Seewölfe Paket 10. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer


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Achterstücke auch getan“, sagte der Seewolf. „Ein überzeugenderes Argument als die Münzen gab es wohl nicht. In seinem Freudentaumel hätte Masot es Thomas wohl auch abgenommen, wenn dieser behauptet hätte, er hätte sämtliche Schätze der Spanier und Portugiesen auf der Insel zusammengetragen. Ich schätze, Thomas hat dies entsprechend ausgenutzt.“

      „Masot befragte ihn“, erklärte Alewa in ihrem etwas holprigen, akzentgeladenen Spanisch. „Thomas antwortete, anderer, größerer Schatz wäre auf anderer Insel vergraben. Er zeigte Karte vor.“

      „Eine Karte?“ wiederholte Old O’Flynn verblüfft. „Wie denn das?“

      „Du vergißt, daß Thomas Federmann ein geborener Künstler und hervorragender Maler und Zeichner ist“, erwiderte Hasard. „Ich glaube, er hat viele Phantasiekarten skizziert, von der Südsee und von anderen Teilen der Welt, und eine von diesen Zeichnungen muß er wohl diesem Masot unter die Nase gehalten haben.“

      „Und dann hat Masot ihn als Geisel mitgenommen und ist aufgebrochen, um den riesigen Schatz zu heben?“ fragte die Rote Korsarin.

      „Mit großem Schiff“, sagte Alewa. „Und Zegú und zwanzig andere Gefangene an Bord. Auch Mara und, Hauula, Alewas Freundinnen, dabei. Sie müssen alle sterben, wenn Masot den Schatz nicht findet.“

      Hasard stieß einen leisen Pfiff aus. „Donnerwetter, ich verstehe ja, daß Thomas einen Teil der Piraten von Hawaii fortlocken wollte, aber er hat trotzdem hoch gesetzt. Was will er Masot denn noch alles vorschwindeln? Und glaubt er denn im Ernst, daß er sich und die anderen befreien kann?“

      „Er hofft es“, sagte Ben Brighton. „Er klammert sich an diese Möglichkeit. Ich kann begreifen, wie ihm zumute ist.“

      „Ja, sicher, Ben, ich natürlich auch“, meinte der Seewolf. „Noch etwas kommt hinzu. Thomas rechnet sich aus, daß die auf Hawaii zurückgebliebenen Insulaner sich früher oder später gegen Louis und die übrigen Freibeuter erheben, eine Revolte vom Zaun brechen und die Bezwinger im Kampf besiegen. Wahrscheinlich denkt er, daß sie es dank ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit schaffen können.“

      Ben schüttelte den Kopf. „Unmöglich. Ohne Schußwaffen sind sie von vornherein zum Scheitern verdammt.“

      „Sicher“, sagte Siri-Tong. „Die Verzweiflung verleiht den Menschen zwar manchmal gleichsam übernatürliche Kräfte, aber gegen Pulver und Blei sind sie im Endeffekt dann doch machtlos.“

      „Alewa, wie viele deiner Leute befinden sich auf der Insel?“ wollte der Seewolf von dem Mädchen wissen.

      „Viele – hundert oder mehr.“

      „Könnten es nicht auch zweihundert sein?“

      „Ja, ja“, erwiderte sie heftig.

      „Das habe ich mir gedacht“, sagte er. „Ganz so phantastisch erscheinen mir Thomas Federmanns Pläne unter diesem Gesichtspunkt auch nicht mehr. Zweihundert Insulaner, vielleicht aber auch noch mehr. Wehe, wenn sie losgelassen – dann können Louis und seine Bande zwei, drei oder auch vier Dutzend niederschießen, aber der Rest würde über sie herfallen.“

      „Es würde ein Blutbad geben“, warf der alte O’Flynn ein.

      „Zweifellos. Aber sehen wir mal weiter. Alewa, wo befinden sich deine Leute eigentlich?“

      „Im Hauptdorf. Mitte der Insel.“

      „Ist es das Dorf, das wir damals, vor sechs Jahren, schon kennengelernt haben?“

      „Ja.“

      „Und welche Bedeutung hatte nun das Pfahlhüttendorf?“

      Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, schien nach Worten zu suchen. „Mehrere solcher Dörfer – auf ganzes Insel“, antwortete sie dann. „Sechs Stück. Drei am Wasser – Fischerdörfer. Drei im Busch – Jägerdörfer.“

      „Ich verstehe“, sagte der Seewolf. „In sechs Jahren hat sich die Bevölkerung vermehrt, nicht wahr? Und ihr habt die neuen Dörfer gegründet, um euch sinnvoll über ganz Hawaii zu verteilen und das sonst ungenutzte Territorium in Anspruch zu nehmen.“

      „Schwierige Wörter, Lobo del Mar.“

      „Eure jungen Männer bauten die neuen Dörfer, um dort mit ihren Familien zu leben, oder?“

      „Ja.“ Diesmal hatte sie jedes Wort verstanden.

      „Und wo wohntest du?“

      „Dort.“ Sie wies mit dem Finger auf das zerstörte Dorf.

      „Und Waialae?“

      „Auch dort.“

      „Aber Mara und Hauula blieben doch wie früher bei Zegú, eurem König, im Hauptdorf wohnen, nicht wahr? Und auch Thomas Federmann verweilte im Zentrum der Insel, oder irre ich mich?“

      „Es stimmt alles, was du sagst, Lobo del Mar.“

      „Warum habt ihr beide – Waialae und du – euch abgesondert?“ fragte er sie.

      Sie blickte ihn an, und ihre Augen begannen feucht zu schimmern. „Unsere Männer – unsere Freunde holten uns zu sich in das Fischerdorf. Koa, so heißt Alewas Mann. Lanoko ist Waialaes Mann. Weiß nicht, ob sie noch leben.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen.

      7.

      Siri-Tong bewies, daß sie trotz des Anflugs von Eifersucht, den sie vorher gezeigt hatte, ihrer Geschlechtsgenossin auch ein echter Kamerad sein konnte. Sie setzte sich neben Alewa auf die Gräting, legte ihr die Hand auf die Schulter und sprach leise und beschwichtigend auf sie ein. Das Mädchen schien sich allmählich wieder zu beruhigen.

      „Da schlag doch einer lang hin“, sagte der Profos verblüfft. „Die Kleine ist also verheiratet. Wer hätte denn das gedacht?“

      „Aber eine Ehe, wie wir sie kennen, gehen die Polynesier nicht ein, Ed, vergiß das nicht“, gab Old O’Flynn zu bedenken. „Sie empfinden sich alle als eine große Familie, wenn ich das damals richtig verstanden habe.“

      „Ja, das war eine pükante Geschichte“, sagte Matt Davies.

      „Pikant, nicht pükant, Mann“, verbesserte der Profos ihn.

      „Hab ich doch gesagt …“

      „Außerdem: Pikant, das ist, wenn ein Essen scharf gewürzt ist“, meldete sich Stenmark zu Wort. Er sah aber, daß Dan O’Flynn vergnügt zu grinsen begann, und fügte gleich noch hinzu: „Oder etwa nicht?“

      „Das ist doch jetzt piepegal“, brummte Ferris Tucker. „Eines wissen wir ja nun. Alewas Liebster ist weg, Waialae und ihr Auserwählter sind auch verschwunden. Wir müssen sie suchen und finden, verdammt noch mal.“

      Alewa schaute auf. Sie wischte sich die Tränen ab und sagte: „Das war so. Vor zwei Nächten kam die Tsunami.“

      „Ja, die Riesenwelle!“ rief Carberry. „Damit haben wir ja auch Bekanntschaft geschlossen.“

      „Tsunami fiel über Pfahlbauten her“, fuhr das Mädchen fort. „Alles kaputt. Großes Durcheinander. Wir – Waialae, Koa, Lanoko und zehn andere Mädchen und junge Männer und ich – wir konnten fliehen, als überall Wasser war und die Hütten zusammenbrachen.“

      „Wieso wart ihr hier, nicht im Hauptdorf?“ wollte der Seewolf wissen. „Warum hatten Louis und die anderen Halunken euch nicht alle im Zentrum zusammengetrieben, um euch dort besser bewachen zu können?“

      „Pfahldorf war ein vorgeschobener Posten“, sagte sie.

      „Ich verstehe schon“, meinte die Rote Korsarin. „Die Franzosen mußten ja immerhin damit rechnen, daß sie früher oder später Besuch von einer der Nachbarinseln erhielten. Ich schätze, sie sagten sich, daß die Bewohner von Maui oder Oahu sie durch Späher beobachtet haben konnten. Vielleicht hatten sie auch Auslegerboote


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