Der Erwerb des Deutschen im Kontext von Mehrsprachigkeit. Tanja Rinker

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Der Erwerb des Deutschen im Kontext von Mehrsprachigkeit - Tanja Rinker


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-erM Lehrer -eF Hose, Nase, Bürste der Hase, der Löwe -inF Lehrerin -erM Koffer, Teller, Keller das Futter -ungF Lösung -enM Garten, Rasen das Fohlen -heitF Freiheit -keitF Einigkeit

      Tab. 4.4:

      Auswahl formbezogener GenusregelnGenusregeln (M = Maskulinum; F = Femininum; N = Neutrum)

      Wie kann man Deutschlernende im Erwerb des Genussystems unterstützen? Festzuhalten wäre zunächst, dass weder im Erstspracherwerb noch im natürlichen Zweitspracherwerb das Genus für jedes Nomen auswendig gelernt wird (vgl. Wegener 1995b). Lernende suchen nach ökonomischen Wegen, sich eine Sprache anzueignen. Man kann den sprachlichen InputInput so aufbereiten, dass das Entdecken der Regelhaftigkeiten leichter fällt – zu empfehlen im Vorschulalter (s. unten Aufgabe 6). Oder man führt die Lernenden schrittweise an die Zuweisungsregeln heran und gibt ausreichend Anwendungsmöglichkeiten zur Festigung. Die GenuszuweisungGenuszuweisung erfolgt im Deutschen auf der Basis formaler und semantischer Kriterien (s. Tab. 4.4 und 4.5).

Regeln Beispiele Gegenbeispiele
männliche Personen und Tiere M Mann, Bruder, Kater, Hengst
weibliche Personen und Tiere F Frau, Schwester, Katze, Stute das Mädchen
junge Personen und Tiere N Baby, Kind, Kalb, Fohlen der Welpe
Zeitabschnitte M Herbst, Monat, Mai, Mittwoch die Woche, das Jahr
Bäume und Blumen F Tanne, Eiche, Rose, Tulpe der Ahorn, das Veilchen
Oberbegriffe N Obst, Getränk, Besteck, Tier

      Tab. 4.5:

      Auswahl bedeutungsbezogener Genusregeln (nach Wegener 1995a: 69)

      Ältere Deutschlernende fragen sich (berechtigterweise) oft, wozu man lernen muss, dass z. B. Schale weiblich und Krug männlich ist? Erhalten sie darauf keine befriedigende Antwort, kann eventuell die Motivation nachlassen, sich auf das komplexe Regel-System und seine Ausnahmen einzulassen, denn schließlich ist die Kommunikation nicht gefährdet, wenn man den falschen Artikel gebraucht. Aber: Die Textverstehensfähigkeit ist beeinträchtigt, wenn man das Genussystem nicht sicher beherrscht.

(5) Der Krug1 fiel in die Schale2, aber er1 / sie2 zerbrach nicht.
(6) Ich meine das Haus1 neben der Kirche2, das1 / die2 gerade renoviert wird.
(7) Der Mann1 sah die Frau2 neben seinem1 / ihrem2 Auto stehen.

      Die drei Beispiele (aus Wegener 1995a: 66) veranschaulichen die Hauptfunktion von Genus. Sprachen, die über ein Genussystem verfügen, können mit Hilfe genusanzeigender Pronomen auf effiziente und oftmals disambiguierende Weise referenzielle Bezüge herstellen – auch über Satzgrenzen hinweg. Das Pronomen weist dabei immer das gleiche Genus auf wie sein Bezugsnomen. Der Rezipient muss, um Sätze und Textpassagen in der intendierten Weise zu verstehen, jedes Pronomen mit dem richtigen Bezugsnomen verbinden. Für MuttersprachlerInnen ist das (meist) kein Problem. Deutschlernende jedoch tun sich beim Lesen von Texten oftmals schwer mit der Interpretation von Pronomen. Wird aber das Sprachangebot von Anfang an so gestaltet, dass die kohärenzstiftende Funktion von Genus sichtbar wird, vgl. (8) und (9), dann sind die Lernenden zum einen motivierter, sich die Genuszugehörigkeit der Nomen zu erschließen und dabei auf Kongruenzrelationen zwischen den einzelnen Genusindikatoren (z. B. Artikel, Personalpronomen, Relativpronomen, Possessiva) zu achten. Zum anderen wird ihnen dann später beim Textverstehen die Interpretation von Pronomen kaum Schwierigkeiten bereiten, da sie wissen, dass sich Pronomen (meist) auf ein zuvor erwähntes Nomen beziehen. Und bei dessen Auffinden hilft ihnen die im Pronomen enthaltene Genusinformation.

(8) Neben mir steht Lara1 / Tarek2. Sie1 / Er2 hat heute eine Jeans an. Ihr1 / Sein2 Pullover ist rot.
(9) Wo ist der Ball1 / die Tasche2? Wer weiß, wo er1 / sie2 ist? Tom sucht ihn1 / sie2.

      Neben der referenziellen Funktion kommt der Genuskategorie auch eine wichtige syntaktische Funktion zu, die insbesondere für weit fortgeschrittene Deutschlernende relevant wird. Typisch für die deutsche Bildungssprache sind hochkomplexe Nominalphrasen (siehe hierzu u.a. Petersen


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