Seewölfe - Piraten der Weltmeere 386. Davis J.Harbord

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 386 - Davis J.Harbord


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Plymmie schaute zu. Sie lag zwischen Hasard und Philip junior, hielt den Kopf etwas schief und beäugte die schabenden Pranken. Sie war mächtig beeindruckt.

      Old O’Flynn sagte: „Ich schlage vor, daß Al und Sten an Land gehen und ein bißchen herumspionieren. Ich möchte wissen, was die Dons vorhaben. Mit acht Kriegsgaleonen überfällt man kein Pißnest wie Tortuga. Da steckt mehr dahinter.“

      „Da steckt mehr dahinter“, bestätigte Carberry. „Eine Galeone hätte gereicht. Aber die Dons waren ja schon immer ausgesprochen großzügig – im Beten wie im Klauen und Totmachen.“ Und er raspelte noch heftiger über seine Handknöchel.

      Fünf Minuten später hatten sie das Beiboot ausgesetzt, und Al Conroy und Stenmark, bestens bewaffnet, wurden von den Zwillingen an Land gepullt. Die beiden Männer stiegen in den Felsen auf und waren schnell in der Dunkelheit verschwunden. Kein Steinchen kullerte aus den Felsen abwärts und platschte ins Wasser. Al Conroy und Stenmark waren wie die Katzen.

      Hasard und Philip junior starrten ihnen sehnsüchtig hinterher, sehnsüchtig deshalb, weil sie auch gern als Kundschafter an Land gegangen wären. Warum eigentlich nicht? Sie waren flink, wendig und konnten sich durch Hindernisse zwängen, die ausgewachsene Kerle umgehen mußten.

      „Mann!“ flüsterte Hasard junior erbittert. „Und wir müssen egalweg den Schuhputzer spielen. Ob wir auch …“

      Bevor er weitersprechen konnte, erklang von Bord der „Empress“ her ein gewisses Räuspern. Sie wußten es einzuordnen.

      „Der Profos!“ zischte Philip junior.

      Hasard junior nickte und wiederholte das unanständige Wort, das Old O’Flynn und der Profos geäußert hatten. Und gehorsam pullten sie zurück zur „Empress“. Allerdings fanden sie, daß es an der Zeit wäre, für wichtigere Aufgaben angesetzt zu werden. Die ließen jedoch nicht auf sich warten.

      „Holt die Drehbassen an Deck“, befahl Old O’Flynn grimmig. „Daß dazu auch die Ladungen gehören, brauche ich wohl nicht extra zu betonen.“

      „Was? Wie?“ ergänzte Edwin Carberry. Aber das war keine Frage, sondern deutete an, daß bald was los sein würde.

      Unten im Laderaum flüsterte denn auch Hasard seinem Bruder zu: „Die wollen mit Drehbassen acht Kriegsgaleonen der Dons angreifen. Wetten?“

      „Spinnt der Alte?“ flüsterte Philip zurück. Mit dem „Alten“ meinte er ihren gemeinsamen Großvater mütterlicherseits – Old Donegal Daniel O’Flynn.

      „Der spinnt nicht, der ist in Braß“, erklärte Hasard junior. „Und wenn der in Braß ist, dann hat’s gescheppert.“ Und er wollte wieder wetten, aber Bruder Philip hielt nichts davon. Er war ja der gleichen Meinung wie Hasard.

      Indessen hatten sich Al Conroy und Stenmark bis in die Nähe der Totenrutsche gepirscht – oben auf der felsigen Anhöhe, nicht weit entfernt von Diegos Kneipe. Von dort war das Johlen und Grölen nicht zu überhören. Offenbar hatten die Seesoldaten Diegos „Schildkröte“ bereits „im Sturm genommen“, oder Diego hatte die Flagge gestrichen in der Erkenntnis, daß Widerstand gegenüber den stärkeren Bataillonen reiner Selbstmord war.

      Mit dem feisten Wirt der „Schildkröte“ war das so eine Sache. Er hatte zwar in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, daß er auf der Seite der Seewölfe stand und Übelbolde wie den verblichenen Caligu oder dessen genauso wüsten Sohn Caligula samt der machtbesessenen Black Queen ablehnte, aber als alerter Kaufmann mußte er zwischen Bukaniern, Piraten aller Schattierungen, Siedlern und auch den Dons eine gewisse Neutralität wahren. Er verdiente an allen und durfte keinen zum Feind haben.

      Insofern war die Skepsis angebracht, die Al Conroy geäußert hatte. Wenn die Spanier dem dicken Wirt die Daumenschrauben anlegten, dann bedeutete das für den Bund der Korsaren, daß Gefahr im Verzug war.

      „Wir müssen näher an die Kneipe ran“, flüsterte Al Conroy. „Vielleicht erwischen wir einen von Diegos Schankknechten, den wir aushorchen können.“

      „Carlos Rivero wäre richtig“, flüsterte Stenmark zurück.

      Al Conroy wandte ihm überrascht den Kopf zu. „An den habe ich überhaupt nicht mehr gedacht, aber du hast recht. Allerdings muß er lausig aufpassen. Wenn ihn die Dons schnappen, ist der Strick fällig.“

      Das stimmte. Carlos Rivero war Bootsmann auf der Kriegsgaleone „Aguila“ gewesen, die zum Cartagena-Geschwader gehörte. Sie hatte den Auftrag gehabt – das war im Oktober-November des vergangenen Jahres gewesen –, vor dem großen Schlag gegen die französischen und englischen Siedler an der Ostküste von Honduras die Siedlung El Triunfo zu erkunden.

      Aufgrund einer Meuterei war dieser Auftrag nicht mehr erledigt worden. Carlos Rivero hatte die Meuterer angeführt – allerdings aus rein menschlichen Motiven, denn er war darüber empört, als durchgesickert war, daß die französischen und englischen Siedler ausgerottet werden sollten. Er war ein harter Mann, aber auch ein Idealist, der Unrecht gleich welcher Art verabscheute.

      Dann hatten sich die üblen Elemente unter den Meuterern auf die Seite der Black Queen geschlagen. Er hatte sich dem widersetzt und war einem grausamen Tod nur dadurch entgangen, weil ihn Jean Ribault und ein paar Männer seiner Crew befreit hatten.

      An der Seite des Bundes der Korsaren hatte er gegen die Black Queen und die Spanier gekämpft, ein gradliniger Mann, der keine Kompromisse einging, wenn es sich darum handelte, das unwandelbare Recht zu verteidigen.

      Für die Spanier war er nichts weiter als ein Meuterer und Deserteur. Er lebte auf Tortuga, und jetzt war er noch gefährdeter als Diego.

      Bevor sich Al Conroy und Stenmark über ihre weiteren Schritte verständigen konnten, wurden sie Zeugen einer Verfolgung. Die wilde Jagd tobte aus Richtung der „Schildkröte“ auf sie zu. In Sekundenschnelle gingen beide zwischen den Felsen in Deckung.

      Schreie ertönten – Angstschreie, und sie wurden zweifellos von Frauen ausgestoßen. Dazwischen mischte sich das Grölen von Männerstimmen und überlagerte die Schreie.

      „Haltet sie fest, die Huren!“

      „Wir wollen auch unseren Spaß haben!“

      „Die entgehen uns nicht!“

      Hier war eindeutig, was sich abspielen sollte – die Soldateska war losgelassen und veranstaltete in ihrer Zügellosigkeit Jagd auf Frauen oder Mädchen. So war es schon immer, und nie würde sich das ändern, solange die Stiefel von Soldaten und Kriegern über die Erde trampelten, die sich das Recht anmaßten, zu plündern, zu morden und zu vergewaltigen.

      Sie spähten seitlich der Felsen vorbei auf die herantobende Jagd. Vier Mädchen waren es, verfolgt von drei zotenreißenden Seesoldaten. Jetzt waren diese drei Kerle weiter nichts als gierige Köter.

      Stenmark erkannte eins der Mädchen.

      „Manon!“ sagte er gepreßt.

      Manon, das war die Wortführerin der Französinnen, die auf „der Galeone der Frauen“ in die Neue Welt gesegelt und schließlich auf Tortuga gelandet waren. Sicherlich, sie waren etwas leichtfertige Dinger und wandelten nicht alle auf dem Pfad der Tugend, aber wem sie ihre Gunst zu schenken gedachten, das bestimmten sie selbst, und kein Spanier hatte das Recht, ihnen Gewalt anzutun und sie wie Freiwild zu jagen.

      In Stenmark und Al Conroy stieg die Galle hoch.

      Unmittelbar vor ihren Deckungen gelang es den drei Kerlen, zwei Mädchen zu erreichen und zu Boden zu reißen. Manon war eine von ihnen, beide wehrten sich wie wilde Katzen. Stoff zerfetzte mit einem häßlichen Geräusch. Die drei Kerle hechelten tatsächlich wie Köter und waren sich gegenseitig im Wege. Jeder wollte seinen Spaß zuerst haben.

      Al Conroy und Stenmark fackelten nicht lange. Sie nickten sich zu, packten ihre Pistolen bei den Läufen und huschten aus der Deckung.

      Der so heiß begehrte Spaß endete für die drei Seesoldaten in plötzlicher Nacht. Da halfen auch die Helme nichts. Es dröhnte dreimal. Bei dem sonstigen Krach im Hafen und oben bei


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