Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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darstellen sollte, war so ausdrucksvoll wie ein vergammelter Kohlkopf.

      „Dieser Profos neigt zu maßlosen Übertreibungen!“ empörte sich Ben Brighton.

      Das Gelächter, das folgte, ließ die Männer auf der „Zwarte Leeuw“ zusammenzucken. Denn auf diesem Schiff war seit Monaten nicht mehr gelacht worden, genauer gesagt, seit dem Ankeraufgehen auf der grauen Reede von Texel. Grau war alles geblieben, grau und trüb. Wer lachte, drückte damit sein Wohlbefinden aus, und das war verdächtig. Das war jedenfalls Pieter de Jonges Ansicht. Kuschen und schuften, nur das galt für das Schiffsvolk. Und wer aus der Reihe tanzte, durfte die Neunschwänzige des Profos’ spüren.

      Sie wußten gar nicht mehr, daß es Menschen gab, die lachen konnten. Als sie ihren Kapitän aus dem Wasser zogen, hätten sie gern gelacht, aber ein Blick in dessen verzerrtes Gesicht ließ sie ahnen, daß die lausigen Zeiten jetzt erst richtig anfangen würden.

      Im übrigen hatte Carberry richtig getippt. Der Profos der „Zwarte Leeuw“ wurde in Ketten gelegt. Allerdings war das eine völlig sinnlose Maßnahme; dieser Mann würde sich nie ändern – genausowenig wie der Kapitän selbst.

      5.

      Der Mann, dem die portugiesische Niederlassung in Bantam unterstand, hieß Gaspar de Ribeiro. Hasard suchte ihn zusammen mit Dan O’Flynn am nächsten Morgen auf und traf ihn in der portugiesischen Faktorei an.

      Sie wurden beide überraschend freundlich empfangen, ja nahezu liebenswürdig.

      Dieser de Ribeiro war ein schlanker, kleiner, weißhaariger Mann mit einem schmalen, mahagonifarbenen Gesicht, zu dem das feste, weiße Haar einen scharfen Kontrast bildete. Lebhafte Augen musterten die beiden Besucher. Es waren Augen, die sich nicht versteckten.

      Und darum entschloß sich Hasard, kein Versteck zu spielen – schon um den Drohungen de Jonges vorzubeugen, seine Identität an die Portugiesen zu verraten.

      Er stellte Dan und sich vor und sagte rundheraus: „Wir sind Engländer, Señor de Ribeiro, und auf Ihre Hilfe angewiesen. Unser Schiff hat einen Ruderbruch, darum liefen wir Bantam an. Die Reparatur ist nur auf einer Helling möglich.“

      „Kein Problem“, erwiderte der Portugiese lächelnd. „Ich hatte mir schon gedacht, daß Sie mich aufsuchen würden. Hier spricht sich alles sehr schnell herum – auch jene Dinge, die heute nacht passierten, ganz abgesehen davon, daß Kapitän de Jonge ja sehr laut brüllte, als er Ihrem Schiff einen Besuch abstattete, um Sie auf seine Seite zu ziehen. Nun, Sie haben ihn abblitzen lassen, und ich bin ehrlich genug, Ihnen zu sagen, daß ich darüber sehr erleichtert bin.“ Wieder lächelte de Ribeiro. „Die Legenden über Sie stimmen, Kapitän Killigrew.“

      Hasard runzelte die Stirn. „Welche Legenden?“

      „Daß Sie ein fairer Mann seien. Zufällig kenne ich einen portugiesischen Kapitän, der seinerzeit in der Armada mitsegelte, die Kämpfe miterlebte und zu jenen gehört, denen die Rückkehr um England und Irland gelang. Von ihm weiß ich, was Sie alles für meine Landsleute taten, nachdem die Schlacht geschlagen war. Sie kümmerten sich um die Schiffbrüchigen – ganz im Gegensatz zu einem gewissen Francis Drake. Da ist es eine Selbstverständlichkeit, daß ich auch Ihnen jetzt helfe. Sie können Ihr Schiff sofort zur Helling verholen. Ich werde veranlassen, daß der Hellingmeister genügend Leute bereitstellt, um Ihr Schiff aufzuslippen. Brauchen Sie Schiffszimmerleute?“

      „Ich habe den besten, den es gibt.“ Hasard lächelte. „Aber herzlichen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft. Die Reparatur können wir selbst durchführen.“

      „Gut. Wie steht es mit Proviant, Trinkwasser und so weiter? Sie können in der Faktorei alles kaufen, auch Gewürze, schließlich sind wir eine Handelsniederlassung und leben davon. Damit möchte ich ausdrücken, daß wir einen friedlichen Handel und Wandel für fruchtbarer halten als kriegerische Auseinandersetzungen.“ Der Portugiese seufzte. „Seit wir dieses Paradies entdeckt haben, mehren sich über die Jahrzehnte die Anzeichen, daß wir uns von ihm immer weiter entfernen. Zuerst hatten wir keine Schwierigkeiten. Jetzt werden die Menschen auf allen diesen Inseln uns gegenüber feindlicher. Die Weißen stören uns, sagen sie. Erst haben wir ihnen freiwillig gegeben, was sie haben wollten, jetzt fordern und verlangen sie und wenden Gewalt an. Sogar ihren Gott wollen sie uns aufzwingen und behaupten, es gäbe nur diesen einen, dabei wissen wir, daß dies nicht wahr sein kann. Ja, so sagen sie – und sie haben recht. Jetzt sind die Niederländer hier aufgetaucht und benehmen sich in einer Weise, die den Haß herausfordert. Seit eine Javanerin von dem Profos des Flaggschiffs vergewaltigt wurde, brodelt es in Bantam. Und wir Portugiesen kriegen es ebenfalls zu spüren. Man wirft uns mit den Niederländern in einen Topf.“

      Hasard nickte. „De Jonge würde sich hier gern festsetzen.“

      „Ich weiß. Er war nicht damit zufrieden, seine Laderäume mit Gewürzen vollzustopfen. Das genügt ihm nicht. Er will den ganzen Handel an sich reißen, und wir sind ihm dabei im Weg. Noch zögert er, gegen uns loszuschlagen – aus Respekt vor unseren fünf Galeonen, von denen drei längst die Rückreise hätten antreten sollen. Ich mußte sie zurückhalten, um Macht zu demonstrieren, die ich sonst keineswegs demonstrieren möchte, zumal ein solches Verhalten dem Ansehen des weißen Mannes keineswegs nutzt. Nun gut, lägen hier nur zwei portugiesische Galeonen, wäre de Jonge längst über uns hergefallen. Jetzt wartet und lauert er. Außerdem versucht er, sich bei dem Sultan des Banten-Reiches einzuschmeicheln, mit dem wir einen Vertrag für den Gewürzhandel abgeschlossen haben. Auf gut europäisch gesagt: Er intrigiert und verspricht dem Sultan das Blaue vom Himmel herunter. Natürlich sind wir Portugiesen Blutsauger, Halsabschneider, Erpresser und Lumpen. Wir sollen die Javanerin gedungen haben, den Profos zu verführen. Stellen Sie sich das vor!“

      „Wie verhält sich der Sultan?“ fragte Hasard nachdenklich.

      „Korrekt. Er mag den niederländischen Kapitän nicht, wie er mir vertraulich mitteilen ließ.“ De Ribeiros Augen waren umschattet. „Angenommen, der Sultan wird ermordet. Dann entsteht eine völlig neue Situation, denn unser Vertrag mit ihm wäre hinfällig, ganz abgesehen davon, daß sein Sohn noch ein Kind ist. Er wäre der rechtmäßige Thronfolger. Das Banten-Reich müßte, solange der Sohn noch nicht regieren kann, von einem Reichsverweser verwaltet werden. Die Frage stellt sich, was wird dieser Reichsverweser für ein Mann sein? Ist er bereit, Verträge, die vom Sultan abgeschlossen wurden, zu verlängern? Oder erliegt er den Versprechungen, den Schmeicheleien, den Lügen eines de Jonge? Und um auch das noch zu sagen: Ich bin durchaus der Meinung, daß ein Land, das bestimmte Handelsgüter im Überschuß hat und sie verkaufen möchte, mit mehreren Ländern Handel treiben kann. Es sollte keiner bevorzugt werden, vorausgesetzt, es handelt sich um ehrbare Leute, die den Handel betreiben. Aber bei Männern wie de Jonge kann einen das Grausen packen. Sie sind es, die das Paradies zerstören. Verstehen Sie jetzt, warum ich so erleichtert bin, daß Sie ihm eine Abfuhr erteilt haben?“

      Hasard bejahte und sagte: „Er versuchte es erst mit Arroganz, dann mit Drohung und Erpressung – ein schlechter Diplomat. Im übrigen ist er ein Feigling, ein Mann mit einem großen Maul, das er sofort zuklappt, wenn es ihm selbst an den Kragen geht. Ich habe die Niederländer als tapfere und vor allem faire Kämpfer kennengelernt und kann nur hoffen, daß Kerle wie de Jonge und sein Profos die Ausnahme sind. Im übrigen habe ich das Gefühl, daß die Crew der ‚Zwarte Leeuw‘ keineswegs glücklich über ihren Kapitän ist. Sie steht nicht voll hinter ihm. Vielleicht weiß er das und wagt deshalb nicht, Sie anzugreifen, solange das Gleichgewicht der Schiffseinheiten besteht. Mit meiner Beteiligung wollte er es zu seinen Gunsten verändern.“

      Gaspar de Ribeiro blickte Hasard aufmerksam an. „Darf ich mir die Frage erlauben, wie Sie sich verhalten werden, wenn er unsere fünf Schiffe angreifen sollte?“

      Hasard lächelte. „Darf ich die Frage von Mister O’Flynn beantworten lassen? Ich möchte wissen, ob er genauso antwortet, wie ich es tun würde.“

      „Ah!“ Jetzt lächelte auch de Ribeiro. „Eine Art Probe, wie?“

      „So ist es“, erwiderte Hasard. „Wir wechseln bei uns an Bord häufig die Rollen. Mister


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