Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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keinen Zweck, denn er begreift es nicht. Ein Mann, der die Umstände unseres Zusammentreffens bei den Berlenga-Inseln verschweigt, tut es deswegen, weil er Angst hat, seinen Glorienschein zu verlieren. Aber den hat er hier vor Cadiz erst recht verloren. Wir haben damit nichts mehr zu schaffen.“ Er lächelte dem Viceadmiral zu und verließ mit Ed Carberry die Admiralskammer.

      Eine schweigende Runde blieb zurück. Immerhin waren einige Gesichter sehr nachdenklich geworden. Der Admiral sah aus, als habe er Essig getrunken.

      Einzig Kapitän Seymour, nun nicht mehr von einer Pistole bedroht, fühlte sich wieder stark, nachdem er sich die Perücke schief über den schmutzigen Kopf gestülpt hatte.

      „Eine Unverschämtheit!“ stieß er hervor. „Eine Frechheit! Man hätte diese beiden Kerle überwältigen müssen!“

      „Halten Sie doch den Mund, Sie Idiot!“ sagte der Admiral bissig. „Wegen Ihnen ist es zu dieser Auseinandersetzung gekommen, Sie Degenspitze!“ Des Admirals Stimme wurde wütend. „Auf Ihren Quatsch über die Galeerensklaven konnte Killigrew gar nicht anders reagieren, denn es waren seine Leute, die er damals mit meiner Genehmigung von einer spanischen Galeere herunterholte. Zu Ihrer Kenntnis: Die Spanier pflegen mit Vorliebe englische Gefangene als Rudersklaven auf ihre Galeeren zu stecken, aber auch sogenannte Ketzer, niederländische Rebellen wie die Geusen oder schlicht Männer, die sie pressen. Daran sollten Sie denken, wenn sie mit einer Galeere ins Gefecht geraten.“

      „Aber – aber wieso sollte er sich dann bei mir entschuldigen?“ fragte der Kapitän fassungslos.

      „Weil ich wußte, daß er es nicht tun würde!“ brüllte der Admiral. „Und ich hätte einen Grund gehabt, ihn festzusetzen!“ Er hieb die Faust auf die Tischplatte. „Aber selbst dazu waren Sie nicht in der Lage, Sie Schlappschwanz! Und wo blieb Ihre Ehre? Zwei Ohrfeigen empfingen Sie – und jede Menge Beleidigungen, Gründe genug für ein Duell auf Degen oder Pistole, um eine solche Schmach nicht auf sich sitzen zu lassen.“

      „Ja, ja“, sagte Viceadmiral Borough so vor sich hin, „wie der Herr, so das Gesinde.“

      „Wollen Sie mich provozieren, Mister Borough, Sir?“ fragte Drake schneidend.

      „Aber nicht doch, Sir“, erwiderte der Viceadmiral gelassen, „ich meine nur, daß ein Führer nie einen Befehl geben sollte, den er nicht selbst in der Lage ist, auszuführen. Sie hätten Kapitän Killigrew doch selbst festnehmen oder überwältigen können, oder? Und wenn Sie es nicht tun, was verlangen Sie dann von Kapitän Seymour?“

      Der Admiral wich einer Antwort aus. Abrupt stand er auf und sagte: „Es ist genug geredet worden, handeln wir jetzt. Die Reede muß von feindlichen Schiffen gesäubert werden. Gehen Sie ankerauf. Mein Befehl lautet: Vernichten Sie spanischen oder portugiesischen Schiffsraum, oder entern und beschlagnahmen Sie die Ladegüter, wenn sie ihnen wertvoll erscheinen. Vorwärts, Gentlemen!“

      „Und wer sichert wen?“ fragte der Viceadmiral.

      „Das ist völlig überflüssig. Wir sind bereits Herren der Lage.“

      „Ah so“, sagte der Viceadmiral und verließ kopfschüttelnd die Admiralskammer.

      4.

      So ganz unerecht hatte der Admiral nicht, als er erklärt hatte: „Wir sind bereits Herren der Lage.“ Denn auf der großen, äußeren Reede nordöstlich von Cadiz herrschte eine ziemliche Panik, die einen geschlossenen, massiven Widerstand gegen den englischen Überfall verhinderte – abgesehen von den todesmutigen Angriffen oder Kriegsgaleeren.

      Aber deren Aktionen hatte das „Kindermädchen“ – wie sich Ed Carberry ausgedrückt hatte – unterbunden: Philip Hasard Killigrews „Isabela“. Und später hatten die Seewölfe mit Grimm beobachtet, wie die fettesten Brocken ankerauf gingen und fluchtartig die Reede verließen.

      Deren Kapitäne mußten gewitzte Burschen sein, wenn sie sich nicht davon hatten einlullen lassen, daß der englische Kampfverband über Cadiz hergefallen war. Für viele hatte es wirklich so ausgesehen, als planten die Engländer, Cadiz im Sturm zu erobern. Hätten sie sonst die Stadt derart massiv unter Feuer genommen?

      So traf jetzt das Verhängnis jene Kapitäne sowie deren Schiffe und Mannschaften, die geglaubt hatten, der Kelch ginge an ihnen vorüber. Da waren einige, die gehörten zu dem Typ Mensch, der bei einem Gewitter den unfrommen Wunsch hegt, der Blitz möge nicht sein Haus, sondern das des Nachbarn treffen. Daß sie Narren waren, erkannten sie zu spät.

      Einige hatten auch aus Phlegma nicht die Reede verlassen oder sich damit getröstet, so schlimm würde es schon nicht werden.

      Einer war allerdings unter den Handelsfahrern, ein siebenhundert Tonnen schwerer Brocken, der aus Genua stammte und für den Levantehandel gebaut und entsprechend armiert war. Er hatte die Heimreise antreten und nur auf günstigen Wind warten wollen. Beladen war er bis unter die Luken mit Koschenille, dem schönen, roten Farbstoff der Schildlaus, mit Kampescheholz, Häuten und Wolle für Italien.

      Bei dem nach Süden tendierenden Südwestwind hatte der genuesische Kapitän es vorgezogen, sein Auslaufen noch zu verschieben. Aber seine gesamte Besatzung war an Bord – im Gegensatz zu vielen der anderen Schiffe auf Reede.

      Dieser Kapitän hatte ebenfalls überlegt, ob es nicht besser sei, sich zu verziehen, als die Engländer vor der Bucht aufgetaucht und dann über Cadiz hergefallen waren. Aber er war geblieben – einmal aus der Überlegung heraus, daß Genua nicht mit England in Fehde lag und demnach als neutral zu betrachten war, und zum anderen vertrat er die persönliche Ansicht, daß es ihn weiß Gott nichts anging, wenn sich Spanier und Engländer aus welchen Gründen auch immer in die Haare gerieten.

      Ihm war der eine so genehm wie der andere, und wenn Genua mit Spanien Handel trieb, dann konnte es das genausogut mit England tun, ohne daß gleich alle Welt schrie, Genua liebäugele mit der einen Seite mehr als mit der anderen.

      Der Kapitän hatte nichts gegen England, und er hatte nichts gegen Spanien, allenfalls traten seiner Meinung nach die Spanier etwas zu hochnäsig auf. Und ein bißchen zu raffig waren sie wohl auch, wenn man bedachte, was sie alles aus der Neuen Welt heranschleppten. Konnte man es da den Engländern verübeln, daß sie sich ein Scheibchen von dem Kuchen abschneiden wollten? Nein, das konnte man nicht.

      Kapitän Mauritio Sulla war kein Mensch mit komplizierten Gedankengängen, er hatte Verstand und Herz, und die Genueser Kaufmannschaft hatte sehr genau gewußt, wem sie den Siebenhundert-Tonner anvertraute, denn Sulla war Seemann aus Passion, und den nordafrikanischen Piraten hatte er noch immer und zu jeder Zeit die Zähne gezeigt.

      Im übrigen war sein Schiff für derartige Überfälle bestens bestückt — mit je zwanzig schweren Messingkanonen auf jeder Seite. Daß der gewissenhafte Kapitän Sulla seine Männer auf den Umgang mit diesen Kanonen getrimmt hatte, versteht sich von selbst. Die algerischen Piraten wußten davon ein Liedchen zu singen, denn allemal hatten sie sich blutige Nasen geholt, wenn es sie nach diesem Brocken gelüstet hatte.

      Am Vormittag dieses 29. April 1587 hatte Kapitän Sulla sein Schiff aus dem Pulk der vor Anker liegenden anderen Fahrzeuge gelöst und sich an den Außenrand der Reede verholt. Er wollte sofort lossegeln können, sobald der Wind günstiger stand. Das hatte den einfachen, seemännisch richtigen Grund, daß er es vermeiden wollte, sich bei einem drehenden Wind zwischen einer Masse hin und her schwojender Schiffe hindurchmogeln zu müssen.

      Denn da war ein Gewirr der verschiedenartigsten Schiffe aus aller Herren Länder – von den Spaniern beschlagnahmte holländische Segler, Handelsschiffe aus dem Norden, Schiffe der spanischen Amerikaflotte, Handelsfrachter beladen mit edlen Sherry-Weinen, Mittelmeerschiffe wie der genuesische Siebenhundert-Tonner, Galeonen, Barken, Urcas, Karavellen, kurz ein Sammelsurium aller möglichen Typen.

      Und wer aus einem solchen Pulk ankerauf ging, um auszulaufen, der mußte bei drehenden Winden verdammt aufpassen, wenn er klarfahren wollte.

      Mit Gelassenheit hatte Kapitän Mauritio Sulla den englischen Überfall auf Cadiz betrachtet.

      Aber


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