Carl Friedrich von Weizsäcker. Ino Weber

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Carl Friedrich von Weizsäcker - Ino Weber


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Ernst v. Weizsäcker (Offizier, Diplomat), Marianne v. Weizsäcker (geb. v. Graevenitz, Krankenschwester) Geschwister: Adelheid, Heinrich und Richard (geb. 1920) Kinder: Carl Christian (geb. 1938), Ernst Ulrich (geb. 1939), Elisabeth (1940), Heinrich (1947) 1918-29 Schulen in Wilhelmshaven, Stuttgart, den Haag, Basel, Kopenhagen, Berlin (1927-1929) 1929 Abitur in Berlin (Bezirk Wilmersdorf) 1929-33 Studium der Physik, Astronomie und Mathematik in Berlin (Friedrich-Wilhelm-Universität), ab 1929/30 in Leipzig 1933 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig bei Werner Heisenberg. „Durchgang schneller Korpuskularstrahlen durch ein Ferromagnetikum“ 1936 Habilitation an der Universität Leipzig. „Über die Spinabhängigkeit der Kernkräfte“ 1936-42 Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin, ab 1937 auch Dozent für theoretische Physik an der Universität Berlin 1942-44 Professor für theoretische Physik an der Universität Straßburg 1946-57 Abteilungsleiter am Max-Planck-Institut für Physik in Göttingen und Honorarprofessor an der Universität Göttingen 1957-69 Professor für Philosophie an der Universität Hamburg 1970-80 Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt, Starnberg

      Lebenstationen, Grundhaltungen und Wirkungen

      Weizsäcker war in erster Linie Physiker, aber auch Philosoph und Friedensforscher. Obwohl er mit Leib und Seele Wissenschaftler war, engagierte er sich doch auch mit großer Kraft für politische Ziele. Als Philosoph erkannte er früh die Notwendigkeit eines umfassenden Bewusstseinswandels. Von ganz eigenständigem Wert und vielleicht wichtiger als alle tagespolitischen Bemühungen der Berufspolitiker sind seine tiefsinnigen Anregungen für eine Weltinnenpolitik. Frei von jeglichen spekulativen Tendenzen, war Weizsäcker davon überzeugt, dass eine übergeordnete politische Vision durchaus notwendig ist. Mit deutlichen Worten zeigte er auf, was im globalen Interesse geschehen müsse, um eine friedliche, lebenswerte Zukunft zu sichern. Dabei verzichtete er darauf, die mögliche, ja aus seiner damaligen Sicht wahrscheinliche Zukunft im Detail auszumalen. Seine sehr vorsichtige Form einer „Vision“ war getragen von einer fundamentalen Analyse aller relevanten Fakten und Problemlagen. Was er herausfand, ist trotz der veränderten und scheinbar immer rascher fortschreitenden weltpolitischen Voraussetzungen von verblüffender Aktualität. So bilden Weizsäckers Überlegungen und Anregungen im Bereich der Weltpolitik, zumal in der Friedensforschung, ein wertvolles Vermächtnis an die Nachwelt.

      Von religiösem Empfinden und klarem Denken gleichermaßen tief geprägt, vertrat Weizsäcker einen hohen moralischen Anspruch. Er legte den Finger in die Wunde, übte mutig Kritik, wollte aber niemanden verletzen. In vorbildlicher Denkweise, liberal und philosophisch, gab er niemals vor, im Besitz einer letztgültigen Wahrheit zu sein. Es lag ihm deshalb auch fern, anderen seine Erkenntnisse aufzuzwingen. Er zielte vor allem auf ein eigenständiges Mitdenken seiner Ansprechpartner ab.

      Weizsäcker maß sich nicht an, ein völlig neues Gesellschaftssystem zu empfehlen, hielt es nicht einmal für sinnvoll, ein solches auszuarbeiten. Stattdessen mahnte er die mögliche, allein schon durch die Vernunft gebotene Umsetzung einer universellen Ethik an. Dieses Wertesystem wies bei ihm allerdings unverkennbar starke urchristliche Züge auf. Toleranz und Respekt gegenüber Andersdenkenden hatten in Weizsäckers Ethik einen außerordentlich hohen Stellenwert. Nächstenliebe kann man kaum durch Predigten erzeugen, man muss sie selbst empfinden und praktizieren. Genau das konnte man Weizsäcker deutlich anmerken, in seinen Vorträgen und mehr noch im persönlichen Gespräch. Schon seine Stimme, ihr warmer Tonfall, ließ kaum Zweifel über das innerste Wesen dieses Mannes aufkommen. Die Menschenliebe war in der Tat Weizsäckers stärkste Kraft, welche seine geistigen Energien harmonisch bündelte.

      Oberflächlich betrachtet, könnte man meinen, der Erfolg wäre ihm in die Wiege gelegt worden. Geboren in einer sehr angesehenen Gelehrtenfamilie, wohl behütet, liebevoll erzogen und nach Kräften im Talent gefördert, war der Weg sicher gut vorbereitet. Doch es waren höchst unsichere Zeiten. Schicksalhafte Einflüsse, unvorhersehbare Ereignisse, die Weltwirtschaftskrise 1929 und die Wirren der beiden Weltkriege konnten so manchen Lebensweg nachhaltiger bestimmen als eine noch so gute Bildung. Das altdeutsche Schulsystem wies ohne Zweifel ganz besondere Härten auf, die mit den heutigen Anforderungen schwer vergleichbar sind. Für eine gute Bildung mussten erhebliche Widerstände überwunden werden, durch großen Fleiß, starke Willenskraft und Eigeninitiative. Weizsäckers Weg verlief auch aus einem anderen Grund nicht einfach, denn der Vater war im diplomatischen Dienst tätig und wurde häufig versetzt. Fünfmal musste Carl Friedrich die Schule wechseln, sich auf ganz verschiedene Schultypen einstellen, im In- und Ausland. Schließlich legte er in Berlin das Abitur ab, mit durchwegs guten Noten. Vom Intellekt her bereitete ihm keines der Schulfächer Schwierigkeiten, wobei sich jedoch eine besondere Begabung für Physik und Mathematik schon früh abzeichnete.

      Ein Diplomat verdiente damals nicht so viel, wie man meinen könnte, und die Familie empfand sich ganz und gar nicht als reich, erst recht nicht zu jener Zeit, als man in einer wenig komfortablen Berliner Altbauwohnung lebte.

      Zu wissen, was man will, kann bereits eine gute Basis für den erfolgreichen Lebensweg sein. Beim jugendlichen Weizsäcker kam dieses „Geschenk“ in Form einer denkwürdigen Begegnung – mit Werner Heisenberg. Weizsäcker war erst vierzehn Jahre alt, als er den späteren Nobelpreisträger zum ersten Mal traf, doch da er bereits einen brillanten Intellekt entfaltet hatte, wurde es ein mehrstündiges Gespräch. Heisenberg überzeugte ihn davon, Physik zu studieren, nicht Philosophie oder womöglich Theologie. Vielseitige Anlagen und Interessen waren in Weizsäcker von früher Kindheit an vorhanden. Daher wollte der junge Mann zuerst Sternenkundiger werden, aus purer Begeisterung für die Größe des Weltalls, mit einem religiös geprägten Empfinden für die unfassbaren Geheimnisse des Kosmos.

      Weizsäcker wurde Physiker, mit all den Verwicklungen, die durch die zeitgeschichtlichen Umstände bedingt waren. In der Nachkriegszeit warf man ihm und Heisenberg vor, sich nicht entschlossen genug vom Nazi-Regime distanziert, sich gar mit den Machthabern allzu bereitwillig arrangiert zu haben. Richtig ist dagegen: Carl Friedrich von Weizsäcker war nie konkret an der Entwicklung einer atomaren oder sonstigen Waffe beteiligt, weder theoretisch noch praktisch. In der Tat kam er nie in die furchtbare Zwangslage einer konkreten Gewissensentscheidung, denn die technischen Möglichkeiten und die notwendigen Rohstoffe zur Herstellung einer Atombombe waren während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland nicht gegeben.

      Weizsäcker war ein sehr junger Physiker, und der einzige Fehler, den er sich selbst später eingestehen musste, war eine gewisse politische Naivität. Seine moralische Integrität jedoch steht außer Zweifel, wenn man seine Beweggründe und seinen Charakter genauer kennt.

      Was für eine Persönlichkeit war der Mensch Carl Friedrich von Weizsäcker? Es wäre völlig verfehlt, ihn nur als Physiker, als unerhört klugen und ehrgeizigen Forscher zu sehen.

      Die Existenz der Atombombe hatte die Welt für immer verändert. Jede Form der künftigen Außen- und Weltpolitik würde unter diesem Damoklesschwert ihre Entscheidungen treffen müssen. Den Frieden


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