Mündliches Erzählen als Performance: die Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht. Gabriele Bergfelder-Boos

Читать онлайн книгу.

Mündliches Erzählen als Performance: die Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht - Gabriele Bergfelder-Boos


Скачать книгу
der Untersuchung sind die Diskurstypen Beschreiben und Erzählen und – bezogen auf die Diskursformen – vor allem Fragen der Kohärenzbildung. Erzählaufgaben für die Schülerinnen und Schüler sind freie Erlebniserzählungen sowie Nacherzählungen von Filmen, mündlich präsentierten Geschichten und Bilderfolgen. Für meine Studie ergeben sich folgende Impulse:

       Mit der Unterscheidung von Haupt- und Nebenstrukturen einer Erzählung nach dem Quaestio-Modell (Kap. 3.1.1) gewinnt Ahrenholz ein Instrument für eine präzise Beschreibung von Erzählkompetenzen im Erstspracherwerb.

       Die Ergebnisse seiner Studie zeigen einen Zusammenhang von fortgeschrittener Sprachkompetenz und häufigem Einsatz von Hauptstrukturen und Ausgestaltung von Nebenstrukturen – gegenüber einer Fokussierung auf das „Skelett einer Handlung“ (Ahrenholz 2006b: 106).

      Beide Ergebnisse werde ich als Anregung zur Gestaltung der Analysemodelle gebrauchen.

      Diehr / Frisch 2008: eine Studie zur Förderung und Beurteilung von Sprechleistungen im Englischunterricht der Grundschule

      Die unter Federführung von Diehr und Frisch von 2005 bis 2007 durchgeführte TAPS-Studie (Testing and Assessing Spoken English in Primary Scool) zur Feststellung und Beurteilung der Sprechleistungen von Grundschülerinnen und -schülern im frühen Fremdsprachenunterricht Englisch ist für meine Studie von Interesse wegen ihres praxisbezogenen Forschungsansatzes und ihres diskursspezifischen Schwerpunkts. Den Forscherinnen der TAPS-Studie ging es vor allem um die Bereitstellung von standardbasierten und gleichzeitig praxistaug­lichen Diagnoseinstrumenten für die Unterrichtspraxis. Diese wurden in Kooperation mit Lehrkräften der Grundschule und ihren Lerngruppen, 216 Schülerinnen und Schülern dritter und vierter Klassen, entwickelt, erprobt und evaluiert. Die von den beteiligten Lerngruppen gelieferten Sprechdaten wurden, vergleichbar mit der Datengewinnung meiner Studie, im Rahmen von Unterrichtssequenzen erhoben. Langfristiges Ziel war es, den Schülerinnen und Schülern mithilfe geeigneter Aufgaben und Sprechanlässe die Möglichkeit zu verschaffen „in kleinen Schritten vom imitativen zum produktiven und schließlich zum freien Sprechen“ (Diehr / Frisch 2008: 8) zu gelangen und diese Fortschritte datenbasiert nachzuweisen. Zur progressiven Entwicklung der Sprechleistungen von Ein-Wort-Äußerungen bis zum kohärenten Diskurs wurden acht Diskursformen ausgewählt und von den Lernenden erarbeitet5. Für jede Diskursform wurden Lernaufgaben und Beurteilungsbögen entwickelt, mit deren Hilfe die Sprechleistungen nicht nur allgemein, sondern auch diskursspezifisch erfasst werden. Folgende Impulse für meine Studie ergeben sich aus den Untersuchungen der TAPS-Studie:

      1 Die für die Forscherinnen überraschend guten Ergebnisse der Studie, d.h. der Nachweis guter, progressiv sich entwickelnder diskursiver Fähigkeiten der Grundschullernenden, geben Hinweise auf ein Fähigkeitenpotenzial, das im weiterführenden Unterricht der Sekundarstufe als Ressource genutzt und weiterentwickelt werden kann. Vor allem aber geben die mehrfach von den Forscherinnen erläuterten Voraussetzungen der guten Sprechleistungen – die Abhängigkeit der Kompetenzentwicklung von den gestellten Aufgaben und Arbeitsaufträgen (Diehr / Frisch 2008: 64) – Anregungen zur Erforschung dieser Zusammenhänge in dem von den Erzählprojekten gestellten Datenmaterial.

      2 Die im Ansatz mehrdimensional konzipierten Beobachtungsbögen zur Leistungsfeststellung geben weitere Anregungen für die Konzeption des Analyseinstrumentariums meiner Studie.

      2.6 Verlauf und Gesamtaufbau der Studie

      Das folgende Ablaufschema bietet einen Überblick über den spiralförmigen Verlauf des Forschungsprozesses der Studie:


Скачать книгу
Forschungsphase Forschungskontext und Materialbezug
Januar 2006 Zugang zum Feld (1): erste Feldbeobachtungen in der Weiterbildung und der Schule Erzählperformances der Erzählerin Marie-Célie Agnant in Berliner Schulen, Interviews mit Marie-Célie Agnant
SoSe 2006 erste Konzeption und Durchführung eines Erzählcurriculums im ersten Weiterbildungsstudiengang (Pilotstudie) erster Weiterbildungskurs Französisch (2004-2007)
Reflexion der Ergebnisse der Pilotstudie Entwicklung narrationstheoretischer und -praktischer Vorannahmen, erste Literaturrecherche
2006-2007 Theoriebildungsphase (1) funktionale Aufarbeitung literaturwissenschaftlicher, linguistischer und fachdidaktischer Narrationstheorie
Überarbeitung und Durchführung des Erzählcurriculums zweiter Weiterbildungskurs Französisch (2005-2008)
2007-2008 Theoriebildungsphase (2) Aufarbeitung von forschungsmethodologischer Literatur und von Aktionsforschungsliteratur
erste Forschungsentscheidungen Überlegungen zur Datenerhebung, Verabredungen mit den Akteuren
Durchführung des Erzählcurriculums Planung der Erzählprojekte durch die Lehrkräfte
Zugang zum Feld (2): Unterrichtsbeobachtung der Forscherin, Datenerhebung Videoaufnahmen der Erzählstunden, Interviews mit den Akteuren
2008-2009 Datenaufbereitung (1) Transkription der Interviews, erste Entwürfe von Videotranskriptionen
Datenauswertung (1): erste Durchsicht des Materials wiederholtes Anschauen der Videofilme, punktuelle Analyse von Filmsequenzen, erste Durchsicht der Interviewtexte
2009 Theoriebildungsphase (3) Aufarbeitung forschungsmethodologischer Literatur
Datenauswertung (2): zweite Durchsicht des Materials Interaktionsanalyse des Falls EZ / 1, punktuelle Analyse des Falls EZ / 2
Theoriebildungsphase (4) Aufarbeitung von gesprächsanalytischer Erzähltheorie und Mündlichkeitsforschung
Verfassen einiger Theoriekapitel in vorläufiger Fassung Analyse von Erzähltexten, Entwurf eines Kommunikationsmodells
2010-2011 Theoriebildungsphase (5) Aufarbeitung von Aspekten der Theatersemiotik, suprasegmentaler Phonologie, Intermedialitätsforschung und Theorie des Performativen
2012 Datenauswertung (3): erneute Durchsicht des Materials Erarbeitung der Analysemodelle unter Einbeziehung semiotischer, phonologischer, intermedialer, interaktionaler und performativer Aspekte
Datenaufbereitung (2)systematische Datenauswertung (4) Überarbeitung der Videografie, erneute, erweiterte Analyse der Erzählstunden mithilfe der Analysemodelle
2013 Verfassen des Theorieteils A Kapitel 1-7
2014-2015 Verfassen des empirischen Teils B Kapitel 8-9
Datenauswertung (5) Inhaltsanalyse der Interviews
Schreiben des empirischen Teils B Kapitel 10