Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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      Nein, sie wollten die erste Geige spielen, und darum kriegte der Glatzkopf hinter dem Tresen als erster eine gewischt, aber er war hart im Nehmen, und der bullige Kerl, der die Bande anführte, langte noch einmal zu – mit einem Humpen. Der Glatzkopf sank auf einen Hocker und war vorerst nicht mehr da.

      Der Bulle lehnte sich mit dem Rükken an den Tresen und betrachtete die Runde in der Kneipe. Er hatte eine niedrige Stirn, sehr eng zusammenstehende Augen, eine gebrochene Nase, zernarbte Lippen und ein Kinn, das Ed Carberry hätte gehören können. Das war aber auch die einzige Ähnlichkeit, denn Ed hatte keine verkrüppelten Ohren, und er sah auch nicht aus wie ein Urwaldaffe.

      „Männer“, sagte Ed Carberry voller Fröhlichkeit und krempelte sich die Hemdsärmel hoch, „ich glaube, jetzt geht’s los.“

      Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bulle einem schlanken, schwarzhaarigen Mann, der gerade am Tresen vorbeiging, ein Bein gestellt. Der Mann stolperte, konnte sich aber fangen und wirbelte herum.

      Der Bulle sagte: „Bist du ’n Don?“

      Der schlanke Mann nickte irritiert. Sekunden später beförderte ihn ein Hieb zur Tür.

      „Alle Dons und sonstigen Sardinenfresser raus!“ befahl der Bulle. „Hier stinkt’s sonst zu sehr.“

      Carberry wollte schon vom Stuhl hoch, aber Ben bremste ihn.

      „Abwarten!“ zischte er. „Wenn die Bude leer ist, können wir uns besser entfalten, Ed!“

      Der Profos grinste und fletschte die Zähne.

      Drei Kerle des Bullen schlenderten durch die Kneipe und stießen mit blitzschnellen Fußtritten Stühle und Hocker um, auf denen Spanier und Portugiesen saßen. Sie packten die Männer an den Kragen und beförderten sie Richtung Ausgang, unterstützt von den anderen Kerlen der Gruppe.

      Das wickelte sich ziemlich schnell ab. Es dauerte knapp vier Minuten, da war die Kneipe fast leer. Da saßen noch drei Franzosen und einige Dänen – und die sechs Seewölfe.

      Der Bulle trank inzwischen aus einem Humpen, deutete mit ihm zu dem Tisch mit den Franzosen und sagte: „Ihr dürft auch verschwinden.“

      Einer der drei stand auf, zog ein Messer – und das war auch alles. Der Humpen flog ihm ins Gesicht, und schon waren vier Kerle über ihm. Sekunden später flog er wie ein Geschoß durch die Tür nach draußen, die einer geöffnet hatte. Die beiden anderen Franzosen verzogen sich freiwillig. Die Niederländer waren ihnen wohl zu ruppig.

      Zu den Dänen sagte der Bulle: „Ihr dürft bleiben und zusehen.“

      Die Grazien verschiedener Hautfarben hasteten die Treppe hoch, der Bulle beobachtete sie grinsend und ziemlich lüstern. Hinter ihm rappelte sich der Glatzkopf vom Hocker hoch, griff nach einer Flasche und schlug zu. Die Flasche zersplitterte auf dem Tresen, denn der Bulle war einen Schritt zur Seite getreten. Er mußte Augen im Hinterkopf haben. Vielleicht war es auch Instinkt.

      Ansatzlos ruckte er herum, den rechten Arm ausgestreckt. Mit dem fegte er den Glatzkopf von den Füßen. Es war eine beachtliche Leistung. Der Glatzkopf sauste in ein Schapp am Anfang des Tresens. Dort schepperte und klirrte es.

      Jetzt richteten sich alle Augen auf die sechs Seewölfe.

      „Was seid ihr für welche?“ fragte der Bulle lässig.

      „Fromme irische Pilger“, sagte Carberry.

      „Verrückt, wie?“

      „Nein, voller Demut, wie es sich für fromme irische Pilger gehört.“

      Der Bulle grunzte. „Du spinnst wohl, Gevatter?“

      „Kann sein, manchmal“, erwiderte Carberry, faltete die Pranken und drehte Däumchen. „Du lebst in Sünde, Bruder, weil du an diesem Ort Böses getan hast. Alles hier war friedlich, aber ihr habt diese heilige Stätte entweiht. Der Zorn des Allmächtigen wird euch treffen. Du solltest beten und in dich gehen, Bruder. Es steht geschrieben, daß man seine Feinde lieben solle.“

      „Amen“, sagte Ben Brighton.

      „Hosianna“, sagte Pete Ballie.

      „Halleluja“, sagte Stenmark.

      „Tuet Buße“, sagte Sam Roskill.

      Und jetzt fehlte nur noch Batuti. Der sagte: „Gehet hin in Frieden.“

      Eine Weile herrschte Stille. Dieser fünfzehnköpfige Schlägerhaufen wirkte ziemlich verdattert.

      Dann sagte einer zu dem Bullen: „Die nehmen uns auf den Arm, Profos.“

      Carberrys grauen Augen blitzten auf. Siehe da, ein Kollege! Aber was für einer! Der war weiß Gott keine Glanzleuchte für die Profosgilde. Das war einer von der tückischen und gemeinen Sorte, einer, der seinen Spaß daran hatte, andere zu piesacken, ein skrupelloser Raufbold und Menschenschinder.

      In Edwin Carberry begann es zu gären.

      „He, der Nigger da!“ sagte der Bulle. „Komm mal her und laß dich anfassen, ob du auch fest im Fleisch bist. So einen wie dich brauchen wir, um mit dir die Bilge und den Abtritt unserer Offiziere auszuwischen.“

      Carberry fuhr wieder hoch, aber dieses Mal drückte ihn Batuti zurück.

      „Das ist meine Sache, Profos“, sagte er leise und sehr sanft.

      Die dunkle Gazelle brachte er zur Treppe, die Chinesin trippelte hinterher. Batuti wandte sich um und ging zu dem Bullen – ein Bild des Jammers, krummrückig, mit eingezogenem Kopf, hängenden Armen, ängstlich rollenden Augen.

      „Nicht hauen, lieber weißer Mann“, sagte er und zitterte sogar.

      Aber der Bulle haute doch, und sein Gesicht war dabei nichts weiter als gemein. Schwarze waren ja keine Menschen, sondern Putzlappen, gut genug, um die Abtritte von Offizieren auszuwischen.

      Nur traf der Bulle nicht, und er hatte auch keine Zeit mehr, verdutzt zu sein, daß der Schwarze, der eben noch gewinselt hatte, plötzlich ein ganz anderer war.

      Die Faust Batutis war schneller und schlug wie ein Blitz ein. Es war ein ungeheuerlicher Schlag, wie ihn der Bulle wohl noch nie in seinem gewalttätigen Leben empfangen hatte.

      Er flog nahezu waagerecht am Tresen entlang, riß vier, fünf seiner Kerle von den Füßen, fegte zwei Stühle beiseite, stieß einen Tisch um und sauste zwischen zwei Stufen der Treppe, zwischen denen er eingeklemmt hängenblieb. Die ganze Treppe wackelte und ächzte.

      Der Bulle ächzte nicht, denn er war bewußtlos. Und seine vierzehn Mann waren zu Salzsäulen erstarrt.

      Situationen richtig zu erkennen, das hatten die Seewölfe in unzähligen harten Kämpfen gelernt, und sie nutzten die Gunst des Augenblicks.

      Der Sturm brach los, ausgelöst von sechs entfesselten Seewölfen. Noch bevor sich die vierzehn Niederländer aus ihrer Erstarrung gelöst hatten, sanken zwölf auf die Holzdielen, und zwar jeweils paarweise, weil harte Fäuste ihre Köpfe gegeneinandergedonnert hatten. Das war eine erprobte Methode, wenn man es mit zu vielen Gegnern zu tun hatte. Außerdem hatten sie wie die Ölgötzen dagestanden und sich angeboten.

      Der dreizehnte Mann sprang Carberry ins Kreuz, weil der ihm den Rücken zudrehte, aber Carberry wanderte mit ihm an eine freie Wand, drehte sich bedächtig um und klemmte den Kerl zwischen der Wand und seinem breiten Kreuz ein.

      „Paß auf, daß die Wand nicht einfällt“, sagte Ben Brighton besorgt, während Batuti gerade dem vierzehnten Mann die Faust aufs Haupt schlug.

      Da der Kerl die Knie versteift hatte, brach er durch die Dielen und verschwand bis zur Brust.

      Carberry trat einen Schritt vor, und der Mann, der wie ein Affe auf seinem Rücken gehockt hatte, klatschte zu Boden. Er rang arg nach Luft.

      „Springt mich von hinten an, dieses Rübenschwein“, tadelte der Profos und verabfolgte dem Mann eine mächtige Ohrfeige.

      Für einige Zeit waren


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