Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht. Sylvie Méron-Minuth

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Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht - Sylvie Méron-Minuth


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von Sprachlernstrategien und grundsätzlichen Kenntnissen von Sprachsystemen vereinfacht ein ganzheitliches Lernen von mehreren Sprachen. Zentral für diese holistische Herangehensweise sind bekannte Prinzipien der Didaktik wie integrierte Sprachendidaktik, Förderung des Sprachbewusstseins, Öffnung anderen Kulturen gegenüber, Austausch zwischen den Sprachen und ihren Sprachgemeinschaften.

      « Cinquième principe: D’une politique linguistique centrale à des politiques linguistiques partagées et donc partiellement décentralisées. » (Castelotti, Coste & Duverger 2008: 15)

      Aus den ersten vier Prinzipien ergibt sich das fünfte: Sprachenpolitik sollte nicht zu sehr im großen Maßstab gedacht, sondern die allgemein akzeptierten, sprachenpolitischen Prinzipien lediglich auf den jeweiligen lokalen Fall angewendet und entsprechend adaptiert werden. Dies scheint zunächst den Ideen des Europarates zu widersprechen. Dabei handelt es sich bei genauerem Hinsehen aber vielmehr um die direkte Umsetzung der Forderung nach Mehrsprachigkeit, wenn lokal unterschiedliche (Minderheiten-)Sprachen unterschiedlich viel Gewicht und Bedeutung im Unterricht bekommen, je nach dem jeweiligen Umfeld.

      « Sixième principe: De la logique de l’ajout de langues au curriculum à celle d’un curriculum intégré des langues. » (Castelotti, Coste & Duverger 2008: 15)

      Lehrpläne sollten stärker auf das Sprachenlernen im Allgemeinen ausgerichtet werden. Es macht für die im Folgenden zitierten Autoren mehr Sinn, Sprachenlernen so weit wie möglich als eine Einheit zu betrachten, und nicht kategorisch nach Sprachen zu unterscheiden. Die Präsenz anderer Sprachen im stetigen Verlauf des Unterrichtens würde auch das Sprachverständnis im Allgemeinen und die Mehrsprachigkeit im Konkreten fördern.

      « Septième principe: D’une vision du style « tout et tout de suite » à une politique linguistique réaliste « des petits pas ». » (Castelotti, Coste & Duverger 2008: 15)

      Das letzte Prinzip bezieht sich auf das Ideal einer Lernspirale, die pas à pas in kleinen Happen das Sprachenlernen fördert und nicht mit zu viel Inhalt jegliche Motivation seitens der Lernenden verhindert. Im Fall der geforderten Mehrsprachigkeit bedeutet dies zugleich, ein gesundes Gleichgewicht zwischen zu vielen Sprachen und Inhalten und zu wenig Bezug auf andere Sprachen zu finden. Kurz gefasst der bekannte Satz von Butzkamm (1989) einmal anders: „So viel wie möglich, so wenig wie nötig“. Denn Plurilinguismus und Mehrsprachigkeit dürfen nicht zu einem alles überschattenden Credo werden (vgl. auch die Kritik von Maurer unter anderem in Kapitel 8).

      1.4 Aufbau der Arbeit

      Insgesamt setzt sich die Arbeit aus acht Teilen zusammen. In der vorliegenden Einleitung (Kapitel 1.1 bis 1.3) wurden die intrinsischen Beweggründe der Forscherin sowie die Ausgangssituation der vorliegenden Studie skizziert.

      Darauf aufbauend beginnt das zweite Kapitel mit theoretischen Grundlagen des Konzepts der Mehrsprachigkeit und dessen Bedeutung für den institutionellen Fremdsprachenunterricht. Hierzu wird zunächst auf (grundlegende) sprachen- und bildungspolitische Diskurse in Europa eingegangen (Kapitel 2.1). Es folgt ein Überblick aus der Literatur über begriffsklärende und konzeptuelle Dimensionen der Zwei- und Mehrsprachigkeit (Kapitel 2.2) sowie der gesellschaftlichen und individuellen Mehrsprachigkeit (Kapitel 2.3 und 2.4), die für die Arbeit relevante (Teil-)Aspekte darstellen. Vor dem Hintergrund dieser Definitionen werden im darauffolgenden Unterkapitel das Konzept der Mehrsprachigkeitsdidaktik, ihre Ansätze und Projekte wie: integrierte Sprachdidaktik, Interkomprehension und EuroComRom sowie zentrale Zielsetzungen vorgestellt (Kapitel 2.5 bis 2.5.4). Besonderes Augenmerk wird anschließend sowohl auf die unterrichteten Schulfremdsprachen als auch die lebensweltlich erworbenen Sprachen gerichtet, da die vorhandenen Sprachkenntnisse ein nicht zu unterschätzendes, abrufbares Potenzial für das Erlernen weiterer Sprachen darstellen (Kapitel 2.5.5 und 2.5.6).

      Das dritte Kapitel widmet sich verschiedenen Forschungsansätzen und Konzepten aus der Forschungsliteratur zu subjektiven Theorien, Binnensicht, Einstellungen und Überzeugungen von Fremdsprachenlehrkräften. Deren pädagogisches Handeln in der alltäglichen Berufspraxis spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung und Implementierung gegebenenfalls Nicht-Implementierung der Mehrsprachigkeitsdidaktik (Kapitel 3).

      Gegenstand des vierten Kapitels bilden Vorüberlegungen zum Forschungsparadigma und die Vorstellung des empirischen und qualitativen Forschungsdesigns, das explorativ-interpretativ verortet ist. Derzeitige, gesellschaftliche Veränderungen in Form von Migrationsgeschehen und -wellen und Zuwanderungsbewegungen, die sich seit der Datenerhebung aus den Jahren 2011 und 2012 ergeben haben und in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt werden konnten, werden erörtert und diskutiert (Kapitel 4.2). Danach werden Forschungsfragen und das Erhebungsinstrument vorgestellt (Kapitel 4.3 und 4.4). In einem anschließenden Unterkapitel wird die Auswertung verbaler Daten aus mündlichen Befragungen zur Diskussion gestellt (Kapitel 4.5). Das vierte Kapitel schließt mit Angaben zur Durchführung der Studie (Kapitel 4.6), den verwendeten Transkriptionsregeln (Kapitel 4.7) und dem Auswertungsverfahren auf der Basis der qualitativen Inhaltsanalyse (Kapitel 4.8) ab.

      Die nächsten zwei Kapitel (Kapitel 5 und 6) stellen die Feldarbeit umfassend dar und inkludieren Lehrerinterviews zu ihren Einstellungen und zu ihren Erfahrungen im Umgang mit Mehrsprachigkeit im täglichen Schulkontext.

      Zunächst werden im fünften Kapitel Vorüberlegungen zur Vorstudie, zu ihrer Genese und den Interviewpartnerinnen und -partnern ausführlich vorgestellt und analysiert (Kapitel 5.1 bis 5.3). Daraufhin werden die erhobenen Antworten in Haupt- und Neben-Kategorien ausdifferenziert. Die so dargestellten Ergebnisse und erste Befunde können bereits Einblicke in Einstellungen und Attitüden von Fremdsprachenlehrkräften gewähren, die relevant für die Durchführung der Hauptstudie und die verwendeten Fragenstrategien sein werden (Kapitel 5.4 und 5.5).

      Das sechste Kapitel entwickelt die Äußerungen der Interviewpartnerinnen und -partner der empirischen Hauptstudie mit der Darstellung und Auswertung von insgesamt zwölf Lehrerporträts. Um die Auswertung möglichst transparent und nachvollziehbar zu gestalten, werden die Aussagen und Explikationen einer der von mir interviewten Fremdsprachenlehrkräfte exemplarisch beleuchtet und ausgelotet (Kapitel 6.1). Gleich im Anschluss daran erfolgen die Einzelfalldarstellungen und -auswertungen der Interviews weiterer elf Lehrkräfte (Kapitel 6.2 bis 6.12).

      Anschließend wird im siebten Kapitel der Schwerpunkt auf der Gesamtauswertung der Ergebnisse der Lehrerinterviews liegen. Zusätzlich zu den individuellen Äußerungen und Einstellungen der Fremdsprachenlehrkräfte zu ihrem pädagogischen Handeln werden ebenfalls bildungspolitische, fachdidaktische und theoretische Diskurse in den Blick (zurück) genommen. Hierzu wird das Kategorienraster verfeinert und die Gesprächsinhalte entlang von Unterkategorien systematisiert. Abschließend wird versucht, das interindividuell Gemeinsame der Einstellungen der Lehrkräfte aus der Untersuchung in Form von abschließenden Thesen und Ergebnissen zusammen zu bringen (Kapitel 7.7) und zuzuspitzen.

      Die Studie schließt im achten Kapitel mit einem Ausblick auf Forschungsdesiderata und weiterführende Fragestellungen für die universitäre Lehrerausbildung sowie notwendige, potenzielle Ansatzpunkte für zukünftige Studien (Kapitel 8).

      Ein Europa von Polyglotten ist kein Europa von Menschen, die viele Sprachen perfekt beherrschen, sondern im besten Fall eines von Menschen, die sich verständigen können, indem jeder die eigene Sprache spricht und die des anderen versteht, ohne sie fließend sprechen zu können, wobei er, während er sie versteht, wenn auch nur mit Mühe, zugleich ihren « Geist » versteht, das kulturelle Universum, das ein jeder ausdrückt, wenn er die Sprache seiner Vorfahren und seiner Tradition spricht. (Umberto Eco 1994: Die Gabe an Adam, S. 355)

      2. Historischer Exkurs und theoretische Grundlagen zum Konzept der Mehrsprachigkeit

      Mehrsprachigkeit wird in Europa im Zuge der europäischen Sprachenpolitik seit Jahrzehnten gefordert und gefördert.

      Zu Beginn dieses Kapitels gilt es zunächst, auf den Themenkomplex Mehrsprachigkeit im europäischen Kontext einzugehen, auf Basis dessen sich auch die bildungspolitischen und fremdsprachendidaktischen Forderungen nach einer Mehrsprachigkeit im schulischen Bereich ableiten lassen. Da es das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, festzustellen,


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