Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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und die ersten Männer unternahmen Anstalten, ihn nachzuäffen.

      „… Rahen vom Hals bis in den Achtersteven schieben und euch am Spieß grillen!“ sagte er ungerührt.

      „Das ist ja ein starkes Stück“, empörte sich Smoky. „Das mit dem Affenarsch lasse ich mir ja noch gefallen, aber wie sehen wir denn mit den Rahen im Hals aus?“

      Etwas später segelte die „Isabella“ mit Steuerbordhalsen auf Backbordbug bei Wind aus Ost.

      An Steuerbord wurde das Land unmerklich kleiner, aber weiter nach Nordosten zu war noch sehr lange der Küstenstrich zu sehen, bis auch der unmerklich Steuerbord achteraus verschwand.

      Wieder einmal war die „Isabella“ auf hoher See und bewegte sich durch eine langrollende Dünung.

      So ging es den ersten, den zweiten und auch den dritten Tag. Es gab nur See und Himmel zu sehen, und nur einmal sahen sie dicht unter der Kimm die Masten eines Schiffes. Doch das Schiff verschwand innerhalb einer knappen Stunde und wurde nicht mehr gesichtet.

      Ab und zu ließ der Seewolf mit Hilfe des Logs die Geschwindigkeit des Schiffes messen und trug die zurückgelegte Strecke in die Seekarte ein, die sein ganzer Stolz war. Er schätzte, daß sie in einer Woche wieder Land sehen würden. Bis dahin gab es nichts als Wasser und Sonne, Wind und blauen Himmel. Im fernen England schrieb man den vierundzwanzigsten Juni fünfzehnhundertneunzig.

      „Richtig stinklangweilig ist es“, sagte Hasard junior zu seinem Zwillingsbruder Philip am vierten Tag auf See. „Es passiert aber auch rein gar nichts.“

      „Dann müssen wir was passieren lassen“, erwiderte Philip trocken.

      „Aber was?“

      „Weiß ich auch noch nicht. Aber etwas, das alle aufregt.“

      „Dann gibt’s wieder Senge.“

      „Ach was“, sagte Philip. „Soll ja keiner einen Schaden dabei erleiden. Nur so ’n bißchen was zum Lachen.“

      „Du meinst, die Erwachsenen verulken?“

      „Klar, das meine ich. Paß mal auf.“

      Die beiden Helden entwickelten einen Plan, um das Bordleben wieder etwas aufzubrassen, wie Hasard sagte.

      Nochmals einen Tag später fiel dem Profos auf, daß sein Lieblingsvieh, der Aracanga-Papagei Sir John, immer einen ganz bestimmten Platz auf dem Vordeck anflog, dort eine Zeitlang buchstäblich verschwand und erst viel später auf die Rah zurückkehrte. Dann blieb er oben hocken, krächzte obszöne Flüche an Deck und suchte nach einer Weile wieder das Vordeck auf.

      Carberry stand sinnend am Schanzkleid und sah dem bunten Vogel nach.

      „Merkwürdig“, sagte er zu Tucker. „Das tut Sir John nur sehr selten, daß er zum Vordeck fliegt. Was tut er da?“

      „Sieh doch mal nach“, schlug der rothaarige Schiffszimmermann vor. „Aber wahrscheinlich hat der Vogel nur Langeweile.“

      „So wichtig ist es nun auch wieder nicht“, meinte Ed, aber nach einer Weile ließ es ihm doch keine Ruhe mehr, denn Sir John startete immer in ganz bestimmten Abständen zum Vordeck.

      Der Profos nahm die Stelle in Augenschein und ging nach vorn. Aber den Aracanga sah er zu seiner Verblüffung nicht.

      „He, Smoky“, sagte Ed zu dem Decksältesten. „Hast du Sir John gesehen?“

      „Vorhin flog er noch hier herum. Ich glaube, er ist in einen der alten Verschläge gesaust, da, hinter dem Schott.“

      „Was für ein Verschlag?“

      „Wo früher immer die Hühner drin waren.“

      „Ach ja, richtig.“

      Carberry entsann sich wieder. Ferris Tucker hatte die Hühnerkäfige einmal in England gebaut, und sie waren auf dem Vordeck verkeilt worden, aber seit langem unbeachtet, denn zur Zeit gab es an Bord keine Hühner mehr.

      Hinter dem Schott standen die Käfige sicher, und Ferris hatte sie von den Seiten zusätzlich mit Brettern vernagelt.

      Der Profos ging hinter das Schott und fand, daß einer der Käfige offen war.

      Er hatte sich dem Käfig noch nicht ganz genähert, als zeternd und kreischend der Papagei herausstolzierte, sich aufplusterte und mit weit ausgebreiteten Schwingen in die Höhe strebte, dem Großmars entgegen.

      Carberry schüttelte den Kopf, ließ sich auf alle viere nieder und streckte sein narbiges Gesicht mit dem ungeheuren Rammkinn in den Käfig, um herauszufinden, was Sir John so daran interessierte.

      Inzwischen waren auch Smoky, Gary Andrews und Matt Davies auf dem Vorschiff erschienen, angelockt durch Carberrys merkwürdiges Benehmen.

      Sie sahen von ihrem Profos allerdings nur den Achtersteven, denn der hockte immer noch auf den Planken und glotzte sich in dem Käfig die Augen aus.

      Was er da allerdings sah, ließ ihn an seinem eigenen Verstand fast zweifeln. Er schloß ein paarmal krampfhaft die Augen, öffnete sie wieder, zwinkerte und konnte nicht glauben, was er sah.

      Auf dem Boden des Käfigs befand sich ein großes Nest, schön hergerichtet aus Sägespänen, alten Stoffresten, größeren Holzsplittern und Unmengen von Sonnenblumenkernen. Das alles war kunstvoll drapiert, gezogen, gebogen und in Form gebracht.

      Der Profos kriegte richtige Stielaugen, denn nicht nur das Nest war es, was ihn irritierte und hilflos vor sich hin blicken ließ.

      „Nein, das allein war es nicht, denn in dem kunstvoll und liebevoll gebauten Nest lagen drei Eier, drei richtige Eier von leicht hellbrauner Farbe mit einigen grünlichen Tupfern darauf.

      Dem Profos kamen vor Rührung fast die Tränen. Er schluckte andächtig und verstand die Welt nicht mehr.

      Sir John, sein Sir John, hatte Eier gelegt! Ein Unding, seit die Welt bestand!

      Er zog sich vorsichtig zurück. Seine ganze Welt stand kopf.

      Als er endlich fassungslos und mit knallrotem Schädel vor den anderen stand, verging denen ihr Grinsen. Sie sahen ihren Profos entgeistert an.

      „Fehlt dir was, Ed?“ fragte Smoky besorgt.

      Carberry starrte fast verzückt in unbekannte Fernen, und auf seinem Narbengesicht lag ein andächtiges Leuchten, als er sagte: „Ich glaube, mich knutscht eine Seekuh!“

      „Hä?“ fragte Matt Davies. „Sollen wir den Kutscher holen, Ed? Vielleicht hast du auch das Dingsbums, das Smoky damals hatte, diesen, äh – na ja, dies Dings im Kopf!“

      Carberry hörte gar nicht zu. Er stand da, schüttelte den Kopf und merkte gar nicht, daß die anderen sich fragten, weshalb den guten Ed ausgerechnet eine Seekuh geknutscht hatte.

      Endlich brach es aus ihm hervor.

      „Sir John hat drei Eier gelegt“, sagte er, und jeder war sich absolut sicher, daß es verdammt feierlich klang.

      Ed sah in entgeisterte Gesichter, Augen starrten ihn so ungläubig an, als zweifle jeder an seinem Verstand.

      „Spinnst du etwa?“ fragte Smoky grob. „Oder willst du uns nur verschaukeln?“

      „Mann, Profos“, sagte Matt Davies eindringlich. „Überlege dir doch mal, was du da eben verkündet hast! Sir John ist schließlich ein ausgewachsener Mann, äh – männlicher Vogel, meine ich, und die legen bekanntlich nur krumme Eier.“

      „Dann ist es jetzt eben eine Sir Johnin“, sagte Ed. „Und wenn ihr grünen Stinte das nicht glaubt, dann glotzt euch das Gehege doch selbst an. Aber wehe, einer berührt auch nur ein Ei! Dem ziehe ich persönlich die Ärsche von seinen Streifen – äh, verdammt, ich bin ganz aufgeregt. Seht selbst nach, aber ganz vorsichtig!“

      Smoky kroch als erster hinein, und als er das Gelege erblickte und wieder zurückkroch, da glänzten auch seine Augen, und er schüttelte fassungslos den Kopf.


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