Selbstfürsorge für Dummies. Eva Kalbheim
Читать онлайн книгу.Tabelle 3.1: Positive Bezeichnungen für individuelle Schwächen
Welche Gefühle lösen Ihre Stärken bei Ihnen aus und welche Emotionen wecken die Schwächen? Um nicht allzu viel Energie bei der Auseinandersetzung mit Schwachpunkten zu verlieren, sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit überwiegend auf Ihre Stärken richten. Denn Ihre Energie folgt immer Ihrer Aufmerksamkeit – wenn Sie sich mit Stärken befassen, fließt Ihre Energie zu den Ressourcen. Widmen Sie sich hingegen Ihren Schwächen, so verbleibt die Energie bei den Defiziten. Ich lade Sie daher ein, sich nicht allzu lang mit Schwachpunkten zu beschäftigen, sondern Ihre Schwächen liebevoll zu akzeptieren und sich dann wieder Ihrem Stärkentraining zuzuwenden.
Niemand ist perfekt – überall in der Welt und bei jedem Menschen gibt es Unzulänglichkeiten, Missstände und faule Kompromisse. Vermutlich wäre Perfektion auf Dauer auch sehr langweilig oder gar bedrohlich, denn oft sind es die kleinen Fehler, Ungereimtheiten und Überraschungen, die das Salz in der Suppe ausmachen.
Schließen Sie Frieden mit Ihren Macken, Ihren schwachen Seiten und Ihren Widersprüchlichkeiten. Sie sind einzigartig und unverwechselbar, in Ihrer Originalität liegt der besondere Reiz. Schauen Sie nüchtern und entspannt auf Ihre Schwächen:
Welche Eigenarten bremsen Sie in Ihrem Fortkommen besonders?
Welche Defizite empfinden Sie als besonders störend?
Mit welchen Schwächen können Sie im Grunde ganz gut leben?
Wie wären Sie ohne Ihre Fehler, was wäre anders als bisher?
Bitten Sie einen vertrauten Menschen, mit Ihnen über Ihre Schwächen zu sprechen, und hinterfragen Sie Ihr Selbstbild:
Welche Unzulänglichkeiten nehmen andere Menschen an Ihnen wahr?
Welche Schwächen machen Sie liebenswert?
Was nervt andere an Ihnen?
Woran könnten oder sollten Sie arbeiten?
Gleichen Sie Selbst- und Fremdbild miteinander ab und suchen Sie sich eine Schwäche heraus, die Sie gut akzeptieren können. Wählen Sie für diese schwache Seite einen möglichst freundlichen Begriff (etwa aus Tabelle 3.1) und notieren Sie diesen Begriff auf einem Zettel, den Sie in Sichtweise legen oder hängen. Immer wenn Sie auf diesen Zettel schauen oder sich in einer Situation wiederfinden, in der Sie über Ihren Schwachpunkt stolpern, vergegenwärtigen Sie sich, dass diese Eigenschaft untrennbar zu Ihnen gehört. Lächeln Sie sich freundlich zu und machen Sie sich bewusst, dass Sie viele gute Eigenschaften haben. Versuchen Sie in Situationen, in denen die schwache Seite Sie stört, hemmt oder behindert, anders zu agieren oder zu reagieren als sonst. Setzen Sie bewusst eine Ihrer Stärken ein, um die Schwäche abzumildern.
Beenden Sie jeden Tag mit einer kurzen Reflexion: Was haben Sie erlebt? Gab es Überraschungen? Was haben Sie gefühlt? Was haben Sie bewirkt? Womit sind Sie besonders zufrieden? Überlegen Sie sich, was der Höhepunkt dieses Tages war und schreiben Sie ihn auf. Welche Ihrer Stärken hat zu diesem besonderen Erlebnis oder Erfolg beigetragen? Notieren Sie sich das Highlight und die Wirkung Ihrer Stärke in Ihrem Tagebuch.
Sprechen Sie mit Ihrer Vertrauensperson über Ihren Wunsch, sich weiterzuentwickeln und Ihre Schwächen abzumildern, und bitten Sie um Unterstützung:
Wenn Ihre Vertrauensperson eine Veränderung an Ihnen wahrnimmt, soll sie Ihnen Feedback geben.
Wenn Ihre Vertrauensperson merkt, dass Sie sich in einer Ihrer schwachen Seiten verlieren, soll sie Ihnen einen freundlichen Hinweis geben.
Wenn Ihre Vertrauensperson in bestimmten Situationen einen konkreten Vorschlag im Hinblick auf Ihre Schwäche hat, soll sie nicht zögern Sie anzusprechen.
So lernen Sie sich immer besser kennen und finden möglicherweise einen guten Umgang mit schwachen Charaktermerkmalen.
Widerstand umdeuten
Vielleicht spüren Sie Abwehr und Widerstand, wenn Sie sich mit Ihren weniger starken Seiten beschäftigen. Nutzen Sie die Kraft, die hinter diesen Mechanismen steckt: Abwehr und Widerstand sind zumeist Ausdruck eines seelischen Konflikts und stellen den faulen Kompromiss dar, den die Psyche findet, um mit einem Konflikt zurechtzukommen. Hinterfragen Sie diesen Kompromiss und setzen Sie sich mit den Hintergründen auseinander. Vielleicht werden Sie von bestimmten Glaubenssätzen oder Antreibern gesteuert, die Ihnen durch die Erziehung vermittelt wurden. Vielleicht haben Sie aber auch unbewusste Wünsche, die Sie sich selbst nicht zugestehen. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Gefühle, die entstehen, wenn Sie sich mit Ihren Schwächen beschäftigen:
Haben Sie Angst, dass die Schwäche von anderen erkannt werden könnte?
Schämen Sie sich für die Schwäche?
Verursacht die Schwäche Schuldgefühle?
Erinnert die Schwäche Sie an eine Person, die Sie nicht mögen?
Sind Sie wütend über die Schwäche?
Ihre Gefühle können Ihnen den Weg weisen – wenn Sie sich mit den Gefühlen auseinandersetzen, werden Sie neue Seiten an sich entdecken. Versuchen Sie, diese Seiten genau kennenzulernen und herauszufinden, was Sie bislang daran gehindert hat, Ihre Schwäche zu akzeptieren. Wenn Sie die Hindernisse identifiziert haben, können Sie sie entweder aus dem Weg räumen oder an ihnen vorbei- beziehungsweise um sie herumgehen. Möglicherweise brauchen Sie dafür professionelle Hilfe von einem Berater, Coach oder Therapeuten, oder Sie suchen sich erneut Unterstützung von einer Vertrauensperson. Sobald Sie erkannt haben, durch welche Kräfte der Widerstand und die Abwehr verstärkt und aufrechterhalten werden, versuchen Sie, diese Kräfte in eine neue Richtung zu lenken: Richten Sie sie auf die Stärkenförderung aus und nutzen Sie die Kraft für die Weiterentwicklung Ihrer Ressourcen.
Für die Selbstfürsorge ist es hilfreich, seine eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu seinen schwachen Seiten zu stehen. Perfektionismus ist der