untereinander ziemlich verwundert ansahen.

      „Das gibt es doch gar nicht, Himmel, Arm und Wolkenbruch!“ sagte Matt Davies verdutzt. „Inseln in dieser gottverlassenen Ecke Welt? Ich hab gar nicht gewußt, daß hier welche sind.“

      „Wie viele sind es denn?“ schrie, Carberry, der Profos, zu Bill hinauf. „Willst du Hosentrompeter endlich mal eine vollständige Meldung erstatten, oder muß ich dir deine Hammelbeine wieder langziehen?“

      „Ich kann jetzt drei erkennen, Sir!“ rief Bill laut und deutlich zurück. „Zwei kleine im Vordergrund und dahinter eine etwas größere mit einem kahlen Felsen darauf!“

      Jeff Bowie, der nicht weit von Matt Davies und Blacky entfernt stand, grinste und sagte: „Hosentrompeter ist gut. Er nennt ihn immer noch so, dabei ist aus dem Burschen nun bei kleinem auch schon ein richtiger Mann geworden.“

      Carberry wandte sich zu ihm um. „Mister Bowie, was hast du da zu mekkern?“

      „Nichts, Mister Carberry, ich sagte nur, ich habe verstanden, daß es drei Inseln sind.“

      „Richtig“, brummte der Narbenmann. „Das haben ja wohl alle gehört. Oder hat hier vielleicht jemand Schlick in den Ohren?“

      „Nein, keiner“, antwortete Blacky. „Aber meine Frage lautet: Sind wir die ersten Menschen, die auf diese Inselgruppe stoßen, oder könnten sie schon von jemandem entdeckt worden sein?“

      „Keine Ahnung“, sagte Carberry und kratzte sich nachdenklich an seinem Rammkinn. „Ich bin doch nicht allwissend.“

      Alle schauten jetzt den Seewolf an, und dieser begann zu lächeln.

      „Wenn mich nicht alles täuscht, dann müßten das die Tristan-da Cunha-Inseln sein“, sagte er.

      „Da Cunha“, wiederholte Blacky. „Das hört sich portugiesisch an.“

      „Ist es auch“, sagte Hasard.

      „Was, hier sind die Dons auch schon


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