Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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seh nichts“, sagte der Kutscher verdattert.

      „Bin schon da!“ erklang Hasards Stimme hinter ihnen. „Alle Mann wecken, Smoky, vielleicht gibt’s Krach!“

      Und so erlebten die Männer, die auf der „Isabella“ zurückgeblieben waren, die Rückkehr ihrer sechs Leute, die, gewaschen und schicklich im Zeug, als fromme irische Pilger ausgezogen waren, aber keineswegs als ebensolche frommen Pilger zurückkehrten.

      „Ich hab’s doch gesagt“, erklärte Dan O’Flynn, der neben Hasard auf der Pier stand und alles beobachtete.

      Der Seewolf lächelte nur verhalten.

      Und sie schauten zu.

      Denn Carberry und Ben Brighton hatten in Höhe des Pierzugangs zur „Zwarte Leeuw“ angehalten, sich umgedreht und ihre jeweiligen Seile Hand über Hand herangeholt. Carberry nestelte in seinem Haufen herum und hievte einen Mann hoch, den er mit einer Faust im Genick festhielt.

      Dieser Mann schien sehr weiche Knie zu haben, denn er sackte dauernd zusammen. Außerdem lallte er unverständliches Zeug und bewegte die Arme wie eine flügellahme Krähe.

      Bei ihm und Ben Brighton tauchten nacheinander Batuti, Stenmark, Pete Ballie und Sam Roskill auf. Auch sie lösten die Seile von ihren Schultern und holten sie Hand über Hand zu sich heran. Bei den sechs Seewölfen sammelte sich ein Berg von Menschenleibern, von denen die sechs die Seile losknüpften.

      Da marschierte Carberry los, vor sich die Gestalt des Mannes mit den weichen Knien. Der latschte mit, aber das sah irgendwie marionettenhaft aus, weil Carberry ihn am Kragen festhielt.

      Vor der Stelling der niederländischen Galeone hatten sich mehrere Männer versammelt, unter ihnen Pieter de Jonge, der Kapitän.

      Vier Schritte vor de Jonge verhielt Carberry.

      „Hat nicht geklappt, Kapitän!“ röhrte seine Stimme über die Pier. „Deine Affenärsche haben sich die Hucke voll gesoffen – dein Profos allen voran – und wissen nicht mehr, ob sie Männchen oder Weibchen sind, falls sie das überhaupt je gewußt haben. Wir bringen sie dir zurück, diese Scheißkerle. Und wenn du mich fragst, hätte ich sie lieber im Sumpf hinter der portugiesischen Kneipe versenkt. Dreck gehört nämlich zu Dreck, wenn du verstehst, was ich meine. Und dein Profos ist mehr als Dreck. Dein Profos ist eine Beleidigung für alle ehrlichen Profosen, die auf guten, ehrlichen Schiffen über die Meere fahren. Und wenn du diesen Mistkerl noch einmal auf uns losläßt, Kapitän, dann verspreche ich – der Profos der ehrlichen ‚Isabella‘ –, daß ich dir diese räudige Wildsau mit in Streifen geschnittenem Affenarsch auf einem Tablett zurückschicke, so wahr ich Edwin Carberry heiße.“

      Und damit gab der Profos der „Isabella“ dem Profos der „Zwarte Leeuw“ einen Stoß, sehr sanft, wohlgemerkt.

      Der Bulle schwankte auf seinen Kapitän zu, als wolle er ihn umarmen, aber dann kurvte er plötzlich mit einknickenden Knien nach rechts, tat noch zwei Schritte und stieg von der Pier ins Wasser.

      Und weg war er.

      Unten klatschte es.

      „Habe die Ehre“, sagte Carberry, drehte sich um und marschierte zurück. Über die Schulter rief er: „Laß den anderen Misthaufen abholen, Kapitän, wir sind nicht deine Lastenträger. Besser wäre, diese Rübenschweine in der Bantambai zu versenken!“

      „Festhalten, den Kerl!“ brüllte der Kapitän mit überschnappender Stimme.

      Carberry drehte sich gelassen um.

      „Versucht’s mal“, sagte er, stellte sich breitbeinig hin und stemmte die Pranken in die Hüften. Sein Rammkinn war unternehmungslustig vorgereckt.

      Er wußte, daß er Rückendeckung hatte, denn noch während des Umdrehens hatte er gesehen, daß die Seewölfe aufmarschiert waren, Musketen lässig unter den Arm geklemmt. Hasard stand zwischen ihnen.

      Carberry lockte „Na, kommt schon, ihr triefäugigen Enkel einer verlausten schwarzen Löwin! Laßt euch ein bißchen das Fell streicheln.“

      Unter der Holzpier planschte gurgelnd und spuckend der bullige Profos im Wasser herum und plärrte, daß er nicht schwimmen könne.

      „Klettere an den Pfosten hoch, du dämlicher Hund!“ knurrte Carberry erbittert. Das war ja wohl das letzte, daß sich dieses Zerrbild eines Profos’ nicht selbst zu helfen wußte.

      Und der Kapitän schrie einen Mann an, wohl einen Bootsmann, er möge jetzt endlich, verdammt noch mal, diesen renitenten Burschen auf der Pier überwältigen und in Ketten legen.

      Sie schlichen zu dritt auf Carberry zu, noch zwei folgten zögernd.

      Neben Carberry tauchte Hasard auf, groß, schlank, geschmeidig. Binnen Sekunden war die Situation bereinigt – fünf Niederländer leisteten ihrem Profos unten im Wasser Gesellschaft und brüllten um die Wette. Dann entdeckte einer die Sprossen zwischen den Stützpfosten, planschte dorthin und kletterte hoch. Wie Hammel dem Leitbock folgten die anderen, und jeder versuchte, als erster auf die Sprossen zu gelangen. Einer hängte sich an die Füße des Leithammels, der wutentbrannt nach ihm stieß.

      Dann brach die Sprosse, auf der er stand, und die ganze Menschen traube sauste zurück ins Wasser.

      De Jonge erlitt einen Tobsuchtsanfall. Außerdem hatte er die Situation nicht mehr im Griff. Plötzlich stand er allein, denn die Kerle um ihn herum wichen zurück, als Hasard auf die Gruppe zuging. Es sah aus, als hätten sie Angst vor ihm.

      Wenn sechs von diesen verdammten „Iren“ fünfzehn ihrer härtesten Schläger samt Profos gezähmt hatten, was mußte dann erst dieser schwarzhaarige Riese, der ihr Kapitän war, für ein Kämpfer sein!

      Und dann wurde gemunkelt, dieser Mann sei der Seewolf. Die wildesten Geschichten kursierten über ihn. In der Schlacht gegen die Armada habe er in einem tollkühnen Branderangriff „die Unbezwingbare“ zersprengt und zum Teufel gejagt. Nein, mit einem solchen Kerl legte man sich nicht an.

      Lächelnd sagte Hasard: „Lassen Sie’s gut sein, Kapitän de Jonge. Keiner Ihrer Leute hat ernsthaften Schaden genommen – abgesehen von einem erfrischenden Bad …“

      „Ich verlange Genugtuung!“ brüllte der Kapitän.

      „Für was?“ fragte Hasard ruhig.

      „Dieser Kerl da hat mich beleidigt!“ De Jonge stieß den Arm gegen Carberry vor. „Mich, einen niederländischen Kapitän und Kommodore!“ Er klopfte sich an die Brust.

      „Wollen Sie sich mit ihm duellieren?“ fragte Hasard höflich.

      „Ich duelliere mich nicht mit niederem Schiffsvolk.“

      „Ah ja“, sagte Hasard mit leichtem Spott in der Stimme, „zum Kämpfen sind Ihre Leute da, nicht wahr? Das niedere Schiffsvolk, wie Sie es zu nennen belieben. Und Sie selbst bleiben in Deckung, wie? Feine Sache. Andere tragen ihre Haut zu Markte, und Sie bleiben aus der Schußlinie. Das ist für mich sehr interessant, denn schließlich wünschten Sie ja, ich sollte an Ihrer Seite gegen die Portugiesen kämpfen. Wissen Sie, viel Lust habe ich nicht dazu. Suchen Sie sich einen anderen Bundesgenossen, einen, der so dumm ist, sich für Sie oder Ihre merkwürdigen Ziele totschießen zu lassen. Meine Sache ist das jedenfalls nicht.“

      „Ich habe Sie in der Hand, das wissen Sie!“ fauchte der Kapitän.

      „Nichts haben Sie in der Hand, Sie mieser, kleiner Erpresser.“

      Jetzt war auch Hasards Stimme scharf geworden. „Begreifen Sie endlich, daß Sie mit Drohungen bei mir nichts erreichen.“

      Aber dieser niederländische Kapitän begriff nichts. Er wollte wohl auch nicht begreifen. Seine Vernunft war soviel wert wie ein durchlöcherter Blasebalg.

      Mit überkippender Stimme schrie er: „Schießt ihn nieder, diesen Halunken! Ich will sein Schiff haben! Weg mit dem Kerl …“

      Er, verstummte und riß die Augen auf, denn Hasard hatte nur die rechte Hand gehoben und gewinkt, ohne sich umzudrehen.


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