Seewölfe Paket 29. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.schon her!“
Carberry drehte den Kopf. Ja, die starrten zu der Dubas, die Leute von Burgas. Er schrumpfte etwas und sagte: „Hab’ nur dem Mister Smoky und dem Mister Ballie was geflüstert, Sir, weil die so schwerhörig sind.“ Und er polierte mit dem rechten Unterärmel heftig die Talje.
„Die solltest du noch mit Leinöl behandeln, Mister Profos“, sagte Pete Ballie, „weil der Stuhlgang von Papageien sehr ätzend ist!“ Er drückte sich sehr gewählt aus, der breitschultrige Gefechtsrudergänger der Arwenacks, der Pranken so groß wie Bratpfannen hatte.
„Uaahh!“ gurgelte der Profos.
„Er erstickt uns“, sagte Smoky besorgt.
„Er würgt nur an was rum“, sagte Pete Ballie unbeeindruckt. „Oder er hat was verschluckt.“
„Da hilft mehrmaliges Klopfen über die Schulter“, sagte Smoky. „Das weiß ich vom Kutscher – verdammt, wo steckt der überhaupt?“
Ja, genau das war die Frage. Die hatte der Kapitän schon vor über einer Stunde gestellt. Jetzt war inzwischen eine weitere Stunde vergangen. Hasard wurde unruhig und hatte die Warterei satt.
Zu Dan O’Flynn sagte er: „Schau nach, wo die Kerle bleiben. Und wenn sie eine Pinte angesteuert haben, dann soll sie der Teufel holen!“
Dan O’Flynn grinste. „Der Kutscher eine Pinte? Eher steigt ein Huhn auf den Hahn, und der Hahn legt Eier!“
„Dämlicher Vergleich!“ knurrte Hasard.
„Entschuldige.“
„Schon gut. Aber Mac ist dabei, und der läßt keine Pinte aus. Nimm Matt mit. Schaut zuerst bei dem Kaufmann nach – und dann in den Pinten.“
„Aye, Sir. Melde mich von Bord.“
Und so zog Dan O’Flynn los, zusammen mit Matt Davies, dem harten Kämpfer, dem eine scharfgeschliffene Hakenprothese die rechte Hand ersetzte, was ihn der Mühe enthob, eine Waffe bei sich zu tragen. Im Nahkampf fürchtete er keinen Gegner, es sei denn, er wurde von hinten angefallen.
Sie fragten sich durch. Kymet? Ah, gut, gut! Und sie zeigten den beiden fremden Männern den Weg zum Hof des Kaufmanns. Dort erkundigte sich Dan O’Flynn wieder nach Kymet, und sie wurden zu dem freundlichen Dicken mit den listigen Augen geführt.
Es stellte sich heraus, daß Mehmed Kymet die spanische Sprache einigermaßen beherrschte, und so war eine Verständigung möglich. Dan O’Flynn fragte nach dem Verbleib der fünfköpfigen Gruppe, die hier beim „Señor Kymet“ habe einkaufen wollen. Jedenfalls seien die Männer noch nicht an Bord zurückgekehrt.
Er nahm jetzt selbst an, Mac Pellew habe die anderen überredet – sogar den Kutscher –, auf dem Rückweg „so im Vorbeigehen“ noch eine Pinte zu besichtigen. Wenn es sich um solche Besichtigungen handelte, konnte der gute Mac ziemlich hartnäckig werden – und noch verdrießlicher als sonst. Da war es durchaus möglich, daß der Kutscher klein beigegeben hatte. Dem hingen die nöligen Tiraden seines zweiten Kombüsenmannes sowieso ständig zum Halse heraus. Also Grund genug, den Miesgram was schlucken zu lassen und dadurch aufgeheitert zu sehen.
So stellte Dan sich das vor – und war verblüfft, als der Dicke mit heiterer Miene abwinkte und verkündete, die fünf Señores könnten noch gar nicht an Bord sein, weil sie in den Gewölben noch damit beschäftigt seien, eine sorgfältige Auswahl zum Kauf des Proviants zu treffen.
„Seit mehr als zwei Stunden?“ fragte Dan O’Flynn entgeistert, und auch Matt Davies schüttelte verwundert den Kopf.
„Je nun“, erklärte der Dicke nicht ohne Stolz, „ich habe so viele Spezialitäten anzubieten, daß die Señores die Qual der Wahl haben!“
Spezialitäten, aha! Dan O’Flynn nickte. Das war nun mal wieder typisch der Kutscher. Bei dem spielte die Zeit keine Rolle mehr, wenn er die Nase in Köstlichkeiten stecken konnte, mit denen in den Küchen fremder Länder gekocht wurde. Da war sein Wissensdurst noch unersättlicher als sonst. Und das war gut so, denn letztlich profitierten die Arwenacks davon, weil der Kutscher unermüdlich darum besorgt war, ihnen eine abwechslungsreiche Kost vorzusetzen. Was hatte er da nicht alles schon gezaubert!
Matt Davies hatte wohl die gleichen Gedankengänge, denn er stieß Dan an und sagte: „Echt Kutscher! Der läßt sich bei den Spezialitäten auch gleich erklären, wie sie zubereitet werden müssen. Daß wir mit der Proviantübernahme warten, hat er längst vergessen.“
„Glaube ich auch“, meinte Dan grinsend und fragte den Dicken, ob er so freundlich sei, sie zu den Gewölben zu führen, wo die Kameraden den Proviant aussuchten.
„Aber gern“, sagte der Dicke und schien geradezu glücklich zu sein, ihnen einen Gefallen tun zu dürfen. „Und vorher kosten Sie von unserem Burgas-Wein – ein erlesenes Getränk, Sie werden sehen!“
„Wie bitte?“ Plötzlich war Dan O’Flynn mißtrauisch. „Haben unsere Kameraden den Wein auch probiert?“
„Natürlich!“ Der Dicke nickte strahlend. „Was man kauft, muß man doch vorher probieren. Das ist bei Wein besonders wichtig. Ihr Küchenmeister hat sechs Fässer geordert.“ Der Dicke kicherte. „Darüber gab es sogar einen Disput, von dem ich nur so viel verstand, daß der Mann mit dem traurigen Gesicht offenbar mehr Fässer einkaufen wollte, was der Küchenmeister aber ablehnte.“
Jetzt grinste Matt Davies. „Der Mann mit dem traurigen Gesicht – das war Mac! Dem reichten sechs Weinfässer nicht, diesem Saufkopp!“
Dan O’Flynn mußte lachen. Die alte Geschichte! Da hatte Mac wieder herumgelabert, war aber wohl beim Kutscher auf Granit gestoßen.
Und Dans Mißtrauen? Das war schon verflogen.
Auch sie gingen also mit dem Dicken die breite Steintreppe hinunter und betraten das erste Gewölbe, wo die Weinfässer gestapelt waren und die wohlgeformte Maid ihres Amtes als Mundschenkin waltete. Als gestandene Mannsbilder konnten Dan O’Flynn und Matt Davies mitnichten an der bulgarischen Venus vorbeischauen. Das ging auch gar nicht, weil sie ihnen ja den Wein kredenzte.
„Hm-hm“, ließ sich Matt Davies vernehmen.
„Du sagst es“, murmelte Dan O’Flynn, obwohl Matt ja auch die Güte des Weins gemeint haben konnte – oder beides.
Der Dicke strahlte.
„Gut?“ fragte er.
„Vorzüglich“, erwiderte Dan, und im stillen dachte er, daß Mac eigentlich recht hatte, wenn ihm sechs Fässer dieses Weins zu wenig gewesen waren. Na, da war das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er würde jedenfalls dem Kutscher zureden, ein paar Fässer mehr zu kaufen.
Sie probierten auch den Käse und das Fladenbrot, und beides paßte hervorragend zu dem herben Rotwein.
„Oh!“ sagte da die Maid, und es klang etwas erschrocken. Sie hatte Matts Prothesenhaken entdeckt – und wurde verlegen, daß sie ihr Erschrecken geäußert hatte. Ihr hübsches Gesicht erblühte in Rot. Hastig sagte sie etwas.
Der Dicke übersetzte: „Zlatina bittet um Verzeihung, daß sie sich so auffällig benommen hat, Señor.“
Matt Davies lächelte. „Nicht der Rede wert, Señor Kymet. Ich bin es gewohnt, daß manche erschrecken, wenn sie den Haken sehen. Zlatina ist ein hübscher Name. Sagen Sie ihr, sie brauche sich nicht zu entschuldigen.“
Der Dicke übersetzte wieder, und da errötete die schöne Zlatina noch mehr. Matt schien es ihr angetan zu haben. Zweifelsohne wirkte er attraktiv mit seinem braungebrannten Gesicht, zu dem die grauen Haare einen scharfen Kontrast bildeten. Sie waren das äußere Merkmal einer Nacht, die Matt Davies – gegen Haie kämpfend – auf einer Gräting verbracht hatte, von der ihn dann die Kameraden am nächsten Tag hatten abbergen können. In dieser einen Nacht waren seine Haare grau geworden. Aber diese Nacht hatte ihn nicht zerstört, sondern noch härter geschmiedet.
Zlatina schenkte ihnen noch einmal nach, und sie genossen den Wein. Doch als