Kreuzberger Leichen. Dieter Hombach

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Kreuzberger Leichen - Dieter Hombach


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      Dieter Hombach

      Kreuzberger Leichen

      Kriminalroman

      Zum Buch

      Kalter Tod Kommissar Hartenfels und sein Team sollen herausfinden, was es mit dem Toten vom Viktoriapark auf sich hat. Wie in jedem Team müssen unterschiedliche Menschen ihre Stärken und Schwächen zusammenbringen. Da gibt es den Gerichtsmediziner Petersen, der durch seinen Hang zu esoterischen Spekulationen immer wieder für Aufregung sorgt. Besonders bei Krämer, dem Dienstältesten, der auch so schon Bluthochdruck hat und außerdem eine Vorliebe für gutes Essen, weshalb er immer knapp bei Kasse ist. Neben ihm wirkt die Verhörspezialistin Unger, lange blonde Haare und zierliche Gestalt, wie ein magersüchtiger Engel, doch wer sie deshalb unterschätzt, hat schon verloren. Ihre Kollegin Reschke ist für Tatortfotografie zuständig, kann jede Leiche lebendig machen, treibt Kampfsport und bewundert Helmut Newtons Frauenbilder. Und dann ist da noch Neuzugang Baumann, der Hintergründe recherchiert, Berichte schreibt und alle mit seinen Ansichten zu Recht und Ordnung in Gefahr bringt.

      Dieter Hombach, geboren 1953 in Köln, lebt seit 40 Jahren in Berlin. Der promovierte Philosoph arbeitete in der Geschäftsführung eines Medienbeobachtungsunternehmens und führte gemeinsam mit seiner Frau 17 Jahre eine eigene Buchhandlung. Er liebt Hard-Rock-Konzerte, Hunde und reist immer wieder nach Asien, Australien und Brandenburg. Neben wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichte er bereits mehrere Kriminalromane.

      Impressum

      Personen und Handlung sind frei erfunden.

      Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

      sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Katja Ernst

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © derProjektor / photocase.de

      ISBN 978-3-8392-6926-8

      1. Kapitel

      Hartenfels tritt aus der Haustür und wird fast überfahren. Der Mann am Lenkrad des Schneeräumfahrzeugs scheint an einer Rallye teilzunehmen, Hartenfels sieht ihm voller Bewunderung nach.

      Der driftet doch, denkt er, anders ist eine solche Kurventechnik nicht zu erklären.

      Das kleine Ding mit der großen Bürste schlingert um Laternen und Bäume, vollzieht 180-Grad-Wendungen, stößt vor und zurück, ganz wie ein Spielzeug, das bis zum Anschlag aufgezogen wurde.

      In den letzten Wintern konnte man sich mit Schneebeseitigung eine goldene Nase verdienen, so wenig hat es geschneit. Ob die Glückssträhne dieses Jahr reißt, ist noch nicht abzusehen, immerhin ist es erst Januar, wenn auch der erste Schnee. Wie Fitnessstudios, denkt Hartenfels. Sobald alle trainieren würden, die ein Abo haben, bräche die Bude zusammen.

      Der Wagen, der Hartenfels fast erwischt hätte, rumpelt vom Bürgersteig auf die Straße und beschleunigt, Hartenfels hätte nie gedacht, dass das möglich wäre. Wahrscheinlich ist das Teil frisiert.

      Hartenfels läuft ein paar Schritte und stellt fest, dass sich der Schnee da, wo er geräumt wurde, in eine feste Masse verwandelt hat, die spiegelglatt ist, woran die halbe Tonne Split nichts ändert, die auf ihr liegt. Er schliddert dem U-Bahnhof entgegen.

      Hartenfels fährt nur mit dem Auto, wenn es sich nicht vermeiden lässt, bei Schnee erst recht nicht. Fünf Flocken und auf den Straßen Berlins herrscht Krieg. Am Hohenzollerndamm gibt es ein Hupkonzert, weil an der Ampel, die Hartenfels benutzt, ein Mercedes nicht von der Stelle kommt, dabei ist es ein SUV.

      Wahrscheinlich mit Sommerreifen, denkt Hartenfels und umgeht das Ungeheuer, immer darauf bedacht, sich von seinem Heck fernzuhalten, das bereits mehrfach ausgebrochen ist. Bei glatter Fahrbahn Vollgas zu geben, ist keine gute Idee.

      Hartenfels läuft die Treppe nach unten, während ihm der Geruch von nasser Kleidung entgegenweht. Er ist nicht der Einzige, der heute auf das Auto verzichtet, was dazu führt, dass im öffentlichen Nahverkehr das blanke Chaos herrscht. So voll wie der Bahnsteig ist, ist schon mehr als ein Zug ausgefallen. Hartenfels wird von hinten geschoben und quetscht sich Meter um Meter voran. Weil er groß und massig ist, kann er einfach irgendwo stehen bleiben, Personen mit kleinerer Statur haben weniger Glück. Er kommt sich wie ein Fels in der Brandung vor. Er teilt den Menschenstrom, der sich auf den Bahnsteig ergießt.

      Hartenfels sehnt sich nach einem Zug und hat gleichzeitig Angst vor ihm, noch mehr Gedränge ist kaum zu ertragen. Über Lautsprecher ertönt die Ansage, dass der einfahrende Zug überfüllt sei, aber gleich nach ihm eine weitere U-Bahn käme, die leer sei, was niemand glaubt. Hartenfels, der sich in Deeskalationstechniken auskennt, fällt auch nicht darauf herein.

      Er wirft sich mit der schieren Kraft seines gewaltigen Leibes vorwärts, um eine der geöffneten Türen zu erreichen, und zieht sich in einen Waggon. Vor Hartenfels’ Augen blitzt kurz eine Verladerampe auf, von der aus Menschen in fadenscheiniger Kleidung in bereitstehende Züge geprügelt werden, und ihm bleibt die Luft weg. Er reißt die Augen auf, um sein Hirn davon zu überzeugen, dass er lediglich im morgendlichen Berufsverkehr steckt und nicht auf dem Weg in ein Vernichtungslager.

      Die Tür geht zu, und die U-Bahn setzt sich in Bewegung, was dazu führt, dass die Passagiere wie Berliner Klöße in einer Suppenschüssel hin und her schwappen. Hartenfels hält sich an einer Stange fest und spürt, dass sich andere an ihn klammern, was er gewohnt ist.

      Für die Fahrt, die sonst zehn Minuten dauert, braucht er über eine halbe Stunde, am Wittenbergplatz steigt er aus und rennt nach oben. Am liebsten würde Hartenfels den Rest des Tages im Freien verbringen, um sich zu erholen. Egal, wie viel Feinstaub in der Luft liegt, er genießt jeden Atemzug.

      Es schneit weiter, der Schnee ist inzwischen pappig und feucht. Hartenfels fährt sich mit der Hand über die Glatze und spürt, wie nass sie ist. Sein Handy vibriert. Er mag Handys nicht und muss sich überwinden, den Anruf anzunehmen. Er weiß selbst, dass er Rufbereitschaft hat und längst im LKA sein sollte.

      »Ja?« Hartenfels hat in einem Hauseingang Schutz gesucht und hält sich das Handy ans Ohr.

      »Wir haben einen Notruf aus Kreuzberg«, sagt der Beamte am anderen Ende der Leitung, »ein Mann meldet seine Frau als vermisst.«

      Hartenfels zögert. Für verschwundene Personen ist er nicht zuständig, darum kümmert sich das LKA 12, er ist beim LKA 11. Es ist ungewöhnlich, dass man wegen eines Falls anruft, der nicht in seinen Bereich fällt.


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