PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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PLATON - Gesammelte Werke - Platon


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dies ist es eben, wonach ich frage.

      Theaitetos: Aber, beim Zeus, Sokrates, dies wüßte ich nicht zu sagen, außer daß es mir scheint, als gäbe es überall gar nicht ein solches besonderes Werkzeug für dieses wie für jenes, sondern die Seele scheint mir vermittelst ihrer selbst das gemeinschaftliche in allen Dingen zu erforschen.

      Sokrates: Schön bist du, Theaitetos, und gar nicht, wie Theodoros sagt, häßlich; denn wer so schön spricht, der ist schön und gut. Außerdem aber, daß dieses schön gesagt war, hast du auch mir eine große Wohltat erwiesen, indem du mir über vieles Reden hinweggeholfen hast, wenn es dir einleuchtet, daß Einiges die Seele selbst vermittelst ihrer selbst erforscht, Anderes aber vermittelst der verschiedenen Vermögen des Körpers. Denn eben dieses war es was ich selbst meinte, und wovon ich wünschte, du möchtest es auch meinen.

      (186) Theaitetos: Gar sehr leuchtet es mir ein.

      Sokrates: Zu welchem von beiden rechnest du nun das Sein? Denn dies ist es doch, was am meisten bei allem vorkommt?

      Theaitetos: Zu dem, was die Seele selbst durch sich selbst aufsucht.

      Sokrates: Wohl auch so die Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, das Einerleisein und das Verschiedensein?

      Theaitetos: Ja.

      Sokrates: Und wie das Schöne und Schlechte, das Gute und Böse?

      Theaitetos: Auch hievon besonders dünkt mich die Seele das Verhalten gegen einander zu erforschen, indem sie bei sich selbst das Geschehene und Gegenwärtige in Verhältnis setzt mit dem Künftigen.

      Sokrates: Wohlan denn! wird sie nicht die Härte des Harten und die Weichheit des Weichen vermittelst des Getastes wahrnehmen?

      Theaitetos: Ja.

      Sokrates: Aber das Sein von beiden, und was sie sind, und ihre Gegensetzung gegen einander und das Wirklichsein dieser Entgegensetzung, dies versucht also unsere Seele selbst durch Betrachtung und Vergleichung zu beurteilen.

      Theaitetos: In alle Wege.

      Sokrates: Nicht wahr, Jenes wahrzunehmen, was irgend für Eindrücke durch den Körper zur Seele gelangen, das eignet schon Menschen und Tieren von Natur, sobald sie geboren sind. Allein zu den Schlüssen hieraus auf das Sein und den Nutzen gelangen nur schwer mit der Zeit und durch viele Mühe und Unterricht die, welche überall dazu gelangen?

      Theaitetos: So ist es allerdings.

      Sokrates: Kann nun wohl dasjenige das wahre Wesen von etwas erreichen, was nicht einmal sein Dasein erreicht?

      Theaitetos: Unmöglich.

      Sokrates: Wovon man aber das wahre Wesen nicht erreicht, kann man davon Erkenntnis haben?

      Theaitetos: Wie könnte man doch, Sokrates.

      Sokrates: In jenen Eindrücken also ist keine Erkenntnis, wohl aber in den Schlüssen daraus. Denn das Sein und das wahre Wesen zu erreichen ist, wie es scheint, nur durch diese möglich, durch jene aber unmöglich.

      Theaitetos: Das leuchtet ein.

      Sokrates: Willst du nun jenes und dieses dasselbe nennen, da beides so große Verschiedenheiten zeigt?

      Theaitetos: Das scheint wohl nicht billig.

      Sokrates: Welchen Namen nun legst du jenem bei, dem Sehen, Hören, Riechen, Frieren, Warmsein?

      Theaitetos: Wahrnehmen nenne ich es. Denn wie anders?

      Sokrates: Insgesamt also nennst du dies Wahrnehmung.

      Theaitetos: Natürlich.

      Sokrates: Welcher, wie wir gesagt haben, nicht verliehen ist bis zum wahren Wesen zu gelangen, da sie ja auch nicht bis zum Sein gelangt?

      Theaitetos: Nicht verliehen.

      Sokrates: Also auch nicht zur Erkenntnis?

      Theaitetos: Nicht füglich.

      Sokrates: Auf keine Weise also, o Theaitetos, wäre Wahrnehmung und Erkenntnis dasselbe.

      Theaitetos: Es scheint nicht; vielmehr ist es jetzt vollkommen deutlich geworden, daß die Erkenntnis etwas anderes ist als die Wahrnehmung.

      Sokrates: Aber wir haben ja doch nicht deshalb angefangen uns zu unterreden, um zu finden was die Erkenntnis nicht ist, (187) sondern was sie ist. Indes sind wir doch nun wenigstens so weit vorgeschritten, daß wir sie ganz und gar nicht unter der Wahrnehmung suchen wollen, sondern unter demjenigen Namen, den die Seele führt, wenn sie sich für sich selbst mit dem was ist beschäftiget.

      Theaitetos: Dieses, o Sokrates, wird ja glaube ich das Vorstellen genannt.

      Sokrates: Ganz recht glaubst du, Lieber, und nun sieh wieder von vorn nach Auslöschung alles vorigen, ob du nun mehr siehst, da du doch bis hieher vorgedrungen bist, und sage noch einmal, was wohl die Erkenntnis ist?

      Theaitetos: Zu sagen, daß alle Vorstellung es sei, o Sokrates, ist unmöglich, indem es auch falsche Vorstellungen gibt. Es mag aber wohl die richtige Vorstellung Erkenntnis sein; und dieses will ich nun geantwortet haben. Denn sollte es uns, wenn wir weiter gehen, nicht mehr so scheinen, so wollen wir, wie jetzt auch, dann versuchen etwas anderes zu sagen.

      Sokrates: Das ist Recht, Theaitetos, und so muß man etwas mutiger reden, als du anfänglich nur allzubedenklich warest zum antworten. Machen wir es so, so werden wir eins von beiden, entweder das finden, worauf wir ausgehn, oder nicht so sehr glauben dasjenige zu wissen, was wir keinesweges wissen. Und auch ein solcher Preis wäre schon nicht zu verschmähen. Wie meinst du es aber jetzt? Von zwei Arten der Vorstellung, deren die eine die wahre ist, die andere die falsche, erklärst du die wahre für die Erkenntnis?

      Theaitetos: Das tue ich; denn dies leuchtet mir für jetzt ein.

      Sokrates: Sollen wir über die Vorstellung noch einmal weiter zurückgehn?

      Theaitetos: Worauf meinst du nur?

      Sokrates: Es beunruhigt mich jetzt sowohl als auch sonst schon oft so, daß ich in großer Verlegenheit deshalb bei mir selbst und auch vor Andern gewesen bin, daß ich nämlich nicht zu sagen weiß, was für ein Ereignis doch dieses in uns ist, und wie es uns entsteht.

      Theaitetos: Welches denn?

      Sokrates: Daß Jemand falsch vorstellt. Und auch jetzt überlege ich noch zweifelhaft, ob wir es so lassen, oder ob wir es auf eine andere Art als vor kurzem nochmals in Erwägung nehmen.

      Theaitetos: Warum nicht, Sokrates, wenn es dir nur im mindesten nötig scheint. Denn gar nicht schlecht habt ihr vorher über die Muße geredet, du und Theodoros, daß uns nichts drängt in dergleichen Dingen.

      Sokrates: Ganz recht erinnerst du mich. Vielleicht ist es nicht übel getan, die Spur noch einmal zu verfolgen. Denn es ist besser, ein Weniges gut, als Vieles ungenügend zu vollbringen.

      Theaitetos: Allerdings.

      Sokrates: Wie nun, was sagen wir eigentlich? Behaupten wir, daß je eine Vorstellung wirklich falsch sei, und daß der eine von uns falsch vorstelle, der Andere richtig, so daß sich dies in der Natur so verhalte?

      Theaitetos: Das behaupten wir freilich.

      Sokrates: Nun findet sich doch dies bei uns in allen Dingen und in jedem einzelnen, daß


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