Seewölfe - Piraten der Weltmeere 547. Burt Frederick

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 547 - Burt Frederick


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sagte Al’Aram matt, denn er konnte trotz aller Schmerzen und Demütigung nicht einsehen, daß er Chalids hirnrissiges Gefasel länger ertragen sollte.

      „Mein Vater wird nicht erst um Erlaubnis gefragt“, entgegnete Chalid kühl. „Denn mein Weg ist vorgezeichnet. Allah hat mir die Erleuchtung gegeben. Ich weiß jetzt, wie meine Zukunft aussieht. Das Schiff dort unten im Hafen heißt ‚Santa Barbara‘, und Allah hat es mir geschickt. Ich bin mir meiner heiligen Pflicht bewußt, die ich zu erfüllen habe. Ich werde meine Aufgabe als Seefahrer wahrnehmen, wie Allah es von mir verlangt. Keine lächerliche Krämerseele namens Omar Abu Bakir wird mich daran hindern.“

      „Und der Kapitän des Schiffes?“ fragte Al’Aram vorsichtig. Er spürte, wie sich Chalid in eine Art Wahn redete. Vielleicht steigerte er sich immer weiter hinein, und dann gab es eine Chance zur Befreiung.

      „Der Kapitän?“ wiederholte Chalid verdutzt. „Was soll mit dem sein?“

      „Vielleicht hat er etwas dagegen, daß du sein Schiff übernimmst.“

      „Es wird ihm nichts nützen. Allah wird mir Kraft, Geschicklichkeit und List mit auf den Weg geben, damit ich mein Ziel erreiche. Ich werde noch in dieser Nacht …“

      Schritte näherten sich polternd.

      Chalid ruckte herum. Zu spät.

      Sie drängten sich durch den Türrahmen, und sie schwärmten in dem kleinen Raum aus. Sechs Mann. Lagerarbeiter, die es gewohnt waren, kräftig zuzupacken. Ihre Haltung war unmißverständlich drohend.

      Chalid wußte, wann es keinen Sinn mehr hatte, den wilden Mann zu markieren. Der Zeitpunkt war da. Sein Vater hatte wieder einmal gewonnen. Das letzte Mal.

      Hassan Al’Aram rappelte sich hoch und klopfte den Staub von seiner Kleidung. Grinsend baute er sich neben Chalid auf.

      „Was du dir hier soeben geleistet hast, mein lieber Chalid, wird dir auf ewig leid tun. Mach dich auf einiges gefaßt.“ Er wandte sich seinen Rettern zu, und seine Stimme nahm einen herrischen Klang an. „Bringt ihn nach unten, aber paßt auf, daß er euch nicht entwischt.“

      Die Kerle nahmen Chalid Abu Bakir in die Mitte wie einen Gefangenen.

      Nein, er war kein Gefangener mehr in seinem Vaterhaus, das schwor er sich in diesem Moment. Seine Freiheit lag auf dem Meer. Dafür war er ausersehen.

       2.

      Bagdad, diese gewaltige Stadt, hatte für Philip Hasard Killigrew und seine Gefährten noch immer nichts von ihrem Zauber verloren. Diese Perle des Orients, auf die sie hier, am Tigris, gestoßen waren, ließ mühelos erkennen, welche Bedeutung sie einmal gehabt hatte, vor Jahrhunderten.

      Aber nur wenig war von dieser Bedeutung geschwunden. Das Majestätische, das Erhabene, haftete Bagdad noch immer an. Es war ein Eindruck, dem sich sicherlich kein Fremder entziehen konnte, auch wenn er noch so empfindungslos war.

      Die Arwenacks hatten im Laufe ihrer Weltumsegelungen viele Städte gesehen. Städte, die sich so sehr voneinander unterschieden wie Feuerland von Tortuga. Doch nichts von allem auf der Welt ließ sich mit Bagdad vergleichen. Diese Stadt bestand aus Extremen.

      Bagdad war das völlige Chaos, der unablässige Trubel auf dem großen Bazar mochte das beste Beispiel dafür sein. Bagdad war aber auch Präzision und Zuverlässigkeit auf eine höchst erstaunliche Weise. Das zeigte sich hier im Hafen, wo der Betrieb wie am Schnürchen lief, obwohl unbeteiligte Beobachter eher an einen wirren Ameisenhaufen denken mochten. Was aber, wie im Fall des Ameisenhaufens, kein Widerspruch war.

      Und es gab unermeßlichen Reichtum in Bagdad – ebenso, wie es auch unvorstellbare Armut gab. Die wohlhabendsten Kaufleute ließen sich von Dienern in Sänften tragen, wie das in anderen Ländern gekrönten Häuptern vorbehalten war. Doch die zerlumpten Bettler, vor allem in der Hafengegend, waren ebenfalls nicht zu übersehen.

      Dies war die Stadt größter Gegensätze, das konnte man ohne Übertreibung behaupten, eine Stadt, die Seeleute aus den kühleren Regionen dieser Welt wohl kaum zu sehen bekamen. Denn Bagdad lag an jenem Fluß, den die Arwenacks auf der Suche nach einer geheimnisvollen Schiffahrtsroute angesteuert hatten.

      Wenn die von den Zwillingen entdeckten Karten stimmten, dann gab es eine Verbindung vom Persischen Golf zum Mittelmeer. Ein solcher Weg konnte unschätzbare Vorteile bedeuten – speziell für Ostindienfahrer, deren Frachten von zunehmendem Wert für die Alte Welt waren.

      Allerdings, und auch das war eine Erkenntnis, die sich mit dem Erreichen der Stadt Bagdad verband, wenn denn der Tigris Bestandteil jener unbekannten Schiffahrtsroute sein sollte, so schwand deren Wert beträchtlich. Es stand zu befürchten, daß das Fahrwasser des Flusses für ein Schiff von der Größe der „Santa Barbara“ nicht ausreichte. Überdies hatte die Galeone beträchtlichen Tiefgang. In ihren Laderäumen befanden sich die Brandsätze aus Lishui und die Gewürze aus Mindanao.

      Vom Achterdeck aus beobachteten der Seewolf, Ben Brighton, Dan O’Flynn und Don Juan de Alcazar das Geschehen im Hafen. Vom Ochsenkarren bis zum keuchenden Lastenträger war alles in ständiger Bewegung.

      Selbst die Kaufleute, die Waren auf dem Kai oder auf den Schiffsdecks begutachteten, harrten selten ruhig an einem Fleck aus. Gestikulierend gingen sie auf und ab, betasteten hier einen Beutel mit Gewürzen und hoben da eine Handvoll Getreide aus einem Sack.

      Der Seewolf wandte sich an der Heckbalustrade um, den Männern zu.

      „Es führt kein Weg daran vorbei“, sagte er, „wir müssen uns darüber klar werden, wie wir flußaufwärts gelangen.“

      „Da ist noch eine Möglichkeit, die wir auch nicht vergessen sollten“, wandte Ben Brighton mit ernster Miene ein.

      „Nämlich?“ Hasard sah ihn mit hochgezogenen Brauen an.

      „Es gibt auch noch den Weg flußabwärts“, sagte der Erste Offizier der „Santa Barbara“.

      „Zurück?“ murmelte Don Juan entgeistert, als handele es sich um eine unbekannte Vokabel.

      Hasard kam zu keiner Antwort.

      „Die Gentlemen werden ihre Debatte für einen Moment verschieben müssen“, sagte Dan O’Flynn von der Steuerbordverschanzung her. „Da bahnen sich ernsthafte Probleme an, wie mir scheint.“

      Die drei anderen traten auf ihn zu und spähten in die Richtung, die er ihnen zeigte. Wieder einmal wurde klar, daß Dan von allen an Bord die schärfsten Augen hatte. Das galt auch für seine Fähigkeit, selbst in größtem Durcheinander einen klaren Überblick zu behalten.

      Im Gewühl auf dem Kai konnten Hasard, Ben und Don Juan nur mit einiger Mühe die Zwillinge erkennen.

      Dann aber sahen die Männer, daß die Söhne des Seewolfs offenbar erhebliche Mühe hatten, jenes Problem zu bewältigen, das Dan O’Flynn angedeutet hatte.

      Philip und Hasard schienen kaum von der Stelle zu gelangen. Auf dem Weg zu der Pier der „Santa Barbara“, drehten sie sich immer wieder ruckartig um, rannten ein paar Schritte zurück und unternahmen dann einen neuen Versuch, die Pier zu erreichen.

      Es war schwierig, in dem Menschengewühl den Grund dieser merkwürdigen Fortbewegungsart zu erkennen.

      Vier Schritte vor, drei Schritte zurück. Und dann das Ganze wieder von vorn.

      „Sollte das ein orientalischer Tanz sein, den sie irgendwo gesehen haben?“ fragte Don Juan lächelnd.

      „Zu dieser Tageszeit?“ entgegnete Ben Brigthon. „Nein, ich vermute eher, sie haben eine neue Methode gefunden – nach dem Motto: Wie brauche ich möglichst viel Zeit für einen kurzen Weg, um den Dienst an Bord auf möglichst wenig Zeit zu verringern?“

      „Bevor du meine Herren Söhne der Faulheit bezichtigst“, sagte der Seewolf grinsend, „solltest du deine Tomatenaugen etwas mehr anstrengen, Mister Brighton. Dann erkennst du den Grund für ihre Taktik.“

      „Bitte


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