Seewölfe - Piraten der Weltmeere 83. Roy Palmer

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 83 - Roy Palmer


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sich inzwischen wieder intensiv mit seinem Schwabberdweil befaßte. Carberry redete mit sich selbst, und Blacky und Al Conroy, die einmal dicht an ihm vorbeigingen, schnappten die Worte „Äquatortaufe“ und „Riesenspaß“ auf.

      Blacky trat zu Bill. „He, Junge, nimm dich vor Carberry in acht. Der will dich taufen.“

      „Was?“ Bill schaute verärgert auf. „Kommt nicht in Frage. Das hat bei uns zu Hause der Kaplan in der Kirche erledigt, wie es sich für jeden anständigen neugeborenen Engländer gehört.“

      „Das ist was anderes“, erklärte Smoky, der gerade von der Back herunterstieg. „Carberry meint die Äquatortaufe.“

      „Äquatortaufe?“

      „Dir werden die richtigen Seebeine auch noch wachsen“, sagte Matt Davies.

      Bevor Bill aufbegehren konnte, stieß Ed Carberry einen wahrhaft urweltlichen Schrei aus. Breitbeinig stand er vor dem Achterabschluß der Kuhl und brüllte: „Kutscher, he, Kutscher, wo steckst du Himmelhund?“

      Prompt erschien die Gestalt des Kutschers im offenen Kombüsenschott. Hasards Koch und Feldscher trat das Körperwasser aus allen Poren. Er war kalkweiß, seine Augen quollen leicht aus den Höhlen hervor, kurz, man sah ihm an, welche Qualen er litt. Zur Zeit hatte er den schlechtesten Job an Bord. Er hatte die Holzkohlefeuer unter den schweren Bronzekübeln angeheizt, weil die Crew das ewige Pökelfleisch satt hatte und endlich mal wieder etwas „Anständiges“ zwischen die Zähne kriegen wollte. Also opferte sich der Kutscher und verging fast in der Hitze, die in der Kombüse herrschte.

      „Mein Gott“, stammelte er. „Was ist denn los?“

      „Was los ist?“ brüllte Carberry zurück. Er badete jetzt doch fast in seinem Schweiß, der ihm in Strömen übers Gesicht und den ganzen Körper lief. Die Sonne brannte wie Feuer auf ihn nieder. „Das fragst du auch noch, du Stinkstiefel? Bring mir was zu trinken! Wasser! Dalli, oder ich …“

      „… zieh dir die Haut in Streifen von deinem Affenarsch“, vollendete Luke Morgan den Satz. Seine Miene war mitleidig.

      „Nein!“ fuhr der Profos ihn an. „Ich schmeiß den Kutscher über Bord, wollte ich sagen. Zu den Haien und Barrakudas, wenn er uns hier elendig verdursten läßt.“

      Der Kutscher bewies Mut. Er trat noch zwei Schritte weiter vor, einmal, um der glühenden Hitze der Kombüse zu entweichen, zum anderen, um den Abstand zum Profos zu verkürzen.

      „Ed“, sagte er. „Wenn du Flüssigkeit in dich hineinschlauchst, wird die Schwitzerei nur noch schlimmer. Du kannst es mir glauben.“

      „Stimmt“, bestätigte Batuti.

      „Bezwing dich“, sagte Blacky zu Carberry.

      Der wollte sich nicht beherrschen und vernünftig sein. Er lief dunkel an und brüllte: „Kutscher, wenn du nicht sofort mit einer Pütz voll Wasser antrabst, knüpfe ich dich an der Rahnock auf und lasse dich dort zappeln!“

      Der Kutscher zuckte mit den Schultern, drehte sich um und suchte das Vordeck auf. Wenig später kehrte er mit einer vollen Segeltuchpütz auf Oberdeck zurück. Er hatte auch eine Muck mitgebracht. Carberry riß sie an sich, tunkte sie in das Süßwasser und schöpfte eine volle Ladung heraus. Mit einem Laut der Zufriedenheit hob er den Becher an den Mund.

      Er schlürfte wie ein Roß an der Tränke. Dann geschah etwas Ungewöhnliches. Er hielt plötzlich inne, mitten im Zug. Sein Gesichtsausdruck änderte sich, seine Stirn war drohend umwölkt.

      Der Kutscher trat vorsichtshalber zwei Schritte zurück.

      „Da stimmt was nicht“, sagte Blakky leise.

      Die gesamte Crew stand plötzlich reglos da und fixierte ihren Profos. Auch die Männer auf dem Achterdeck drehten sich dem zur Salzsäule erstarrten Carberry zu, und sogar Pete Ballie, der Rudergänger, lugte neugierig aus dem Ruderhaus hervor.

      Carberry schüttelte sich wie ein begossener Hund, dann ruckte sein klotziger Schädel mitsamt dem Rammkinn vor. In seinem Inneren grollte es, er öffnete den Mund und spuckte das soeben getrunkene Naß wieder aus. Ein richtiger Sprühregen ging auf die Decksplanken nieder. Das Ganze wurde noch gewichtiger durch das heftige Prusten des Profos.

      „Es hat ihn erwischt“, sagte Matt Davies. „Ich wußte es, Leute. Das kommt davon, wenn man sich keine Mütze aufsetzt.“

      „Gehitzigschlag“, brummte Batuti.

      „Hitzschlag“, korrigierte Blacky.

      Carberry hatte ausgespuckt, was es auszuspucken gab. Jetzt fing er sich, holte tief Luft – und fing an zu toben.

      „Kutscher!“ schrie er aus Leibeskräften. „Was ist das für eine Schweinerei? Was ficht dich an, mir so eine Brühe vorzusetzen? Komm sofort hierher, du Hering du Mistfresser, du Leutevergifter!“

      Der Kutscher hob den Kopf und wandte sich an Hasard. „Sir, muß ich diesem Befehl Folge leisten?“ Er sagte es mit Würde.

      Hasard stieg zur Kuhl hinunter. Bevor der wütende Profos auf den Kutscher losgehen konnte, stellte er sich zwischen die beiden.

      Smoky legte den Kopf in den Nakken und gab ein Zeichen zum Großmars hinauf. Dan O’Flynn und Arwenack beugten sich über die Segeltuchverkleidung ihres luftigen Postens, der Schimpanse so weit, daß er jeden Augenblick in die Tiefe zu stürzen drohte. Er keckerte und hielt schon eins seiner Wurfgeschosse bereit. Er konnte es nicht leiden, wenn der Profos auf die Palme ging, und war drauf und dran, das Ding abzufeuern.

      Dan hielt den Affen auf Smokys Wink hin zurück.

      Carberry wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Pfui Teufel! Himmel, Arsch und Zwirn, so eine Riesensauerei!“

      Hasard wurde es langsam zu bunt.

      „Profos“, sagte er scharf. „Was ist eigentlich los? Hör auf, verrückt zu spielen und erkläre mir in vernünftigen Worten, was du zu bemängeln hast.“

      Carberry beruhigte sich etwas. „Ja, Sir.“ Er wies auf die Segeltuchpütz mit Wasser, die der Kutscher immer noch hielt. „Das da – das Wasser. Probier es doch selbst mal, Sir.“

      Der Seewolf trat zu dem Kutscher. Batuti reichte ihm die Muck. Carberry hatte sie in seiner Wut auf die Planken geschleudert. Hasard tauchte das kleine Gefäß in die Flüssigkeit. Und dann roch er nur einmal prüfend, und überzeugte sich, daß der Profos recht hatte.

      „Stimmt“, sagte er. „Das Wasser stinkt. Es ist faulig. Kutscher, was hat das zu bedeuten?“

      Der Kutscher wurde diesmal richtig rot im Gesicht. „Himmel, ich – Sir, ich kann mir das nicht erklären.“

      „Das Zeug schmeckt widerlich“, sagte Carberry in Hasards Rücken. „Schlimmer als eingeschlafene Füße.“

      „Kutscher, das ist vielleicht ein Ding“, fuhr Hasard seinen Koch an. „Wie kannst du den Männern so etwas vorsetzen?“

      Alles konnte der Kutscher vertragen, nur keinen Anranzer von seinem Kapitän. Mit verkniffenem Gesicht stand er da. „Ich sehe ja ein, daß ich Bockmist geschossen habe, aber ich hab das Wasser nun leider mal nicht geprüft, bevor ich es gebracht habe, Sir. Muß an der Hitze liegen. Tut mir leid.“

      „In der Kombüse ist es bullenheiß“, sagte Blacky. „Der Kutscher ist auch nur ein Mensch.“

      Hasard warf ihm einen zurechtweisenden Blick zu. „Der Kutscher kann sich selbst verteidigen, oder?“

      „Ja, Sir.“

      „Kutscher, wieso haben wir überhaupt verfaultes Wasser an Bord?“

      „Das weiß ich nicht.“

      „Wir haben doch erst vor kurzem Trinkwasser und Proviant gefaßt.“

      „Ja, Sir.“

      „Unter diesen Umständen halte ich es für richtig, wenn wir mal gemeinsam die Kombüse und


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