Seewölfe Paket 10. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.Mann an Bord, ging mit der spanischen Flagge nach achtern und zog sie auf.
Carberry grinste immer noch von einem Ohr zum anderen. Mit jeder Sekunde verbesserte sich zusehends seine Laune.
„Oh“, sagte er freundlich, „wir würden selbst dem Teufel Salz in offene Wunden streuen, nicht wahr, Ferris? Und wenn dieser lausige Don zehnmal mehr Kanonen hat als wir, das soll uns nicht jucken. Wir werden es ihm schon zeigen.“
„Vorausgesetzt, er will etwas von uns“, sagte Ferris Tucker abschwächend. „Hasard hat aber etwas anderes vor.“
„Ich meine ja auch nur, wenn es schiefgeht“, maulte Ed.
„Klar, dann werden wir es ihm zeigen.“
Als die spanische Flagge am Heck der dickbäuchigen Galeone endlich zu erkennen war, meldete Al Conroy das Schiff gefechtsklar bis auf die geschlossenen Stückpforten.
Alles war in unglaublicher Schnelligkeit abgelaufen, und daher nickte der Seewolf auch anerkennend.
Etwas später änderte der Spanier noch einmal leicht den Kurs, und jetzt war es klar, daß er etwas von ihnen wollte.
Aber seine Stückpforten waren ebenfalls geschlossen, und der Seewolf begann sich insgeheim zu fragen, ob die Dons vielleicht genau das gleiche Spiel trieben.
Danach sah es aber nicht aus. Der Spanier schien sorglos, dahinzusegeln und sich auf die Begegnung mit einem Landsmann zu freuen. Sollte er, dachte Hasard lächelnd.
Er schickte die Rote Korsarin unter Deck, ebenso die Zwillinge, und ließ den Gefechtsrudergänger Pete Ballie ans Steuer.
„Der Don geit Segel auf!“ schrie die Stimme aus dem Großmars.
Die Blinde und die Schiebblinde des Dons verschwanden, ein Segel nach dem anderen wurde ins Gei gehängt.
„Nein, der hat keine feindlichen Absichten“, vermutete Ben. „Der würde sich nie eine derartige Blöße geben. Er hält uns für Landsleute und denkt nicht im Traum daran, daß hier ein Engländer vor seiner Nase herumkrebst.“
Hasard gab keine Antwort. Sein Blick war starr auf die andere Galeone gerichtet. Durch den Kieker erkannte er Gestalten an Deck, uniformierte Seesoldaten in ihren bunten Kürbishosen und blinkenden Helmen. Nichts deutete darauf hin, daß der Spanier gefechtsbereit war.
„Hängt die Segel ins Gei!“ befahl Hasard, als der Don nur noch ein paar Kabellängen entfernt war und in der sanften Dünung schaukelte.
Er vergewisserte sich noch einmal, daß jeder Mann der „Isabella“ auf seinem Posten stand, daß es aber gleichzeitig so aussah, als wäre alles ganz harmlos.
Dann nickte er zufrieden, als die Segel, eins nach dem anderen, aufgegeit wurden.
„Die Initiative überlassen wir ihm“, sagte er. „Wir warten einfach ab, was er will, er wird sich schon melden.“
Die Verwunderung an Bord der „Isabella“ wurde noch größer, als der Don ein Beiboot abfierte.
„Schade“, murmelte der Profos bedauernd. „dabei hatte ich mich so auf die erste Begegnung mit den Dons gefreut. Nach der langen lausigen Kälte hätte ich mich gern einmal wieder so richtig warm geprügelt. Die Dons sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.“
Gesichter verzogen sich grinsend nach Eds Worten. Für den Profos war die Begegnung eine einzige Enttäuschung.
Ganz langsam trieben die Schiffe aufeinander zu. Pete Ballie hielt die „Isabella“ jedoch so, daß er im Notfall immer noch an der Luvseite lag. Wie unabsichtlich sah das aus, und der Spanier schien sich auch nichts dabei zu denken.
Hasard blickte auf den Namen am Bug, der in dicken Goldlettern prangte. Der Name sagte ihm nichts. Das schiff hieß „Patria“, was soviel wie Heimat oder Vaterland bedeutete.
Es dauerte lange, bis ein halbes Dutzend Spanier in dem Boot Platz nahm. Einer von ihnen war entweder der Kapitän oder der erste Offizier, so genau ließ sich das nicht erkennen. Jedenfalls bekleidete er einen höheren Rang.
Ein kleines Segel wurde gesetzt, das Boot nahm Fahrt auf und hielt auf die ranke Galeone zu.
Hasard sah gelassen zu. Die Seesoldaten trugen keine Musketen, sie hatten nur ihre Pistolen im Gürtel, und der Ranghöchste, in weißen Seidenstrümpfen und grünen Kürbishosen, trug einen Degen, der ihm sehr hinderlich schien, denn alle Augenblicke rückte er unruhig auf der Ducht hin und her.
Eineinhalb Kabellängen trennten das Boot noch von der „Isabella“, als sich der ranghöchste Spanier aufrichtete und in Richtung „Isabella“ knapp verneigte.
„Ein ganz höflicher Bursche“, sagte Ben anerkennend. „Der bricht vor lauter Höflichkeit ja fast ab.“
Das kleine Boot näherte sich nur langsam, aber die Gesichter der Spanier waren jetzt deutlich zu erkennen.
Der Kapitän, oder was immer er sein mochte, hatte ein hageres, fast asketisches Gesicht, in dem dunkle Augen brannten. Seine Nase stach scharf aus dem Gesicht hervor, seine Lippen waren schmal, und er hatte eine hohe Stirn.
Die grünen Kürbishosen, die er trug, waren durch rote Längsstreifen verziert. Er trug keinen Brustpanzer, dafür ein breites ledernes Wams mit einem verzierten Gürtel.
Hasard blieb an der Schmuckbalustrade des Achterkastells stehen. Auf der Kuhl hatten Ben Brighton, der junge O’Flynn, der Profos und Blakky Stellung bezogen. Die Jakobsleiter war bereits abgefiert worden.
Das kleine Segel wurde eingeholt, und in einem kleinen Bogen lief das Beiboot auf die Bordwand zu.
Der Mann in den bunten Kürbishosen richtete sich wieder auf und blieb stehen.
„Capitano Don Alfredo de los Domirez bittet, an Bord der ‚Isabella‘ aufgenommen zu werden!“ sagte der Mann mit fester, lauter Stimme.
Hasard vollführte mit der Hand eine einladende Bewegung.
„Es ist mir eine Ehre, Don Alfredo“, sagte er.
Die Seewölfe gaben sich so routiniert wie alte Spanier und waren längst in ihre Rollen geschlüpft.
Don Alfredo enterte umständlich auf. Umständlich deshalb, weil ihn der Degen ständig behinderte.
Dann stand er an Deck und musterte hoheitsvoll die Gesichter.
„Bitte, Capitano“, sagte der junge O’Flynn. „Man erwartet Sie bereits auf dem Achterkastell.“
Nichts an Dans Aussprache deutete darauf hin, daß er kein Spanier war. Nicht der kleinste Akzent verriet ihn, und so nickte der Spanier und ließ sich zum Achterkastell begleiten.
Unterwegs sah er sich die „Spanier“ an. Es waren Prachtexemplare darunter, fand er. Kerle, die doppelt so breit waren wie die meisten seiner Seesoldaten, Brocken, deren Gestalt allein schon furchteinflößend wirkte.
Auf dem Achterkastell wurde er von Hasard begrüßt. Die beiden Männer gaben sich die Hände.
„Capitan Pedro Moreno“, stellte Hasard sich vor, und er gab sich so verbindlich, wie sich ein spanischer Handelsfahrer dem Capitano eines Kriegsschiffes gegenüber gewöhnlich gab.
Don Alfredo musterte ungeniert das Schiff, nickte kaum merklich und war höchst erstaunt.
Ja, das ist ein Schiff, dachte er. Da ist alles dran, da ist mehr dran als an jedem anderen Spanier.
Diablo, er als alter Kap Hoornier hatte gewiß schon ungezählte Galeonen gesehen, aber hol’s der Teufel, das hier war doch eins der besten, herrlichsten, prachtvollsten und ranksten Schiffe, die je seinen Kurs gekreuzt hatten.
In Hasards Gesicht regte sich kein Muskel, als der Spanier ungeniert das Ruder musterte. Die Spanier hatten auf der „Patria“ einen Kolderstock, wie alle anderen auch, aber hier gab es ein Ruder, das den Kolderstock ersetzte, und das wunderte den Don.
Auch die Masten wunderten ihn, und er kam nicht umhin, ebenfalls