Der Clan der Auserwählten. Hans-Peter Vogt

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Der Clan der Auserwählten - Hans-Peter Vogt


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Katharina ist ein kleiner Wirbelwind. Sie wird von ihren Eltern meist liebevoll Kathy gerufen. Zuweilen sagen sie Katharina, dann spürt Artemis, jetzt ist dicke Luft. Manchmal erfolgt nur eine Ermahnung, die sich in dem einen Wort manifestiert: "Katharina".

      Sie ist selbstbewusst, vorlaut, gerissen, aber auch verblüffend offen und herzlich. Sie weiß, wie sie begehrte Streicheleinheiten erhält, oder irgendwelche Dinge, die sie sich in den Kopf gesetzt hat. Sie hat eine eigene Kamera und sie hat einen eigenen Laptop. Sie fotografiert alles und jeden und speichert die Bilder hinterher auf ihrem Rechner ab. Sie hat sogar einen mobilen Drucker in ihrem Mobilhome, und Kathy liebt es, diese Bilder auszudrucken und das ganze Wohnmobil damit zu bekleben, nicht immer zur Freude ihrer Eltern.

      Artemis lernt von Kathy vor allem eins. Witz, Esprit, Charme, Phantasie und die Fähigkeit zu Späßen und Albernheiten, bis hin zu Tollkühnheiten. Einiges kannte er bereits aus der Tierwelt seines Planeten, vor allem bei Jungtieren im Welpenalter, aber die sprühende Ideenwelt, die Kathy da umweht, ist für Artemis neu.

      Einmal fahren sie durch einen kleinen Ort, wo ein Fest angekündigt ist. Kathy überredet ihre Eltern mit allen Tricks, drei Tage hier in ziemlicher Langeweile auszuharren, nur um dieses Fest zu besuchen. Das Szenarium geht vom anschmiegen, lachen, Geschichten-Erfinden, Spiele-Spielen, dem Wunsch, jetzt unbedingt Skateboard zu fahren, oder einen frischen Erdbeer-Milchshake zu trinken, dem Verstecken des Zündschlüssels, bis zum Vortäuschen einer Übelkeit. Am Ende fügen sich die Eltern, obwohl dieser Stopp so nicht geplant war. Manchmal sehen sie sich an, zwinkern, oder schauen kurz weg, um leise zu lachen. Sie durchschauen dieses Spiel, aber Kathy ist ihr Liebling, ihr Augenstern. Artemis erkennt darin die unendliche Geduld, Aufopferung und Fürsorge, die er auch von Tiermüttern im Umgang mit ihren Jungtieren kennt. Später wird er lernen müssen, dass nicht alle Eltern so fürsorglich zu ihren Kindern sind.

      Artemis sieht bei dem nachfolgenden Event zum ersten Mal Bullenreiten. Er kriecht in diese Tiere, um sie zu spüren. Er sieht ein Riesenrad und er sieht Schaubuden mit Zuckerwatte, Marsh-Mallows und Lose. Es gibt ein Bierzelt und Artemis sieht spät am Abend, was dieses vergorene Getränk mit den Menschen macht. Da hat sich die kleine Familie längst in ihrem Wohnmobil verkrochen, aber Artemis geht noch einmal aus, um die Menschen zu studieren.

      Auch wenn Artemis hier viel Herzlichkeit erfährt, was auf dem flachen Land in den USA vielleicht noch typisch ist, so sieht er auch hier soziale Unterschiede. Es gibt Arbeiter und Angestellte, die harsch angeraunzt werden. Es gibt eine Hackordnung, und auch hier bestimmt das Geld eindeutig das Laben der Gemeinschaft.

      Sie überqueren auf ihrer Fahrt die Rockys und sie besuchen den Tahoe National Forrest. In Frisco bleiben sie noch zehn Tage, dann geben sie den Camper zurück, und lassen sich mit einem Taxi zum Flughafen bringen. Einen Großteil ihres Gepäcks lassen sie einfach da. "Verschenkt das", sagen sie der freundlichen Dame an der Mietwagenrezeption. Irgendjemand wird sich über Westernhüte, nagelneue Roller Blades, kaum gebrauchte Koffer, Kleidung und Spielzeug freuen. "Kann man alles wiederbeschaffen", erklären die Eltern ihrer Tochter.

      Hier in dieser Mietwagen-Filiale beschließt Artemis, sich zu teilen. Er hat in den letzten Wochen genug Kräfte gesammelt, dass er dies jetzt gefahrlos tun kann. Er spaltet zwei Teile ab, die jetzt auch alle Erbinformationen der Cantara in sich tragen, und er gibt ihnen den Rat, dem Fluss des Geldes zu folgen, und immer mit ihm vernetzt zu bleiben, um die Erfahrungen auszutauschen.

      Artemis weiß nicht, wie weit dieses Europa entfernt ist. Es wird vielleicht unmöglich sein, sich auf solche Entfernungen mit der Energie der Cantara auf direktem Weg zu verständigen, aber er hat begriffen, dass Computer und Smartphones eine Kommunikation über den gesamten Globus ermöglichen. Er hat seinen Nachkommen diese Fähigkeit mitgegeben, diese technischen Geräte effektiv zu nutzen. Es wird einfach sein, stets miteinander vernetzt zu bleiben.

      Die Reise hatte 3 Monate lang gedauert. Artemis ist ungefähr die Hälfte davon mitgefahren. Er hat längst gelernt, dass es auf diesem Planeten eine Zeitrechnung gibt, und dass Tag und Nacht sich abwechseln, anders als bei seinem Heimatplaneten.

      Jetzt also sitzt Artemis mit diesen drei Menschen im Flieger nach Berlin. Unerkannt und ohne Ticket. Er ist gespannt auf diesen neuen Erdteil, den die Menschen Europa nennen.

       2.3. Folge dem Geld

      In den nächsten Wochen wird Artemis viel lernen. Er ist stets vernetzt mit seinen beiden Spähern, die in Frisco geblieben sind.

      Sie docken sich einfach an die verschiedenen Menschen an. Sie besuchen Golfplätze, Reitturniere, Tennisplätze, Gestüte, Farmen, um sich mit der Spezies der Wohlhabenden und Reichen vertraut zu machen.

      Sie dehnen ihren Radius aus, bis nach Sacramento und ins Silicon Valley und nehmen Kontakt auf zu den Bossen der Hih-Tech-Unternehmen. Sie besuchen Los Angeles, mit den Beverly Hills und den Filmstudios in Hollywood.

      Es ist eine regelrechte Parallelwelt, die sie da vorfinden. Eine Welt der Reichen, gewiss, aber auch eine Welt der Snobs, der Macht, der Unterwerfung anderer, der Konkurrenz, und sie lernen wieviel Bedeutung tatsächlich dieses Geld über den Menschen hat. Nicht nur das. Einige dieser Menschen haben die Macht über wesentliche Kommunikationsmittel, die sich wie ein Netz über den Globus spannen.

      Eine höchst interessante Erfahrung. Sie kriechen auch in die Großcomputer und beobachten diesen Fluss von ständigen Informationen und Energien.

      Sie tauschen sich mit Artemis regelmäßig aus, denn Artemis hat in derselben Zeit ganz andere Erlebnisse, und sie beschließen, sich jetzt in bestimmten Abstännden immer neue Wirte zu suchen, um dieses System noch besser zu verstehen, und vielleicht die Kontrolle darüber zu erhalten.

      Sie verstehen aber auch, dass diese Menschen, in deren Köpfe sie da kriechen, nach dem Verständnis der Cantara eine Spezies sind, die man zähmen muss, wenn man auf diesem Globus ein Gleichgewicht der Arten herstellen will, denn das ist eine Aufgabe, die im Erbgut der Cantara verankert ist.

      So leicht ist das nicht. Sie sehen in den Computern, dass es diese Spezies auf dem ganzen Globus gibt. Was können drei Überlebende der Cantara da machen?

      So gibt Artemis die Losung aus, vorerst weiter zu beobachten, und das Problem, dass sie da sehen langsam, bedächtig und nachhaltig anzugehen. Sie haben ja Zeit. Noch kann ihnen diese Spezies nicht gefährlich werden. Absolute Tarnung und Unsichtbarkeit ist die Vorraussetzung des Überlebens der letzten Überlebenden der Cantara.

       2.4. Die neuen Kontakte des Artemis

      Zurück zu Artemis, der ganz andere Erfahrungen macht.

      In Berlin zieht Artemis mit der Familie in ihr großes Haus ein. Es gibt hier viele Zimmer mit unendlich vielen Dingen, wie Wasserhähne, Betten, eine Waschmaschine oder eine Mikrowelle. Einiges hatte Artemis schon auf der zurückliegenden Reise kennengelernt. Es gibt ein Kindermädchen, was jetzt dafür Sorge trägt, dass Kathy wieder in die Schule geht und den Lernstoff nachholt, den sie versäumt hat. Es gibt sogar einen Chauffeur und einen Gärtner, und er sieht, dass sich die Eltern bald wieder verabschieden. Sie haben einen Job, bei dem Reisen zum Handwerk gehört. New York, Tokio, Frankfurt, London. Überall, wo es große Börsen gibt, an denen das Geld umgesetzt wird, um sich zu vermehren. Dass Geld sich vermehren kann, ist etwas, was Artemis zunächst nicht begriffen hat. Das ist doch nur tote Materie, und manchmal nur ein ideeller Wert. Inzwischen weiß er, dass es sich nur um eine fiktive Vermehrung handelt, und dass diese Vermehrung nichts zu tun hat mit Zellvermehrung, oder auch mit dem, was den Familien zum Leben bleibt. Nun, bei einigen schon, bei den meisten jedoch nicht, aber dies ist Artemis zunächst nicht bewusst. Einige wenige Wochen reichen nicht für den kompletten Durchblick, und es gibt so unendlich viel zu lernen.

      Er wird bald mehr wissen von diesem Geld, wenn er die ersten Berichte seiner beiden Späher erhalten wird.

      Artemis lernt vor allem, dass Urlaub und Arbeit für die Eltern zwei Lebensbereiche sind, die nicht unbedingt vermischt werden. Sie haben jetzt Aufgaben. Sie wollen neues Geld


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