Didaktik /Methodik Sozialer Arbeit. Johannes Schilling
Читать онлайн книгу.Mitteln der Körpersprache (Art des Stehens und Gehens, Stimme, Blickhalten, Mimik und – last not least – professionelle Kleidung) deutlich zu machen, dass man voll präsent und gewillt ist, zu sich zu stehen, für die eigenen Vorstellungen einzutreten und diesen Gehör zu verschaffen. […] Schüler sehen bereits am Auftreten des Lehrers bzw. der Lehrerin, ob eine Lehrkraft Selbstvertrauen oder Angst hat.“ (Bauer 2009, 113)
Von guten PädagogInnen wird des Weiteren erwartet, dass sie mit Zuversicht, Einsatzbereitschaft, Kreativität, Umsicht und Geduld agieren. PädagogInnen/SozialarbeiterInnen müssen Kindern und Jugendlichen Mut machen, ihnen zeigen, vormachen und vorleben, wie man sich selbst besser unterstützen und die Bemühungen anderer würdigen kann.
3.2.3 Überlegungen zur Neurodidaktik
1.Einschränkungen: Zwei Überlegungen müssen vorausgeschickt werden. Didaktik ist erstens eine Teildisziplin der Pädagogik. Ähnliches gilt auch für die Neurodidaktik, die eine Teildisziplin der Neuropädagogik ist. Zweitens betont die Hirnforschung, dass sie auf die Frage, wie Lerngelegenheiten gestaltet werden sollten, keine Antwort gibt. Hirnforschung kann solche Kenntnisse nicht bereitstellen, weil sie prinzipiell zu unbestimmt ist.
Neurowissenschaft und Pädagogik
„Neurowissenschaften können prinzipiell nicht beanspruchen, über das Ob und Warum, das Was und Wann schulischen Lernens Aussagen machen.“ (Hermann 2009, 165)
„Gleichwohl sollte die Forschung nicht Gefahr laufen, neurodidaktische Grundlagenforschung zu betreiben und Wege der Anwendung zu suchen, weil sie in die Falle der Alltagsuntauglichkeit laufen würde wie z.B. die Lehr-Lern-Forschung vor ihr.“ (Herrmann 2009, 169)
Was also kann die Neurowissenschaft den PädagogInnen anbieten?
Sie kann eine neue Sicht auf Voraussetzungen, Strukturen und Prozesse von Gedächtnis und Lernen anbieten. Außerdem kann sie Begünstigungen und Widrigkeiten von Lernen aus neurowissenschaftlicher Sicht begründen und modifizieren.
2.Aspekte einer Neurodidaktik: Herrmann versucht, trotz der genannten Vorbehalte Schnittstellen aufzuzeigen, was Neurowissenschaften und Pädagogik voneinander lernen können.
Roth meint, die Neurodidaktik bringt nichts Neues hervor, was ein guter Lehrer nicht bereits wusste. Versuchen Sie sich als gute/r LehrerIn/SozialarbeiterIn und nennen Sie Aspekte, die für ein effektives Lernen Ihrer Meinung nach wichtig sind.
Nach Erkenntnissen der Hirnforschung sind für eine Neurodidaktik folgende Aspekte grundlegend:
Neugier
■Neugierverhalten: Neugier – als die Suche nach bedeutungsvollen Erfahrungen und deren Erklärungen – ist angeboren. Das Gehirn versucht ständig, Neues mit Bekanntem zu verbinden. Didaktische Folgerungen: Statt dass Lehrende den Lernern etwas vermitteln, sollte das Prinzip der freien Erarbeitung gelten. Lerner organisieren selbst das Lernen. Das Lehrer-Instruktions-Modell wird durch das Schüler-Selbstlern-Modell ersetzt (Herrmann 2009).
Spiel
■entspannte Atmosphäre und Spiel: Neugier entfaltet sich nur, wenn das ungefährlich ist. Das Spiel bietet da die effektivste Form des Lernens, denn es bewirkt Selbstvergessenheit, Entspannung. Didaktische Folgerungen: Im Spiel ist der Mensch ganz bei sich. Solcher Phasen bedarf der Mensch für seinen seelischen Haushalt, Energie neu zu tanken. Dies kann jedoch nur in einer entspannten Atmosphäre erfolgreich geschehen (Herrmann 2009).
■Entspannung für Gedächtniskonsolidierung:
Entspannung
„Entspannung während des Lernens ist eine wichtige Maßnahme, dem Gehirn die notwendige Zeit für die Konsolidierung (Speicherung) von Informationen und Bedeutungszusammenhängen zu geben.“ (Herrmann 2009, 151)
Didaktische Folgerung: Es ist ein zentrales Gesetz der Biologie: Spannung und Entspannung. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Spannung und Entspannung ist für das Lernen eine wichtige Forderung.
■Vertrauen:
Stärkung des Selbstbewusstseins
„Sich einlassen auf Neugier setzt Vertrauen voraus: Nicht nur keine Furcht vor Misserfolg, keine Furcht vor Fehlern, keine Furcht vor Entmutigung durch negative Konsequenzen, sondern – ganz im Gegenteil! – die Stärkung der Erwartung auf Erfolg, die Bekräftigung von Suchbewegungen mit experimentell offenem Ausgang und die Hoffnung auf Belohnung: Stärkung des Selbstbewusstseins und der Selbstwirksamkeitsüberzeugung.“ (Herrmann 2009, 152)
Didaktische Folgerung: Einer der wichtigsten Aufgaben von LehrerInnen ist, dass Lerner Selbstwirksamkeitserfahrungen machen und die entsprechende Überzeugung wachsen und sich festigen lassen.
■Belohnung und Spaß:
„Das Gehirn funktioniert umso besser, je attraktiver die Lernsituation empfunden wird und die Attraktivität bemisst sich […] an der Abschätzung des zu erwartenden Erfolgs.“ (Herrmann 2009, 152)
Spaßpädagogik
Didaktische Folgerungen: Es geht um Spaß haben beim Lernen. In diesem Zusammenhang spricht die Neurodidaktik von einer Spaßpädagogik. Im Kern dieser modernen erfolgreichen Spaßpädagogik geht es darum, dass sie Lust auf fortgesetztes Lernen macht.
„Bei dieser Pädagogik steht der Lernende im Mittelpunkt, seine Wertschätzung und seine positive Selbstwahrnehmung. Was er tut und lernt, hat mit ihm zu tun. Das Gehirn sagt: Endlich werde ich richtig beschäftigt, weil mein Lernen nicht durch sinnlose oder sinnwidrige Informationsüberflutung behindert wird – denn andernfalls muss ich abschalten bzw. meine automatischen Filter schützen mich vor diesem ganzen Unsinn.“ (Herrmann 2009, 153)
■Musterwahrnehmung und -erzeugung:
„Lernen als Prozess der Wahrnehmung und des Erinnerns von Gesamtheiten und Teilen und deren Ergänzung zu […] Gesamtheiten geschieht durch Vergleichen von Eigenschaften des Wahrgenommenen, Identifizierung und Extrahierung von Ähnlichkeiten und Unterschieden und Kategorisierung.“ (Herrmann 2009, 154)
Wiederholungen und Übungen
Didaktische Folgerung: Nachhaltige Prozesse der Vermittlung und Aneignung geschehen am besten auf der Grundlage der Präsentation, Erarbeitung, Aneignung und Übertragung von Mustern. Aus diesem Grund empfiehlt sich für effektives Lernen: kürzere, aber häufigere Übungszeiten und -formen, sowie Wiederholungen und Übungen einzuplanen.
■Vorwissen:
„Lernprozesse verlaufen in der Regel von selber erfolgreich, wenn an Bekanntes angeknüpft werden kann, andernfalls wird kaum etwas oder gar nichts oder etwas völlig anderes gelernt.“ (Herrmann 2009, 157)
Übungen und Training
Didaktische Folgerung: Um dieses Vorwissen stets präsent zu halten, sind Übungen und Training erforderlich.
■Emotionen und Kognitionen:
Denken und Emotionen
„Emotionen spielen bei dieser Musterbildung eine entscheidende Rolle. Denken und Emotionen sind untrennbar miteinander verknüpft.“ (Herrmann 2009, 158)
Verstandes- und Gefühlserziehung
Didaktische Folgerung: Die Schulpädagogik ist vor allem eine Verstandespädagogik. In den pädagogischen Angeboten bzw. Lernangeboten wird besonders der Verstand angesprochen. Dahinter steht das Menschenbild, dass der Mensch vor allen anderen Lebewesen sich durch den Verstand unterscheidet. Deshalb stellt Kant die Maxime auf: Bediene dich deines Verstandes! Das Gefühl ist eher hinderlich für das Lernen, deshalb wurde es weitestgehend aus den Lehrplänen ausgeklammert. Die Hirnforschung wie die Emotionsforschung zeigen demgegenüber auf, dass Emotionen und Kognitionen zwei gleichwertige Systeme sind. Einige Forscher gehen sogar davon aus, dass das limbische System, zuständig für Emotionen, sogar das beherrschende System ist. In Bezug auf das Lernen kann man die Forderung aufstellen: Verstandes- und Gefühlserziehung bzw. -förderung