Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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Reede. Auf den Piers versammelten sich Zuschauer – Chinesen, Inder, Araber, Portugiesen, Eingeborene, Indonesier, Dänen, Franzosen, Spanier. Da gab es schadenfrohe, höhnische, entsetzte, aber auch ausdruckslose Gesichter.

      Den Seewölfen war der Appetit vergangen.

      „Ist dieser Affenarsch von Kapitän wahnsinnig?“ grollte Edwin Carberry erbittert. „Erst schlägt der Profos den Kerlen die Haut in Fetzen und dann wird umgekehrt verfahren! Wo soll da der Sinn liegen?“

      Luke Morgan, frech wie eh und je, nahm es mehr von der grimmigheiteren Seite und sagte: „Einem Profos muß eben auch mal die Haut in Streifen von seinem Affen …“

      „Halt’s Maul, Mister Morgan!“ blaffte ihn Carberry an. „Was dort passiert, ist nicht mehr normal. Und das vor aller Augen! Dieses Rübenschwein von Profos hat eine Strafe verdient, aber nicht so.“

      „Wie denn?“ erkundigte sich Luke Morgan.

      „Weiß ich auch nicht“, knurrte Carberry verstimmt. „Ich weiß nur, daß ich nichts dagegen hätte, wenn die Macker dort drüben auch ihrem verdammten Kapitän die Neunschwänzige überziehen würden, der hätte es nötiger als alle anderen.“

      „Abgesehen von dem Profos“, ergänzte Luke Morgan.

      „Ach laß mich zufrieden“, sagte Carberry brummig.

      Der Profos drüben brüllte nicht mehr. Er hing in den Wanten, offenbar ohnmächtig. Sein Rücken sah übel aus. Einer, der ohnmächtig ist, spürt nichts mehr. Also wurde das Auspeitschen eingestellt. Aber der Profos blieb weiter in den Wanten hängen – wie ein aufgespanntes Hemd an der Wäscheleine.

      Eine Viertelstunde später meldete Bill, der Moses, den Anmarsch Kapitän de Jonges.

      „Was will der denn nun wieder“, murrte Carberry und ließ Hasard wahrschauen.

      Am Heck waren Leitern angebracht worden, verbunden mit Querbrettern, damit Ferris Tucker bequem arbeiten konnte. Eine weitere Leiter stand auf der Steuerbordseite der „Isabella“, um von und an Bord gelangen zu können.

      Dort schob Batuti Wache mit der Order, keinen Fremden an Bord zu lassen.

      De Jonge, stiernackig, rot und schwitzend, walzte heran, als gehöre ihm das Werftgelände. Er steuerte das Heck an, sah zu, wie dort gearbeitet wurde, und pumpte sich schon wieder auf, weil ihn niemand beachtete.

      Dann ließ Ferris Tucker ein Stemmeisen fallen, das sich genau vor der rechten Stiefelspitze des Kapitäns in den Boden bohrte.

      Ferris Tucker tat erstaunt, als er den tomatenroten Kapitän unter sich erblickte, und sagte: „Verzeihung. Aber Glück muß man haben, wie? Das Stemmeisen hätte ja auch Ihre Rübe treffen können.“

      „Das war Absicht!“ schrie der Kapitän. „Das war ein Anschlag auf mein Leben!“

      Ferris Tucker grinste hinunter. „Alte Seemannsregel: man stellt sich weder unter schwebende Lasten noch unter Plätze, an denen gearbeitet wird. Müssen Sie sich merken, Freundchen.“

      „Unverschämtheit! Was erlauben Sie sich? Wer sind Sie überhaupt?“

      „Der Schiffszimmermann“, erwiderte Ferris Tucker trocken, „oder sieht man das nicht? Wird bei Ihnen ein Ruder vom Segelmacher genäht, wenn es gebrochen ist?“ Er spielte mit dem schweren Hammer, der in seinen mächtigen Fäusten dennoch wie ein Spielzeug aussah. „Sonst noch Fragen, Freundchen? Ich hab nämlich zu arbeiten und keine Zeit – wie andere Leute –, die nichts Besseres zu tun haben, als herumzubrüllen und sich für den Nabel der Welt zu halten. Könnten Sie mir mal das Stemmeisen nach oben werfen?“

      De Jonge drehte sich abrupt um und marschierte auf Batuti los.

      „Weg da, Nigger!“ herrschte er den riesigen Mann an.

      Batuti stand wie ein Baum und versperrte die Leiter. An ihm ging kein Weg vorbei.

      „Sagtest du Nigger, weißer Mann?“ fragte er höflich. „Wenn ja, dann laß es besser, sonst geht’s dir wie deinem Profos, dem ich was aufs große Maul geschlagen habe, als er meinte, mich beleidigen zu dürfen.“

      Kapitän de Jonge wich zwei Schritte zurück. Sein Gesicht war fahl geworden, bis auf zwei rote Flecken, die auf seinen Jochbeinen prangten.

      „Ich will den Kapitän sprechen“, sagte er und betastete sein Kinn.

      Batuti begutachtete es und verkniff sich ein Grinsen. Da hatte sein Kapitän auch ganz schön zugehauen – in der Nacht, als de Jonge ins Wasser geflogen war.

      Hasard enterte nach unten ab und wandte sich de Jonge zu.

      „Was wollen Sie?“ fragte er kalt.

      De Jonges Augen wurden lauernd. „Sie haben sich mit de Ribeiro arrangiert?“

      „Geht Sie das was an?“

      „Allerdings. Denn wenn Sie sich mit ihm arrangiert haben, werde ich jetzt dafür sorgen, daß er erfährt, welche Laus er sich in den Pelz gesetzt hat – nämlich den berüchtigten Seewolf!“

      Hasard lachte lauthals.

      „Das weiß er schon“, sagte er.

      „Wieso?“ Das Hauklotzgesicht wirkte ziemlich dumm.

      „Oh!“ Hasard verbeugte sich ironisch. „Entschuldigen Sie, daß ich Ihnen vorgegriffen habe, aber ich hielt es für richtiger, mich selbst vorzustellen und ihm zu sagen, wer ich bin.“

      „Was denn – Sie haben es ihm selbst gesagt?“ fragte der Kapitän entgeistert.

      „Warum nicht?“

      „Sie lügen!“

      Hasards eisblauer Blick wurde dolchscharf. „Mäßigen Sie sich, Mann. Sie haben ein seltenes Talent, die üblichen Höflichkeiten zu mißachten und andere zu provozieren. Bleiben Sie auf dem Boden, oder wollen Sie noch einmal ins Wasser fliegen, um sich abzukühlen?“

      „De Ribeiro hat Sie nicht in Ketten legen lassen?“

      „Warum sollte er? Er hatte bereits von mir gehört und rechnete es mir hoch an, daß ich mich damals nach der Schlacht gegen die Armada um die Schiffbrüchigen gekümmert hatte. Sie sehen, auch unter vermutlichen Feinden kann man Freunde haben, echte Freunde, wohlbemerkt.“

      „Sie ziehen es vor, mit den Feinden Ihres Landes zu paktieren? Sie sind ein Verräter!“

      Hasards Geduldsfaden wurde arg strapaziert. „Mir neu, daß Señor de Ribeiro ein Feind meines Landes ist. Er war höflich, sehr freundlich und hilfsbereit. Im übrigen hält er es mehr mit einem friedlichen Nebeneinanderleben als mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Das ist ein Standpunkt, den ich respektiere und achte. Vielleicht sollten gerade Sie einmal darüber nachdenken, falls Ihnen das nicht zu anstrengend ist. Daß Sie mich einen Verräter nannten, möchte ich überhört haben. Dieser Vorwurf erscheint mir auch unlogisch.“

      „Wieso?“

      „Weil zwischen Portugal und England kein Krieg herrscht.“

      „Portugal und Spanien wollen die Welt erobern, und das muß verhindert werden!“ brauste der Kapitän auf.

      „Und Sie wollen im großen Kuchenteig mit herumrühren, nicht wahr?“

      „Natürlich!“

      „Na, dann Prost. Die Welt wird beglückt sein, wenn Sie auftauchen – ein Vollidiot, der es fertigbringt, ganz Bantam zusehen zu lassen, wie sich Ihre Leute gegenseitig die Rücken blutig peitschen müssen. Da weiß jeder gleich, was ihn erwartet, wenn Sie hier das Zepter schwingen sollten.“

      „Jawohl!“ Der Kapitän warf sich in die Brust. „Alle Welt sollte zusehen, jawohl! Damit diese Strolche, Kanaken, Spitzbuben und Faulenzer gleich wissen, daß bei uns Niederländern Zucht und Ordnung herrschen. Das kann diesem Pack nicht eindeutig genug demonstriert werden.“

      „Mein Gott“, sagte Hasard erschüttert, „jetzt


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