Seewölfe Paket 10. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer


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erwiderte der Seewolf. „Ich will die Gefangenen der Piraten zu uns an Bord holen, und ich will Masot auch die ‚Piece of eight‘ und den Smaragdschmuck aus Neu-Granada abnehmen. Ich weiß schon, wie wir vorgehen. Obwohl wir nicht wissen, wie die Struktur des Atolls aussieht, und dadurch ziemlich im Nachteil sind, werden wir eine Landung auf der Hauptinsel unternehmen. Blakky, ist das Beiboot der ‚Saint Vincent‘ geborgen und an Bord gehievt worden?“

      „Ja, Sir. Die Jolle liegt an Deck und wird eben festgezurrt.“

      „Vielleicht können wir sie noch gut gebrauchen“, sagte Hasard.

      Carberry grinste wissend. „Soll ich mal raten, wozu?“

      Der Seewolf schüttelte den Kopf. „Das wäre verfrüht, Ed. Du weißt ja, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben – und die Nacht ist noch lang, das steht mal fest.“

      Hauula hatte sich erhoben und trat auf den Seewolf zu. „Lobo del Mar“, sagte sie leise mit ihrer weichen, etwas heiseren Stimme. „Sag du uns jetzt – von Hawaii. Was ist dort? Die Piraten – ihr habt sie doch gesehen. Unsere Brüder und Schwestern, wie ist es ihnen ergangen?“

      „Einen Augenblick noch“, stoppte der Seewolf ihren weiteren Redefluß. „Ben, Ed, Blacky, wir setzen wieder Vollzeug und segeln mit südlichem Kurs auf die Insel zu.“

      „Aye, Sir“, sagten die Männer gleichzeitig.

      „Wir versuchen, sie im Südwesten zu runden und dann einen Landtrupp abzusetzen. Dieser Trupp wird wieder von mir geführt – wie auf Hawaii. Der Rest der Crew wird sich unter deinem Kommando mit der ‚Isabella‘ an die Lagune heranpirschen, Ben.“

      „Verstanden, Sir.“

      „Das ist vorläufig alles“, sagte Hasard.

      Ben Brighton, Blacky, Carberry und noch ein paar andere verließen die Mannschaftsmesse, um an Oberdeck die erforderlichen Segelmanöver zu veranlassen und bei ihrer Durchführung mitzuhelfen.

      Hasard wandte sich unterdessen wieder an die zehn Mädchen und die zehn jungen Männer von Hawaii und erzählte ihnen, was sich dort, auf ihrer Heimatinsel, vor Tagen zugetragen hatte. Er begann mit der Schilderung dessen, was die Tsunami, die Riesenwelle, angerichtet hatte, und sie lauschten ihm mit geöffneten Mündern und verhaltenem Atem.

      Dann aber berichtete der Seewolf, wie sie Alewa gefunden und aus der Gewalt der französischen Piraten befreit hatten – wie sie die Gefangenen aus dem Hauptdorf der Insel herausgeholt und gleichzeitig die „Saint Croix“, das zweite Schiff der Karibik-Freibeuter, angegriffen hatten. Louis, der Anführer der Meute, hatte eine schmähliche Niederlage erlitten.

      „Euer Stamm ist wieder frei“, schloß Hasard. „Das Volk von Hawaii ist dabei, die erlittenen Schäden auszubessern. Alewa, Waialae, Koa, Lanoko und all die anderen warten jetzt nur noch auf eins – auf eure Heimkehr.“

      Er schwieg.

      Eine Zeitlang herrschte Stille in der Mannschaftsmesse, dann aber sprangen die Insulaner auf, umtanzten auf fast groteske Weise den Silberbarrenofen und lachten unter Tränen. Neuer Jubel war ausgebrochen, die Erleichterung und Freude dieser einfachen, liebenswerten und friedlichen Menschen schien keine Grenzen mehr zu kennen.

      Hasard und seine Kameraden standen dabei und fühlten so etwas wie Verlegenheit in sich aufsteigen, als die Insulaner sie wieder mit Dankesworten überhäuften.

      „Fehlt bloß noch, daß sie uns Blumenkränze umhängen“, brummelte Smoky, der Decksälteste.

      „Das hätten sie längst getan, wenn sie welche zur Hand hätten“, sagte Old O’Flynn mit einem wohlwollenden Blick auf all die hübschen Mädchen.

      Mit dem toten Henri und den anderen drei Leichen, die sie an Bord der „Saint Vincent“ gefunden hatten, hatte Grand Duc nicht viel Aufhebens gemacht. Er hatte sie kurzerhand übers Schanzkleid in die Lagune befördern lassen. Als die Jolle geborgen und wieder aufgerichtet war, lagen diese vier Toten längst auf dem Grund der Bucht.

      Picou und die beiden anderen Piraten, die mit Grand Duc die Galeone geentert hatten, waren in die Jolle, die jetzt längsseits der Bordwand lag, hinuntergestiegen und östen das letzte Wasser aus, das noch unter den Duchten schwappte.

      Ein Mann der vierköpfigen Deckswache trat auf der Kuhl auf den Riesen Grand Duc zu und sagte: „Grand Duc, hör zu. Ich habe dir etwas vorzuschlagen. Ich …“

      Grand Ducs Augen verengten sich zu Schlitzen. Die häßlichen Narben und anderen Kampfspuren in seinem Gesicht waren auch in der Finsternis deutlich genug zu erkennen, und nichts in seinem Aussehen wirkte vertrauenerwekkend und aufrichtig. „Red nicht um den heißen Brei herum“, sagte er. „Komm zur Sache. Ich weiß, was du willst. Wollen wir wetten, daß ich es genau weiß?“

      „Die Geiseln – sie haben sich von hinten an uns herangepirscht.“

      „Und sie haben euch niedergeschlagen.“

      „Wir waren durch euch abgelenkt, Grand Duc …“

      „Fehlt bloß noch, daß ihr mir und den drei anderen die Schuld daran zuschiebt, daß sie euch fertiggemacht haben. Wir wollten die Weiber holen und uns einen Spaß mit ihnen erlauben. Und was erleben wir? Ihr Satansbraten laßt euch wie die Narren zusammenprügeln. Und jetzt habt ihr Angst vor Masot. Die Hosen voll habt ihr, und die Knie schlottern euch nur so, weil er sich an euch rächen wird.“

      „Grand Duc, laß uns verschwinden“, flehte der Pirat.

      „Wie? Mit der Jolle vielleicht? Du bist wohl nicht mehr ganz richtig im Kopf, was?“

      „Hör zu.“ Der Mann senkte seine Stimme und schlug einen verschwörerischen Tonfall an. „Ich meine das anders. Wir sind zu siebt. Und der Schatz befindet sich an Bord der ‚Saint Vincent‘. Wir sieben brauchen jetzt nur ankerauf zu gehen und mit der Galeone aus der Lagune abzuhauen. Masot und die anderen können uns nicht folgen. Sie stehen völlig machtlos da, haben kein Boot, gar nichts – sie werden womöglich den Rest ihrer Tage auf dieser elenden Insel verbringen, wenn wir jetzt abhauen. Und wir vier hier entgehen unserer Bestrafung.“

      Der Riese mit dem gelben Kopftuch stand eine Weile da und überlegte. Was der Kumpan gesagt hatte, hörte sich verlockend an.

      „Grand Duc“, flüsterte der andere. „Wir brauchen den Schatz nur durch sieben zu teilen und booten alle anderen aus. Ist das nicht großartig?“

      Grand Duc gab einen verhaltenen, brummenden Laut von sich. Er zwang sich dazu real zu denken. Draußen auf See wütete noch der Sturm. Dem konnten sie zwar trotzen, denn er hatte keine Orkanstärke. Aber die Gefahr, auf ein Riff zu laufen, war groß. Außerdem reichten sieben Mann nicht aus, um ein Schiff von der Größe der „Saint Vincent“ quer durch die Südsee zu steuern. Allein in dieser Hinsicht war der Vorschlag des anderen ein Hirngespinst.

      Und noch etwas ließ Grand Duc zögern. Masot hatte ihn an diesem Nachmittag beiseite genommen und ihm seinen geheimen Plan offenbart: Nach Hawaii wollte Masot niemals zurückkehren. Sollte Louis, dieser Narr, doch sehen, wie er zurechtkam, sollte die Mannschaft der „Saint Croix“ bis in die Ewigkeit auf sie warten, sie sahen die „Saint Vincent“ nicht wieder – und den Schatz, den sie ihrem Anführer leichtsinnigerweise überlassen hatten, schon gar nicht.

      Masot wollte zunächst in die Karibik zurückkehren und dort – nachdem er die Geiseln von Hawaii selbstverständlich unterwegs umgebracht hatte – in einem überraschenden Handstreich auch seine Schiffsbesatzung beseitigen. Nur Grand Duc, sein engster Vertrauter, sollte am Leben bleiben. So konnten sie den Schatz untereinander teilen und auf einer einsamen Insel vergraben, sich dann eine neue Bande suchen und zu neuen Taten aufbrechen. Es würde ein außerordentlich beruhigendes Gefühl für sie sein, ihr Schäfchen im trokkenen zu haben. Noch drei, vier blutige Streifzüge zur See, und sie hatten bis an ihr Lebensende ausgesorgt.

      Grand Duc zog sehr schnell seine Pistole aus dem Waffengurt und richtete sie auf sein Gegenüber. Er war jetzt froh darüber, in der Zwischenzeit die Waffenkammer der „Saint Vincent“ aufgesucht und sich


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