Anabasis. Xenophon

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Anabasis - Xenophon


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sagten sie, sind wir nicht in Sold getreten. Anfänglich wollte Klearch seine Leute zum Marschiren zwingen, allein, als er auszurücken anfing, warfen sie ihn und seine Packpferde mit Steinen und mit genauer Noth entrann er der Steinigung. Am folgenden Tage, da er die Unmöglichkeit, mit Gewalt etwas auszurichten, sah, ließ er seine Leute zusammen kommen und stand erst lange weinend vor ihnen; sie erstaunten darüber und schwiegen, und dann begann er so: »Wundert euch nicht, Soldaten, daß die jetzigen Umstände einen solchen Eindruck auf mich machen. Cyrus wurde mein Gastfreund; mich, den aus dem Vaterland Vertriebenen, behandelte er mit Achtung und gab mir überdies zehntausend Dareiken, die ich nicht als mein Eigenthum ansah, nicht meinem Vergnügen aufopferte, sondern auf euch verwendete. Zuerst bekriegte ich die Thracier und rächte mich mit euch an ihnen, dadurch, daß ich sie, welche die Griechen verdrängen wollten, selbst aus dem Chersones vertrieb. Jetzt rief mich Cyrus, und ich trat mit euch den Marsch an, um für die erwiesenen Gefälligkeiten ihm, wozu er meiner bedürfte, nützlich zu werden. Da ihr euch aber nun weigert, mir zu folgen, so bin ich genöthigt, entweder euch zu verlassen und Cyrus' Freundschaft vorzuziehen, oder treulos gegen ihn, bei euch zu bleiben; ob ich in beiden Fällen recht handle, lass' ich unentschieden. Ich wähle daher das Letztere und will mit euch Alles erdulden, und Niemand soll je sagen, daß ich die Griechen, die mir ins Ausland folgten, verlassen habe, um die Freundschaft der Fremden zu erhalten. Vielmehr will ich, da ihr mir nicht nachgeben und folgen wollt, euch folgen und jedes Schicksal mit ertragen; denn ihr seid mir Vaterland, Freunde und Kriegsgenossen, und ich bin stolz darauf, wo es auch sei, bei euch zu sein, aber, verlassen von euch, glaube ich weder dem Freunde helfen, noch dem Feinde widerstehen zu können. Seid also überzeugt, daß ich euch, wohin es auch sei, folgen werde.«

      So sprach er. Seine Soldaten und das übrige Heer lobten seinen Entschluß, nicht gegen den König zu ziehen, und von Xenias und Pasions Truppen gingen an zweitausend Mann mit Waffen und Gepäck unter die Fahne Klearchs.

      Cyrus, der jetzt verlegen und besorgt war, ließ den Klearch zu sich rufen. Dieser wollte nun zwar nicht kommen, aber heimlich schickte er einen Boten zu ihm, der ihn zufrieden stellen und ihm sagen mußte, es würde noch Alles ganz gut gehen; er möchte ihn nur wieder rufen lassen, obgleich er nicht kommen würde. Hierauf ließ er seine Leute nebst den Soldaten, die sich erst unter sein Commando begeben hatten und Andern, die sich einfinden wollten, zusammen kommen und redete sie so an:

      »Soldaten! Offenbar steht Cyrus jetzt zu uns in demselben Verhältniß, wie wir zu ihm. Denn da wir ihm nicht mehr dienen, so sind wir nicht mehr seine Söldner und er ist nicht mehr unser Soldherr. – Daß er sich aber von uns beleidigt glaubt, weiß ich; daher will ich auch, wenn er mich rufen läßt, nicht zu ihm gehen, vorzüglich deswegen, weil ich mich des Bewußtseins, ihn gänzlich hintergangen zu haben, schäme, aber auch aus dem Grunde, weil ich fürchte, über das, wodurch er sich von mir beleidigt glaubt, von ihm zur Rechenschaft gezogen zu werden. Nach meinem Erachten also ist es nicht Zeit, zu schlafen und sorglos dahin zu leben, sondern Maßregeln für die Folge zu nehmen. Wollen wir nun hier bleiben, so halte ich die Sorge für nöthig, wie wir unserm Aufenthalte die möglichste Sicherheit verschaffen. Beschließen wir aber abzuziehen, wie wir unsern Abzug am sichersten anstellen, und woher wir Lebensmittel nehmen; denn ohne diese kann weder Feldherr noch Soldat das Seinige thun. Cyrus ist ein unschätzbarer Freund für seine Freunde, aber auch der heftigste Feind gegen seine Feinde. Ueberdies ist er mächtig an Fußvolk, Reiterei und Schiffen, wie wir Alle wissen und sehen, denn wir sind ja, glaube ich, nahe genug bei ihm; es ist also Zeit, daß Jeder den Rath gibt, der ihm der beste zu sein scheint.«

      Sogleich traten Einige freiwillig auf, um ihre Meinung zu sagen; Andere, von Klearch aufgerufen, zeigten, wie schwierig es sei, sowol zu bleiben, als abzuziehen, ohne von Cyrus Erlaubniß zu haben. Einer unter ihnen, der sich sehr eilfertig stellte, nach Griechenland umzukehren, sagte: »Wenn Klearch nicht den Rückzug commandiren wollte, so müßte man schleunigst andere Anführer erwählen, Lebensmittel einzukaufen, (der Markt war aber im persischen Lager), und sich zum Abzuge anschicken. Dann sollte man den Cyrus um Schiffe zur Abfahrt bitten, und wenn er diese verweigerte, um einen Wegweiser, unter dessen Leitung sie unbefehdet wieder in ihr Vaterland zögen. Gäbe er auch diesen nicht, dann sollte man sich schnellstens kampfbereit machen und durch einige Truppen zuvor die Höhen einnehmen lassen, damit nicht Cyrus und die Cilicier, von denen so Viele Sklaven und Beute bei sich führten, ihnen hierin zuvorkämen.«

      Nach ihm sprach Klearch: »Keiner von euch mache den Vorschlag, mir das Commando dieses Rückmarsches zu übertragen; denn verschiedene Gründe bestimmen mich, es nicht anzunehmen: aber dem, den ihr dazu erwählen werdet, will ich den pünktlichsten Gehorsam leisten, damit ihr seht, daß ich so gut, wie irgend ein Mensch, mir befehlen zu lassen gelernt habe.«

      Jetzt trat ein Anderer auf, der das Thörichte in dem Vorschlag, um Schiffe zu bitten, zeigte, gerade als wenn Cyrus keinen Feldzug unternehmen würde; er zeigte ferner, wie thöricht es wäre, sich einen Wegweiser von dem auszubitten, dessen Unternehmen sie vereitelt hätten. »Wenn wir uns,« fuhr er fort, »einem Wegweiser, den Cyrus uns gibt, anvertrauen wollen, so sehe ich nicht ein, warum wir nicht auch den Cyrus ersuchen, für uns die Höhen zu besetzen. Ich wenigstens möchte seine Schiffe nicht besteigen, aus Furcht, daß er uns sammt den Schiffen versenken ließe. Auch dem Wegweiser, den er gegeben hätte, würde ich mich fürchten zu folgen, weil er uns wol so führen könnte, daß wir keinen Ausweg mehr wüßten. Das Beste wäre, ohne Wissen und Willen des Cyrus abzuziehen. Da dies aber nicht möglich ist, so halte ich alle diese Vorschläge für unnütz. Nach meiner Meinung also sende man mit dem Klearch einige geeignete Männer zum Cyrus, um ihn zu fragen, zu welcher Unternehmung er uns zu brauchen gedenke: ist sie von der Art, wie die vorige, wozu er sich der Miethstruppen bediente, so laßt uns ihm folgen, und Jenen, die ihn vor uns auf seinen Zügen nach Oberasien begleiteten, an Mannssinn nichts nachgeben; finden wir sie aber größer, mühevoller und gefährlicher, so laßt uns ihn ersuchen, entweder für unsere Dienste annehmliche Bedingungen uns einzuräumen oder einen friedlichen Abzug zu bewilligen; denn so werden wir im ersteren Falle mit Ergebenheit und Diensteifer ihm folgen, im andern einen sichern Rückzug erhalten. Den Bericht von seiner Antwort hierauf statte man hier wieder ab, und dann können wir unsre Maßregeln danach nehmen.«

      Dieser Vorschlag fand Beifall. Man wählte Männer aus und schickte sie mit Klearch zum Cyrus, um seine Antwort auf den Entschluß der Truppen zu hören. Diese lautete: er habe vernommen, daß sein Feind Abrokomas am Euphrat, zwölf Märsche von ihm, stehe; auf diesen gehe er los, um ihn, wenn er ihn da anträfe, zu züchtigen; wäre er aber geflohen, so wolle er sich mit ihnen dort darüber besprechen. Diese Antwort brachten die Abgeordneten den Truppen zurück, die sich, trotz des Argwohns, er führe sie doch gegen den König, ihm zu folgen entschlossen. Als sie hierauf um die Erhöhung ihres Soldes anhielten, versprach Cyrus, ihn um die Hälfte zu vermehren, so daß nun der Soldat monatlich, statt eines Dareiken, einen und einen halben bekam. Daß der Marsch aber dem Könige gelte, davon hörte man damals noch nicht öffentlich sprechen.

      4.

       Inhaltsverzeichnis

      Von hier ging Cyrus in zwei Märschen zehn Parasangen bis zum Sarus vor, dessen Breite drei Plethren betrug; dann marschirte er fünf Parasangen bis zum Pyramus, der ein Stadium breit war. Von hier legte er in zwei Märschen fünfzehn Parasangen zurück und kam nach Issi, der äußersten Stadt Ciliciens; sie liegt am Meere und ist groß und blühend. Hier blieb er drei Tage. Unterdessen langten fünfunddreißig Schiffe aus dem Peloponnes, die der Lacedämonier Pythagoras commandirte, bei ihm an. Der Aegyptier Tamos hatte sie, nebst noch einer andern Flotte des Cyrus, die fünfundzwanzig Segel stark war, und mit welcher er das mit dem Tissaphernes – gegen den er gemeinschaftlich mit Cyrus kämpfte, – verbundene Milet belagert hatte, von Ephesus aus angeführt. Auf dieser Flotte befand sich auch der Lacedämonier Cherisophus, den Cyrus hatte kommen lassen; er führte siebenhundert Hopliten, die er beim Cyrus commandirte. Die Schiffe legten beim Zelte des Letzteren an. Hier kamen vierhundert griechische Hopliten, die vom Abrokomas, dessen Söldner sie gewesen waren, abfielen, zum Cyrus und folgten seiner Fahne gegen den König.

      Dann machte er einen Marsch von fünf Parasangen bis zu den Pässen


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