Die UNO. Reinhard Wesel

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Die UNO - Reinhard Wesel


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der Charta zu beachten sein – gerade da, wo sich die reale Praxis an ihr vorbei entwickelt hat oder zu haben scheint.

      Die folgenden Kapitel bieten:

      1 Bedingungen internationaler Kooperation: Welcher Art von Problemen und Dilemmata stellen sich ihr, welche Optionen hat sie? Was ist Multilateralismus, wozu und wie funktionieren multilaterale internationale Organisationen? Was sind dafür wichtige Prinzipien des Völkerrechts?

      2 Entstehung und Entwicklung der Organisation der „Vereinten Nationen“: frühere Ideen für eine internationale Friedensorganisation; internationale Organisation vor dem Zweiten Weltkrieg, besonders der Völkerbund; Entstehung und Gründung der UNO aus dem und im Zweiten Weltkrieg; ihre Entwicklung seit 1945.

      3 Das „Mandat“ der UNO: Ziele und Grundsätze, Aufgaben und Instrumente gemäß der Charta der Vereinten Nationen; allgemeine Erläuterungen zu Struktur, Schwerpunkten und Dauerhaftigkeit der Charta.

      4 Struktur und Organisation der UNO und des UN-„Systems“: Wie die Hauptorgane und deren untergeordnete Neben- und Spezialorgane zusammen mit den selbständigen Sonderorganisationen das „System“ der UNO bilden.

      5 Arbeitsteilung und Machtverteilung in der UNO: Aufgaben und Arbeitsteilung der Hauptorgane bestimmen deren Einfluss und Möglichkeiten; Bedeutung der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates.

      6 Arbeitsweisen und Methoden der UNO: Diplomatische Arbeitsweisen und Instrumente von oft recht speziellem multilateralem Charakter (Rhetorik und Verhandlung, Resolutionen und Verträge, Berichte und Konferenzen, Gruppenbildung, Konsens und Ritualität, inkrementelles „Durchwursteln“, Einbeziehung der Zivilgesellschaft/NGOs, Öffentlichkeitsarbeit sowie Finanzierung/Personal/Verwaltung).

      7 Arbeitsbereiche der UNO: Probleme (Interessen und Konflikte, Kooperation und Prinzipien) und Instrumente (Rechtsgrundlagen und Institutionen, Programme und Mechanismen) der stofflich kaum mehr überschaubaren Arbeitsfelder (Frieden und Sicherheit; Menschenrechte; Wirtschaft und Währung; Entwicklung; Umwelt und Klima; u.a.).

      8 Der Wert der Vereinten Nationen: Leistungen und Erfolge, Kritik und Vorwürfe, Reform-Optionen – was sind realistische Erwartungen und gibt es begründete Hoffnungen?

      Um die Chancen und Leistungen multilateraler Kooperation generell und speziell der UNO angemessen einschätzen zu können, ist es ratsam, sich frei zu machen von einfachen Antworten auf falsch gestellte Fragen und von eingängigen Vorausurteilen – in der internationalen Politik ist halt alles noch ein wenig komplizierter: (1) das Bemühen um sprachliche Exaktheit, (2) der Respekt vor völkerrechtlichen Regeln und (3) die Bereitschaft zu politischem Realitätsbewusstsein sind einfach nötig, wenn man „die UNO“ verstehen will.

      Beispiel eines Missverständnisses: Der angebliche „UNO-Migrationspakt“

      Als 2018 heftig über den angeblichen „UNO-Migrationspakt“ (siehe 8.2.2) gestritten wurde, ist das Thema sprachlich, politisch und völkerrechtlich meist weit verfehlt worden:

      1 Die offizielle Bezeichnung in der Arbeitssprache Englisch ist „Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration“; das Wort „compact“ ist zwar nicht präzise, aber im internationalen Kontext im Sinne einer informellen Übereinkunft gemeint. Auf Deutsch schwirrten ungenaue Benennungen herum wie „UNO“-/ „UN“-‘/„VN-Migrationspakt“ oder sogar der doppelt irreführende „Weltmigrationsvertrag“. Laut dem Übersetzungsdienst der UNO heißt der Text ins Deutsche übersetzt „Globaler Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration“; sachlich falsch ist die Variante „Globaler Vertrag für […] Migration“, weil:

      2 Anders als die Genfer Flüchtlingskonvention ist der sog. „Pakt“ kein verbindlich rechtsetzender Vertrag, sondern eine politische (Absichts-)Erklärung, mit der Staaten sich rhetorisch selbst verpflichten, durch die sie aber zu nichts gezwungen sind; das souveräne Recht jeden Staates, seine Migrationspolitik im Rahmen des geltenden Völkerrechts selbst zu bestimmen, wird im Text ausdrücklich betont.

      3 Rechtsgerichtete populistische Propaganda oder andersartig motivierte Gegner internationaler Kooperation nützen das Fehlverständnis des „Pakts“ als gegenseitig bindenden Vertrag aus, indem sie unterstellen, „die UNO“ maße sich nun an, den Staaten vorzuschreiben, wie sie mit Migration umzugehen haben.

      Schließlich sind noch sprachliche und technische Erläuterungen nötig:

       Zur Verwendung englischer Bezeichnungen und Abkürzungen: Die Sprache internationaler Organisation (siehe 7.1) ist inzwischen praktisch fast ausschließlich Englisch; die meisten Dokumente und wichtige Texte zirkulieren nur noch in der englischen Version, auch wenn sie in eine andere offizielle Arbeitssprache der UNO (Arabisch, Chinesisch, Französisch, Russisch, Spanisch) übersetzt sind – unsere „Globalisierung“ zeigte sich rasch in der Sprache. Um zu viel „Denglisch“ zu vermeiden, werden hier die deutschen Bezeichnungen verwendet, sofern sie allgemein eingeführt und verständlich sind; die englischen Bezeichnungen und Termini werden meist angefügt. Deutsche Abkürzungen werden immer seltener gebraucht, sofern sie es denn überhaupt gibt. Keine adäquate deutsche Abkürzung gibt es z.B. für die Internationale Arbeitsorganisation (International Labor Organisation, ILO); der Internationale Währungsfond (International Monetary Fund, IMF) wird oft noch mit „IWF“ abgekürzt; die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (International Bank for Reconstruction and Development, IBRD) ist unter dem Kürzel „Weltbank“ bekannt, ähnlich setzte sich im Englischen „World Bank“ statt „International Bank“ durch.

       Viele nötige Fachtermini sind nicht eindeutig definiert, was besonders verwirren kann, wenn es sich auch um ein Wort unserer Alltagssprache handelt; die Bedeutung wird dann möglichst im Kontext erläutert. Schon das gängige Wort „international“ führt zu Missverständnissen; im engeren Sinne bedeutet es zwischenstaatlich, gemeint ist aber oft nur intergouvernemental (zwischen Regierungen); im weiteren Sinne ist es zu verstehen als grenzübergreifend oder grenzüberschreitend. Mit „transnational“ sind Aktivitäten gemeint, die durch Staatsgrenzen von diesseits nach jenseits hindurch gehen wie z.B. wirtschaftlicher Verkehr oder das Surfen im Internet. Mit „supernational“ oder auch „supranational“ dagegen sind Instanzen und Mechanismen gemeint, die über der Ebene der Nationalstaaten funktionieren und auf diese zugreifen und auch in diese eingreifen können. Hier soll „Internationale Organisationen“ nur die intergouvernementalen Staaten-Organisationen bezeichnen, wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt. Für „Non-governmental Organizations“ (NGOs)“ hat sich die direkte Übersetzung „Nicht-Regierungsorganisationen“ eingeschlichen, obwohl eigentlich eher „nichtstaatliche Organisationen“ gemeint sind; das englische „governmental“ bezeichnet nicht nur die Regierung, sondern den staatlichen Bereich insgesamt, so wie „intergovernmental“ auch Beziehungen zwischen staatlichen Institutionen meint.

       Offizielle Dokumente aus dem UN-System werden nach dessen Regeln zitiert, z.B. die erwähnte Resolution S/RES/1373 (2001) = Sicherheitsrat/Resolution/laufende Nr./(Jahr) oder die „Uniting for Peace“-Resolution A/RES/377(V) = Generalversammlung/Resolution/laufende Nr./(Sitzungsperiode).

       Und zuletzt noch zu Zitaten und Literaturangaben: Bücher und Aufsätze, die der Darstellung zugrunde liegen oder Belegstellen bieten, sind in der Bibliographie am Ende des Bandes (siehe 10) zu finden. Nach den einzelnen Kapiteln oder größeren Abschnitten wird zum jeweiligen Thema auf die wichtigste Literatur hingewiesen, zwangsläufig nur in einer überschaubaren Auswahl.

      Literaturverweis zu 1.: Allgemeine (und „klassische“) Einführungen zur UNO

      Berridge/Jennings 1985; Boyd 1967; Brühl/Rosert 2014; Claude 1956/1971; Gareis/Varwick 2014; Hüfner 1991/1992; Karns/Mingst 2018; Opitz 2002; Rittberger/Mogler/Zangl 1997; Schaepler 1994; Scheuermann 2014; Smith 2006; Unser 2004; Volger 2007, 2010; Wesel 2012; Wolf 2010; Varwick 2014

      2. Bedingungen internationaler Kooperation

      Das Leben der meisten


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