Ein Rindvieh für Gaddafi. Günther Thömmes

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Ein Rindvieh für Gaddafi - Günther Thömmes


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      Günther Thömmes

      Ein Rindvieh für Gaddafi

      Kriminalroman

      Impressum

      Personen und Handlung sind frei erfunden.

      Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

      sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

      Herstellung: Julia Franze

      E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © Votava / Imagno / picturedesk.com

      ISBN 978-3-8392-6882-7

      Zitat

      »Wenn Sie aber Rinder und Holz nach Libyen verkaufen wollen, dann gibt es keine Körperöffnung, in die Sie nicht hineinkriechen.«

      (Bruno Kreiskys Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Opposition über sein Verhältnis zu Libyen)

      Kapitel 1

      Die »Sisi«, besser gesagt, ihre Passagiere, waren die Ersten, die die Leiche sahen. Der lautstark, fröhlich feiernde Kegelklub aus Castrop-Rauxel genoss die Donaufahrt bei bestem Spätsommerwetter auf dem Vorderdeck des mittelgroßen, mittelalten Ausflugsdampfers in vollen Zügen. Der Alkohol floss, trotz der noch recht frühen Tageszeit, schon in Strömen, es wurde gesungen, gewitzelt, getanzt und gejohlt. Der Discjockey hatte die aktuellen Hits mit an Bord. »Alles klar, Herr Kommissar«, der »Ententanz« und Roland Kaiser sorgten für gnadenlose, unerbittliche Bombenstimmung.

      Die Sternwarte Urania war bereits in Sicht, gleich würde das Schiff an der Südseite des Donaukanals anlegen, aus dem die üblichen hochsommerlichen Fäulnisgerüche aufstiegen. Die »Sisi« näherte sich der Mündung des kleinen Flusses, dem die Metropole Wien ihren Namen verdankt. Plötzlich schrie eine der Frauen auf. Die Männer der Gruppe lachten laut, sie dachten wohl, ihre Kegelschwester wäre in den Hintern gezwickt worden oder etwas ähnlich Komisches.

      Sie schrie jedoch weiter, hielt sich entsetzt eine Hand vor den Mund, mit der anderen deutete sie über Bord, hinein ins trübe Wasser des Donaukanals, wo die »Sisi«, nur noch wenige Meter vom Kai entfernt, auf der rechten Bugseite etwas auf der Wasseroberfläche mitzog, was unzweifelhaft wie ein menschlicher Körper aussah. Ein toter Körper. Das Wasser schwappte von der Kaimauer vor und zurück, der Körper wurde immer wieder überspült, tauchte wieder auf, und als der gesamte Kegelklub »Die ruhige Kugel« schreiend und gestikulierend an der Reling stand, sorgte eine Welle plötzlich dafür, dass die Arme fast anklagend aus dem Wasser Richtung der schaudernden Zuschauer ragten.

      Arme ohne Hände.

      Drei Frauen fielen in Ohnmacht.

      Es dauerte nur ein paar Minuten, bis die Polizei vor Ort war. Das Telefon in der zuständigen Lokalredaktion der »Kronen Zeitung« läutete wenige Augenblicke nach dem des Polizeinotrufs. Elisabeth Körner hob ab, hörte kurz zu, raffte ihre Utensilien zusammen und verließ im Laufschritt ihr Büro. Es waren nur ein paar Hundert Meter zum Kai bei der Urania. Um ein Haar wäre sie mit ihrem Glockenrock am hinteren Kotflügel eines Fiakers hängen geblieben, dem sie in ihrer Eile den Weg abgeschnitten hatte. Ein deftiger Fluch des Kutschers, der die Worte »Weibsbild«, »Zwergerl« und »Pummerin« enthielt, hallte ihr nach, als sie weitereilte. Es war nicht nur Ehrensache, als erste Reporterin vor Ort zu sein, wenn es eine Sensation zu vermelden gab.

      Sie traf tatsächlich nur wenig später als die Polizei ein. Die war gerade mit der Aufnahme der Personalien der geschockten Gäste aus dem Ruhrpott beschäftigt, für die bereits ein schnellstmöglicher Transport in ihr Hotel organisiert wurde. Mit der Bitte, sich zur Verfügung zu halten, sobald alle wieder nüchtern waren.

      Die Tatsache, dass Elisabeth Körner praktisch zeitgleich mit der Polizei am Tatort erschienen war, verwunderte bei den Polizisten niemanden. Man kannte ihr gutes Näschen für Geschichten genauso gut wie ihre erstklassigen Kontakte. Wobei ihr in diesem Fall Zweiteres geholfen hatte.

      Die in der Tat sehr klein geratene Frau stellte sich mit der allergrößten Selbstverständlichkeit an die Schwingtür des Busses, der die Zeugen aus Castrop-Rauxel abtransportieren sollte, und versuchte, den geschockten Kegelfreunden noch vor dem Betreten des Fahrzeugs das eine oder andere Statement zu entlocken. Viel kam nicht dabei heraus, und so verteilte sie nur Visitenkarten mit der Bitte um ein späteres Interview, bevor sie sich nach Abfahrt der Zeugen wieder der Kaimauer zuwandte. Die Leiche wurde, so unauffällig man dies am helllichten Tag bewerkstelligen konnte, aus dem Wasser geborgen und zur Gerichtsmedizin gebracht. Den drei anwesenden Streifenpolizisten war nach dem ersten Blick auf die Leiche klar gewesen, dass sie später, außer für eine belanglose Aussage, nicht mehr benötigt würden. Elisabeth Körners Anwesenheit störte sie überhaupt nicht. Man kannte sich.

      »Das ist ja niemals ein Unfall gewesen und somit ganz klar ein Fall für die höhere Kriminalistik«, raunte einer von ihnen seinen Kollegen zu. »So wie der zugerichtet ist. Normale Menschen machen so was nicht. Grauslich!«

      Seine langjährige Freundschaft mit Elisabeth Körner, die etwa einen halben Meter kleiner war als er, und die Tatsache, dass sie beide trotz ihres Größenunterschieds begeisterte Tänzer und Ballbesucher waren, hatte die beiden über die Jahre als »Sterz und Stummel« zu mittelschwerer Wiener Prominenz gebracht.

      Auf seiner ganz leicht olivfarbenen Gesichtshaut – genau wie seine Größe und seine prächtigen schwarzen Haare ein Erbe des mütterlichen kroatischen Teils seiner Familie – lag ein leichter Schweißfilm, als er an die Leiche trat, die im Kühlraum aufgebahrt lag. Wimmer hatte einen guten Magen, und so hatte er trotz des üppigen Mittagessens – was wohl? – kurz vorher keine Probleme, sich den Details zu widmen, auf die ihn der kurz vor seiner Pensionierung stehende Amtsarzt Oberrat Doktor Fuchs hinwies.


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