Mündliches Erzählen als Performance: die Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht. Gabriele Bergfelder-Boos

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Mündliches Erzählen als Performance: die Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht - Gabriele Bergfelder-Boos


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Ergebnisse der Studie, Erarbeitung der Konzepte für die Unterrichtspraxis Formulieren der Ergebnisse der Studie, Verfassen von Teil C der Arbeit Kapitel 11, 12, 13 Überarbeitung des Manuskripts

      Tab. 2:

      Ablaufschema der Studie

      Die Ergebnisse des Forschungsprozesses werden in der vorliegenden Studie in einem Dreierschritt dargestellt.

      Der konzeptionelle Teil A (Kap. 3-7) erkundet die Potenziale mündlichen Erzählens als Performance in den vorgesehenen vier Dimensionen. Verbunden mit der Potenzialrecherche werden in diesen Kapiteln die für die Analyse der Erzählperformances und der narrativen Aktivitäten der Lernenden relevanten Kriterien entwickelt und in Analysemodellen dargestellt. Kapitel 7 führt in einem Zwischenfazit die Ergebnisse des konzeptionellen Teils zusammen und erstellt ein mehrdimensionales Potenziale-Modell.

      Der empirische Teil B (Kap. 8-10) enthält die detaillierten Analysen der Videografien der beiden ausgewählten Erzählstunden und die Analysen der Interviews mit ihren Akteuren. Kapitel 10.3 führt die empirischen Analyseergebnisse zusammen. Es vergleicht die in den Erzählstunden sichtbar gewordenen Potenziale mit den von den Akteuren entdeckten Potenzialen. Die in Teil A erstellten Modelle werden überarbeitet.

      Im abschließenden Teil C werden die Ergebnisse des konzeptionellen und des empirischen Teils der Studie zusammengeführt und Impulse zur performativen Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht formuliert. Kapitel 11 erläutert die in der Analyse der Erzählstunden ermittelten Gelingensbedingungen zur Ausschöpfung der Potenziale mündlichen Erzählens und entwickelt auf dieser Basis praxisorientierte Konzepte. Kapitel 12 reflektiert den Forschungsprozess der Studie, erläutert ihre Gütekriterien und diskutiert ihre Reichweite. Kapitel 13 gibt einen Ausblick auf Möglichkeiten, die Ergebnisse der Studie für den kompetenzorientierten und performativen Fremdsprachenunterricht zu nutzen und weiterzuentwickeln.

Teil A: Mündliches Erzählen als Performance: konzeptionelle Grundlagen

      3 Erzählen in Mündlichkeit: die Dimension des Narrativen

      In diesem Kapitel werden die Potenziale der werkseitigen, narrativen Dimension mündlichen Erzählens als Performance erforscht. Ausgehend von dem intermedialen Erzählmodell Werner Wolfs (Kap. 3.1) werden zunächst die Natur des Narrativen als kognitives Schema, die Konstituenten des Modells, die Funktionen des Narrativen sowie seine prototypischen Elemente und damit die Graduierbarkeit des Narrativen erläutert. Die intermediale Konzeptualisierung des Narrativen liefert zum einen die konzeptionellen Voraussetzungen zu einer mehrperspektivischen Recherche des Erzählpotenzials, zum andern die strukturellen Potenziale der narrativen Diskursform. Nach der intermedialen Öffnung der Perspektiven wird in einem zweiten Schritt (Kap. 3.2) eine mediale Realisierung, das verbale Erzählen, in den Blick genommen und aus der Diskursform mündlich-verbales Erzählen dessen kommunikatives und interaktives Potenzial ermittelt. Der dritte Schritt (Kap. 3.3) fokussiert auf das Potenzial fiktionaler Erzählungen und der vierte auf das Potenzial des Märchens als Genre der Allgemein- und der Kinder- und Jugendliteratur (Kap. 3.4). In einem letzten Schritt (Kap. 3.5) wird das Potenzial der Medialität mündlichen Erzählens erkundet. Dabei wird unterschieden zwischen der medialen und der konzeptio­nellen, werkinternen Mündlichkeit. Strategien der Modellierung konzeptio­neller Mündlichkeit werden erläutert. In Kapitel 3.6 werden aus den zuvor erörterten Merkmalen des Narrativen und des mündlich-verbalen Erzählens Kriterien zur funktionalen Interpretation mündlich-verbaler Erzählungen entwickelt und der erste Teil des Fünf-Dimensionen-Modells zur Analyse von Erzählperformances wird erstellt. Kapitel 3.7 stellt die Potenziale der narrativen Dimension im Gesamtzusammenhang dar.

      3.1 Intermediale, grenzüberschreitende Konzeptualisierung des Narrativen

      In diesem Kapitel (3.1) werden die strukturalistische Modellbildung und davon abgegrenzt die intermediale Modellierung des Narrativen erörtert und daraus die konstitutiven (Kap. 3.1.1) und prototypischen (Kap. 3.1.2) Elemente des Erzählmodells entwickelt.

      Die systematischen Modellbildungen der textwissenschaftlich orientierten, strukturalistischen Narratologie beschränken sich überwiegend auf das verbale Erzählen (Scheffel 2010: 328f., Nünning 2004b: 160, Fludernik 2010: 118f.). Eine Forschungsrichtung dieser Narratologie pflegt einen weiten Begriff des Erzählens, in dem „als notwendig die Darstellung der zeitlichen Sequenzialität eines Geschehens, nicht aber der Entwurf von Geschichten“ (Scheffel 2010: 329) angesehen wird. Eine zweite Forschungsrichtung fasst den Begriff enger und fordert als zusätzliches Kriterium das der Kausalität (a.a.O.) ein. Bei beiden Richtungen, d.h. in „jeder Art von narratologischer Modellbildung“ (a.a.O.), gilt die Unterscheidung zwischen der Tätigkeit Erzählen und ihrem Produkt, der Erzählung, sowie die Unterscheidung zwischen histoire und discours als grundlegend. Zentral für die textwissenschaftlich ausgerichtete Narratologie ist darüber hinaus die Annahme einer erzählerischen Vermittlungsinstanz1. Die bisher genannten, „als kanonisch“ (a.a.O.) angesehenen Konstituenten strukturalistischer Erzähltheorie, das Zwei-Ebenen-Modell und die Annahme der Erzählinstanz sowie ein weiter Begriff des Erzählens, werden in der vorliegenden Studie der narratologischen Konzeption des Forschungsgegenstandes Erzählen zugrunde gelegt. Da ich mich nicht auf die Untersuchung rein verbaler Vermittlungsformen beschränken möchte, werde ich weitere Modellierungen des Narrativen heranziehen. Dazu gehören narratologische Forschungsrichtungen, die der postklassischen Phase der Narratologie (Scheffel 2010: 330) zugerechnet werden, einen kognitivistischen Ansatz verfolgen und die pragmatische Dimension des Erzählens (Nünning 2004b: 160) in ihre Modellbildungen einbeziehen2.

      Postklassische narratologische Ansätze sehen das Erzählen als ein intermediales, grenzüberschreitendes Phänomen an (u.a. Nünning / Nünning 2002d: 1-22, Wolf 2002a: 23). Ansgar und Vera Nünning versuchen, von der in der klassischen Phase der Narratologie vertretenen monomedialen zu einer transgenerischen, intermedialen und interdisziplinären Auffassung des Narrativen (Nünning / Nünning 2002d: 1-22) zu gelangen und, anknüpfend an die Ergebnisse der klassischen Phase, neue Modelle für eine grenzüberschreitende Erzähltheorie zu entwickeln, die sich nicht auf das verbale Erzählen beschränkt. Erzählen, so Nünning / Nünning, habe Hochkonjunktur (2002b: 2) in vielen Gattungen und Medien3. Die sich darin repräsentierenden narrativen Formen und deren unterschiedliche Funktionen sind „seit einigen Jahren zu einem zentralen Anliegen unterschiedlicher Disziplinen geworden (a.a.O.)“. Zu diesen Disziplinen ist auch die Fremdsprachenforschung zu rechnen, in der Erzählungen einerseits als Untersuchungsobjekte, andererseits als Darstellungsmodi genutzt werden.

      Die von Werner Wolf (Wolf 2002a, 2002b) entwickelte Konzeptualisierung des Narrativen stellt einen ersten systematischen Versuch narratologischer Neukonzeptualisierung dar, die sich in besonderer Weise dazu eignet, einem grenzüberschreitenden Potenzial des Erzählens auf die Spur zu kommen. Aus diesem Grund lege ich meiner eigenen Konzeptualisierung das grenzüberscheitende Wolfsche Modell zugrunde und ziehe das kanonische Modell zur Lösung verbalspezifischer Problemfelder heran. Letzteres als bekannt voraussetzend, erläutere ich im Folgenden lediglich die Basisentscheidungen und Strukturelemente des Wolfschen Konzepts unter dem Aspekt ihrer Brauchbarkeit für die Recherche grenzüberschreitender Erzählpotenziale.

      Die Konzeptualisierung einer grenzüberschreitenden Erzähltheorie geht, so Wolf, von einer „bislang hauptsächlich intramediale[n]“ (Wolf 2002a: 26) zu einer intermedialen Narratologie“ (a.a.O.) und muss in einem notwendig ersten Schritt das Phänomen des Narrativen ausleuchten. Um die „Einäugigkeit“ (a.a.O.) intramedialer Narratologie4 zu vermeiden, die das Narrative vornehmlich aus der Perspektive verbal-literarischer Medien untersucht, eröffnet Wolf neue Perspektiven dadurch, dass er in einem dreistufigen Modell das Konzept des Narrativen von dessen Vermittlungsformen in unterschiedlichen Medien und von dessen Erscheinung in Gestalt konkreter Werke konzeptionell trennt und das Narrative selbst als ein medienunabhängiges Phänomen definiert. Im Rekurs auf einen „kognitiven, funktionalen und prototypischen approach“ (a.a.O.) macht Wolf zur Definition des


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