Medientheorien kompakt. Andreas Ströhl
Читать онлайн книгу.– wenngleich […] meist nicht unter diesem Namen – in verschiedensten Wissensdomänen (der Philosophie, den Naturwissenschaften, den Künsten) seit längerer Zeit ereignet hat und immer noch ereignet. Daher ist Medientheorie (über eine Laufzeit von mindestens 2500 Jahren) überhaupt nicht an die Existenz einer akademischen Medienwissenschaft gebunden (ja sie muss nicht einmal an Universitäten stattfinden bzw. [27]sich in Büchern und Aufsätzen niederschlagen, d. h. wissenschaftsförmig sein), kann (und sollte) aber sehr wohl deren bevorzugter Gegenstand im Rahmen einer historisch-epistemologischen Betrachtung sein. (Pias 2011, 18 f.)
Medienphilosophie(n)
Die in diesem Buch skizzierten Medientheorien lassen sich allesamt als anregende, spekulative Medienphilosophien beschreiben. Mit ihnen kehren teilweise uralte erkenntnistheoretische Fragestellungen im neuen Gewand des modisch-postmodernen Dekors zurück. Aber es geht ihnen unverkennbar um Grundfragen menschlicher Kommunikation und des menschlichen Zusammenlebens. Die Kritik der Schulphilosophie an dieser Art neuen Philosophierens war häufig harsch. Und doch greift der Vorwurf des alten Weins in neuen Schläuchen nicht: Dass unter vollständig veränderten Lebens- und Kommunikationsbedingungen die alten, ungelösten Fragen im neuen Gewand erscheinen, spricht nicht gegen, sondern vielmehr für die Relevanz des neuen Blickwinkels auf die Grundsatzfragen menschlicher Verständigung. In wesentlichen Punkten ist Medienphilosophie, wie sie besonders seit Marshall McLuhan, Vilém Flusser und Jean Baudrillard betrieben wird, ganz zu Recht die Leitwissenschaft der heutigen Welt geworden. Ein immer wieder aufblitzender Zug von unseriösen (bis größenwahnsinnigen) Welterklärungsversuchen und endzeitlicher Spekulation gehört da wohl durchaus dazu. Analyse und Programm, Welterklärung und Millenarismus lassen sich in einer Zeit, in der jede Beschreibung von Phänomenen bereits im Verdacht unzulässiger Sinngebung und Konstruktion steht, nicht mehr trennscharf unterscheiden.
Auch mit dieser schematischen Verkürzung und Vereinfachung ist letztlich noch nicht viel an Klarheit gewonnen. Denn auch innerhalb der philosophischen Medientheorien gibt es eine Vielzahl sich widersprechender und einander ausschließender Ansätze, die alle mehr oder weniger ausdrücklich einen Anspruch auf Gesamtgeltung erheben – und darauf, die Welt der Medien, ihrer Produktion und Rezeption, ihrer kommunikativen, weltkonstruierenden und gesellschaftsbildenden Aspekte allein und vollständig erklären zu können.
Dennoch hier ein grob schematisierter Stammbaum der modernen Medienwissenschaften:
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Abbildung 3: Schematischer Stammbaum der Medienwissenschaften
1 Martin Buber spricht in diesem Zusammenhang vom »Mittlertum des Du aller Wesen« (Buber 1995, 71). Die verantwortungsvolle Beziehung zwischen Menschen deutet er als Gleichnis für die Beziehung zu Gott, weil zu diesem keine unvermittelte Beziehung möglich ist. Mehr dazu im Kapitel über Vilém Flusser.
2 S. hierzu Weber 2010, 18–27.
3 S. hierzu: Krämer 2008.
4 Ein Umstand, der wie zur Illustration der Simulationsthese von Jean Baudrillard geschaffen ist: Das Simulakrum als Darstellung der Realität und Realität in einem. Doch dazu mehr im Kapitel über Jean Baudrillard (? S. 182).
5 Im Jahr 490 v. Chr. fand nahe der ca. 40 km von Athen entfernt gelegenen Kleinstadt Marathon eine Schlacht zwischen Persern und Athenern statt, welche die Athener unter ihrem Feldherrn Miltiades für sich entscheiden konnten. Der Legende nach überbrachte der attische Soldat Pheidippides der Bevölkerung von Athen die gute Nachricht, indem er die gesamte Strecke am Stück lief und unmittelbar nach Überbringung seiner Nachricht »νενικέκαμεν« (»Wir haben gesiegt«) tot zusammenbrach. Läufer als Boten waren damals der Stand der militärischen Nachrichtentechnik.
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