Ius Publicum Europaeum. Robert Thomas
Читать онлайн книгу.wie sie aus Art. 19 Abs. 4 GG von der Verfassung gefordert wird. Weil sich im Verwaltungsprozess typischerweise der Bürger gegen den Staat wendet, kommt der Untersuchungsgrundsatz vor allem dem Einzelnen zugute.
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Gleichwohl stellt sich die Frage, zu wessen Lasten Ungewissheiten im Sachverhalt sich auswirken („objektive oder materielle Beweislast“[238]). Hier wird in der Regel der allgemeine Grundsatz greifen, dass die Nichterweisbarkeit einer Tatsache (non liquet) sich zulasten desjenigen auswirkt, der aus dieser Tatsache eine für sich günstige Rechtfolge ableitet.[239] Für rechtsbegründende Tatsachen trägt der mögliche Anspruchsinhaber diese faktische Beweislast, für Tatsachen, die den Anspruch zunichte machen können, kommt diese dem Anspruchsgegner zu.[240] Der Gesetzgeber kann freilich zu diesen Tatsachen materiell-rechtliche Festlegungen treffen, er muss dabei das Machtgefälle zwischen Staat und Bürger berücksichtigen.[241] Prozessual spiegelt sich die Existenz einer objektiven Beweislast im Verwaltungsprozess in § 87b VwGO, wonach das Gericht im Einzelnen auffordern kann, bestimmte Dinge darzulegen und Beweismittel zu bezeichnen.
dd) Anhörungs-, Einsichts- und Informationsrechte
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Nach § 100 VwGO können die Beteiligten die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Sie können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle des Gerichts Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch die Mitnahme der Akten oder deren elektronische Übermittlung in Betracht. In die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung und die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, wird keine Akteneinsicht gewährt.
ee) Einbeziehung Dritter in das Verfahren
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Die Einbeziehung Dritter in das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erfolgt im deutschen Verwaltungsprozess nur in geringem Umfang. Dies ist nicht sonderlich überraschend. Mit der Konzentration auf den Individualrechtsschutz verbindet sich im Ausgangspunkt eher nicht das Anliegen, weitere nicht betroffene Akteure in irgendeiner Form am Verfahren zu beteiligen.
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Die Figur des amicus curiae[242] ist dem deutschen Prozessrecht insgesamt fremd. Beiträge von Interessensgruppen, NGOs oder Bürgerinitiativen haben daher keine festgelegte formale Rolle als „Freunde des Gerichts“. Allenfalls im Umweltrecht haben sich über europarechtlich induzierte Verbandsklageinstrumente hier Einwirkungsmöglichkeiten ergeben.
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Dritte können im Wege der Beiladung nach § 65 VwGO in ein Verfahren einbezogen werden. Die einfache Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO stellt ein relativ flexibles Instrument dar. Das Gericht kann danach, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Das Filterkriterium sind dabei die „rechtlichen Interessen“, die durch die Entscheidung „berührt“ werden. Ein allgemeines politisches, faktisches oder nicht näher begründetes Interesse reicht demnach nicht aus.
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Die notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO hat eine andere rechtliche Tragweite. Sind an dem im Prozess streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen.
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Dritte können ferner als Sachverständige oder Zeugen am Verwaltungsprozess teilnehmen. Nach § 98 VwGO gelten dazu die Vorschriften der ZPO über die Beweisaufnahme entsprechend.
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Das deutsche Verwaltungsprozessrecht sieht auch einen sog. „Vertreter des öffentlichen Interesses“[243] als Verfahrensbeteiligten vor, § 63 Nr. 4 VwGO. Der Vertreter des öffentlichen Interesses kann sich grundsätzlich an allen anhängigen Verfahren beteiligen. Als Verfahrensbeteiligter i.S.v. § 63 Nr. 4 VwGO hat der Vertreter des öffentlichen Interesses alle Rechte eines Beteiligten, kann also auch Anträge stellen oder nach den allgemeinen Voraussetzungen Rechtsmittel einlegen.[244]
ff) Öffentlichkeit des Verfahrens und Öffentlichkeit der Urteilsverkündung
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Nach § 55 VwGO gelten die §§ 169, 171a bis 198 des GVG über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung auch im Verwaltungsprozess. In § 169 Satz 1 GVG ist der Grundsatz der öffentlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht niedergelegt, der letztlich im Rechtsstaatsprinzip wurzelt. Eine Verletzung ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 138 VwGO).
gg) Kostenfairness
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Es gelten über § 166 VwGO die allgemeinen Regelungen zur Prozesskostenhilfe, wie sie sich aus der Zivilprozessordnung (ZPO) ergeben. Die Kosten eines Prozesses werden ausgehend vom Streit- oder Verfahrenswert berechnet. Beim Rechtsstreit um eine Abrissverfügung gegen ein baurechtswidrig errichtetes Gebäude ist dieser Wert einfacher zu berechnen als bei immateriellen Streitgegenständen, etwa im Ausländer- oder Staatsangehörigkeitsrecht. Wenn der Streitwert nicht beziffert werden kann, gilt nach § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) ein Auffangstreitwert von 5.000 Euro.
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Ein Kostenfaktor sind Anwaltskosten. Vor dem VG besteht kein Anwaltszwang.[245] Vor dem OVG/VGH und dem BVerwG müssen die Beteiligten sich hingegen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 67 VwGO).
hh) Begründungspflicht
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Nach § 108 Abs. 1 VwGO sind im Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Die Verpflichtung des Gerichts zur Begründung seiner Entscheidung folgt bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip.[246] Die schriftlichen Urteilsgründe sind im Grundsatz nicht später als fünf Monate nach der Verkündung des Urteils vorzulegen (§ 117 Abs. 4 VwGO).
d) Einstweiliger Rechtsschutz
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Vielfach ist für den vom Einzelnen begehrten Rechtsschutz Eile geboten, die von der Verfassung zugesicherte Effektivität (Art. 19 Abs. 4 GG) soll nicht ins Leere gehen. Dem steht Rechtsprechung als begrenzte Ressource gegenüber. In diesem Spannungsfeld hat der Gesetzgeber eine Reihe von Mechanismen vorgesehen, mit denen einstweiliger Rechtsschutz bis zur Entscheidung in der Hauptsache gewährleistet wird. In der Praxis hat dieser einstweilige Rechtsschutz erhebliche Bedeutung. Diese ist kontinuierlich gestiegen. Weitgehende Einigkeit besteht in der Einschätzung, dass der Hauptsacherechtsschutz mittlerweile auf vielen Gebieten des Besonderen Verwaltungsrechts durch den vorläufigen Rechtsschutz ganz oder teilweise verdrängt wird.[247]
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Auch der Eilrechtsschutz gruppiert sich um die in den Blick genommene Handlungsform der Verwaltung. Geht es um den Rechtsschutz gegen belastende Verwaltungsakte im Sinne von § 35 VwVfG, so wird der Eilrechtsschutz über die §§ 80 bzw. 80a VwGO geführt. In Fällen, in denen hingegen die Sicherung eines bestehenden Zustands oder eine vorläufige Regelung durch die Verwaltung begehrt wird, stellt §